Bis der Morgenstern aufgeht in euren Herzen

Der Morgenstern in der Heiligen Schrift

Die Heilige Schrift verwendet das Metapher des „Morgensterns” in ihren prophetischen Texten, um auf die große und sichere Hoffnung zu deuten, dass es nach Zeiten größter Dunkelheit wieder Licht werden wird. Diese Hoffnung ist natürlich nicht auf die physikalisch-astronomische Ebene beschränkt und bezogen, sondern auf die geistliche, ewige Wirklichkeit der »Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus« (2. Petrus 1,16a).

Schon das wohl älteste Buch der Heiligen Schrift, Hiob, erwähnt namentlich einige Sternbilder. Wie andere Völker des Altertums waren auch die Hebräer Gelehrte der Wunder des Sternenhimmels und seiner Phänomene, denn der Schöpfungsbericht ordnet Sonne, Mond und Sternen wichtige Funktionen der Zeitbestimmung zu (Genesis 1,14–18). So lesen wir im Alten Testament u. a. vom Großen Bären (lat. Ursa Maior; auch: Großer Wagen), vom Orion und den »Kammern des Südens« (s. a. Hiob 9,9; Amos 5,8) sowie vom Siebengestirn (Amos 5,8), den Plejaden (Siebengestirn), dem Arktur (lat. Arcturus; griech. arktúros), der »flüchtigen Schlange« (Drache, lat. Draco) und summarisch vom »Heer des Himmels« (Jesaja 40,26; Jeremia 33,22) und speziell entlang der Ekliptik den »Bildern des Tierkreises« (Hiob 38,32; hebr. mazzaroth, „die zwölf Zeichen”; der „Tierkreis”, lat. zodiacus, griech. zodiakós). Luther (1912) verwendet in Hiob 38,32 auch den Namen des »Morgensterns«.

Kannst du das Gebinde des Siebengestirns knüpfen oder die Fesseln des Orion lösen? Kannst du die Bilder des Tierkreises hervortreten lassen zu ihrer Zeit und den Großen Bären leiten samt seinen Kindern? Kennst du die Gesetze des Himmels, oder bestimmst du seine Herrschaft über die Erde?

Hiob 38,31-33 (ELBCSV 2003)

Astronomisch bezeichnen wir als „Morgenstern” jenen leuchtenden Himmelskörper, der dem Sonnenaufgang und Tagesbeginn vorauseilt und diesen begleitet. Astronomisch handelt es sich meist um die Planeten Venus (6–7 Monate alle 19 Monate), Jupiter und Merkur (2 Monate pro Jahr), wobei die Venus auch während 6–7 Monaten des 19Monatezyklus‘ den Abendstern bildet. Im Metapher bezeichnet der „Morgenstern” die Offenbarung des Gottessohnes Jesus Christus gegenüber Seinem Volk, dem Er Rettung und geistliches Licht und Trost nach der Kälte und Finsternis der Nacht bringt.

In diesem Sinn redete um 1400 v. Chr. der mesopotamische Seher Bileam (hebr. Fremder), der Sohn Beors, in einem prophetischen Ausspruch vom kommenden Messias, dem König (»Zepter«) und Retter des Volkes Gottes, der alle Israel feindlich gesinnten Nationen besiegen wird:

Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe; ein Stern tritt hervor aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel …

4. Mose/Numeri 24,17 (ELBCSV 2003)

Im Buch des Propheten Jesaja ( um 700 v. Chr.) wird von einer gewaltigen bösen Figur berichtet, die vom Himmel fällt, die »zur Erde gefällt« wird, ja »in den Scheol [Totenreich] hinabgestürzt« wird, in die »tiefste Grube« (Jesaja 14,12–15):

Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte; zur Erde gefällt, Überwältiger der Nationen!

Jesaja 14,12 (ELBCSV 2003)

Das Wort, das hier mit „Glanzstern” wiedergegeben wird, ist das hebr. helel, das „Leuchtender“ oder „Glänzender” (lat. Luzifer) bedeutet. Luther (1912) übersetzt hier »schöner Morgenstern«, daher sei es hier mit aufgeführt. Es handelt sich dabei um einen Bericht über Luzifer, den Satan, den Teufel. Er ist seit seiner maßlos stolzen Selbstüberhebung der Widersacher und die geschöpfliche Gegenfigur des menschengewordenen Gottessohnes und Messias Jesus Christus, der wahre Anti-Christ und Nachäffer des Sohnes Gottes.

Der Apostel Petrus schreibt hingegen im 1. Jhdt. n. Chr. in Verbindung mit dem prophetischen Wort des Alten Testaments in seinem Zweiten Brief vom wahren „Morgenstern”:

Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester, auf das zu achten ihr wohltut, als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen.

2. Petrus 1,19 (ELBCSV 2003)

Damit bezieht sich Petrus auf das (Zweite) Kommen Jesu am »Tag des Herrn«, jenem Tag des endgültigen Gerichts, von dem schon das Alte Testament so oft vorausschauend geredet hatte (siehe u. a.: Jesaja 13,6.9; Hesekiel 13,5; Joel 1,15; Amos 5,18.20). Für die an Jesus Christus Glaubenden jener Tage wird dies der endgültige Tag der Rettung von ihren Feinden sein. Aber Petrus deutet dies nicht nur als objektives Ereignis der Geschichte, sondern auch als vorgezogenes, persönliches Ereignis für jeden Menschen, der aufgrund des festen Zeugnisses der Heiligen Schrift an Jesus Christus als seinen Herrn und Retter glaubt.

Auch der Apostel Johannes schreibt am Ende des 1. Jhdt. n. Chr. zweimal vom Morgenstern, das erste Mal im Sendschreiben des Sohnes Gottes an die Gemeinde in Thyatira:

Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe; und ich werde ihm den Morgenstern geben.

Offenbarung 2,26-28 (ELBCSV 2003)

Am Ende desselben prophetischen Buches berichtet der Apostel Johannes eine weitere Selbstoffenbarung des Sohnes Gottes (Selbstoffenbarungsformel: »ICH BIN«):

Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der Glänzende, der Morgenstern.

Offenbarung 22,16, wörtlich. nach Anm. (ELBCSV 2003)

Der »Morgenstern« ist also eine Bezeichnung Jesu Christi, des menschgewordenen Gottessohnes.

Der Morgenstern im Spiegel des christlichen Lieds

Die an Jesus Christus Glaubenden haben sich an diesen Hoffnungsworten der Heiligen Schrift oft erfreut und angesichts widriger Umstände an ihnen festgehalten. Dies lässt sich gut in den Liedern der Kirchen der Reformation nachvollziehen. Hier eine Auswahl von vier alten und neuen Liedern aus dem deutschsprachigen Schatz; sie werden im Kirchenjahr vor allem in der Zeit des Advents bis Epiphanias gesungen.

Herr Christ der eynig Gotts son (1524)

Herr Christ der eynig Gotts son / vaters yn ewigkeyt
Aus seym hertzen entsprossen / gleich wie geschryben steht.
Er ist der morgensterne /sein glenze streckt er ferne
fur andern sternen klar.

Fur uns ein mensch geboren / ym letzten teil der zeyt
Der mutter unverloren / yhr yungfrewlich keuscheyt.
Den tod fur uns zu brochen / den hymel auffgeschlossen
das leben wider bracht.

Lass uns yn deiner liebe / und kentnis neben zu
Das wir am glawben bleiben / und dienen ym geyst so.
Das wir hie mugen schmecken / deyn sussigkeyt ym herzen
und dursten stet nach dir.

Du Schepffer aller dinge / du vetterliche krafft.
Regirst von end zu ende / krefftig aus eigen macht.
Das herz uns zu dir wende / und ker ab unser synne
das sie nicht yrrn von dir.

Ertödt uns durch deyn gute / erweck uns durch deyn gnadt.
Den alten menschen krencke / das der new leben mag.
Wol hie auff dyser erden / den synn und all begerden
und dancken han zu dir.

Elisabeth von Meseritz (ca. 1500–1535) 1524

Dieses Lied entstand in der Anfangszeit der Reformation. Elisabeth von Meseritz, eine Frau aus märkisch-pommerschem Adelsgeschlecht (geb. um 1500 in Hinterpommern, gest. 2. Mai 1535 in Wittenberg), schrieb es 1524 in Wittenberg. Sie war als junge Frau in den Konvent der Prämonstratenserinnen im Kloster Marienbusch bei Treptow an der Rega eingetreten und hatte dort u. a. Unterricht in Latein und Bibelstudium erhalten. So mag sie auch die alte lateinische Weihnachtshymne Corde Natur ex parentis des Nordspaniens Aurelius Clemens Prudentius (348–ca. 413) gekannt haben, die ihr wohl Anregung lieferte (vgl. »Aus seym hertzen entsprossen«). 1521 folgte sie dem pommerschen Reformator Johannes Bugenhagen nach Wittenberg und heiratete dort Caspar Cruciger, einen Schüler Luthers und Melanchtons. Martin Luther, der Elisabeth in seinen Tischreden »als eine kluge Frau« bezeichnete, vollführte selbst die Trauung. Sie bekamen zwei Kinder: Caspar und Elisabeth. Ihr Ehemann Caspar wurde 1528 Theologieprofessor in Wittenberg und auch Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg. Elisabeth Cruciger starb 1535 in Wittenberg.

In ihrem Gedicht und Lied „Herr Christ der einig Gotts son” bringt sie reformatorische Grundüberzeugungen zum Ausdruck. In der ersten Strophe beschreibt sie dem solus Christus Ausdruck gebend die Einzigartigkeit des Sohnes Gottes, der dem Herzen Gottes entsprungen ist und in der Zeit und seiner Menschwerdung als strahlender Morgenstern heller strahlt, als alle anderen Sterne: allein durch Christus wird dem Menschen die Gnade Gottes zuteil. Der Text spiegelt die Glaubenserfahrung der jungen Autorin in mittelalterlich-inniger Herzensfrömmigkeit sowie strahlender Glaubensgewissheit im wiederentdeckten Evangelium der Reformation wider. Martin Luther nimmt ihr Lied in das Erfurter Enchiridion von 1524 mit auf unter der Überschrift »Eyn Lobsanck von Christo«, damals noch anonym. Im Erfurter Gesangsbuch von 1531 wird die Dichterin dann mit »Elisabet. M.« angegeben. Seitdem gehört dieses Lied in der Abteilung »Epiphanias« zum Schatz der EKD (Nr. 67), wenngleich mit bemerkenswerter Textfälschung in Strophe 2.

Auch Philipp Nicolai (1556–1608) hat dieses Lied mehrfach als Gebet zitiert und für sein unten stehendes Lied Wie schön leuchtet der Morgenstern verwendet. Bemerkenswert ist die Wiederverwendung des Titels »Morgenstern« für Christus.
Johann Sebastian Bach verwendete das Gedicht von Elisabeth Cruciger für seine Kirchenkantate Herr Christ, der einge Gottessohn (BWV 96), die er am 8. Oktober 1724 in Leipzig uraufführte (18. Sonntag nach Trinitatis). Die Lesung an jenem Tag war 1.Korinther 1,4–8 und Matthäus 22,34–48. Bach stellt dabei mit einem ungewöhnlichen flauto piccolo (Sopraninoblockflöte) das Licht des Morgensterns dar. Viele Komponisten vor und nach Bach haben die Choralmelodie aufgegriffen, u. a. Hassler, Scheib, Buxtehude, Johann Michael Bach, Pachelbel, Telemann, Walther.

Wie schön leuchtet der Morgenstern (1599)

Wie schön leuchtet der Morgenstern, / voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn,
die süße Wurzel Jesse.
Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm, / mein König und mein Bräutigam,
hast mir mein Herz besessen.
Lieblich, | freundlich, / schön und herrlich, / groß und ehrlich, / reich an Gaben,
hoch und sehr prächtig erhaben.

Ei meine Perl, du werte Kron, / wahr‘ Gottes und Marien Sohn,
ein hochgeborner König!
Mein Herz heißt dich ein Himmelsblum‘, / dein süßes Evangelium,
ist lauter Milch und Honig.
Ei mein / Blümlein, / Hosianna! / Himmlisch Manna, / das wir essen,
deiner kann ich nicht vergessen.

Geuß sehr tief in das Herz hinein, / du leuchtend Kleinod, edler Stein,
mir deiner Liebe Flamme,
dass ich, o Herr, ein Gliedmaß bleib, / an deinem auserwählten Leib,
ein Zweig an deinem Stamme.
Nach dir / wallt mir / mein Gemüte, / ew’ge Güte, / bis es findet
dich, des Liebe mich entzündet.

Von Gott kommt mir ein Freudenschein, / wenn du mich mit den Augen dein
gar freundlich tust anblicken.
O Herr Jesu, mein trautes Gut, / dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut
mich innerlich erquicken.
Nimm mich / freundlich / in dein Arme, / Herr erbarme / dich in Gnaden;
auf dein Wort komm ich geladen.

Herr Gott Vater, mein starker Held, / du hast mich ewig vor der Welt
in deinem Sohn geliebet.
Dein Sohn hat mich ihm selbst vertraut, / er ist mein Schatz, ich seine Braut;
drum mich auch nichts betrübet.
Eia, / eia, / himmlisch Leben / wird er geben / mir dort oben;
ewig soll mein Herz ihn loben.

Zwingt die Saiten in Cythara / und lasst die süße Musika
ganz freudenreich erschallen,
dass ich möge mit Jesulein, / dem wunderschönen Bräutigam mein,
in steter Liebe wallen.
Singet, / springet, / jubilieret, / triumphieret, / dankt dem Herren;
groß ist der König der Ehren.

Wie bin ich doch so herzlich froh, / dass mein Schatz ist das A und O,
der Anfang und das Ende.
Er wird mich doch zu seinem Preis / aufnehmen in das Paradeis:
des klopf ich in die Hände.
Amen, / Amen, / komm, du schöne / Freudenkrone, / bleib nicht lange;
deiner wart ich mit Verlangen.

Philipp Nicolai (1556–1608) 1599, nach Psalm 45

Der lutherische Pastor Philipp Nicolai schrieb diese Hymne nach einer tragischen Pestepidemie, die 1597 sein Dorf traf. Er veröffentlichte sie 1599 zuerst in seinem Buch »Frewdenspiegel deß ewigen Lebens« in Frankfurt. In der Einleitung schreibt er: »Ein Geistlich Brautlied der Gläubigen Seelen / von Jesu Christo irem himlischen Bräutgam: Gestellt ober den 45. Psalm deß Propheten Dauids«. Die sieben Strophen der Hymne bilden das Akrostichon Wilhelm Ernst Graf Und Herr Zu Waldeck, einem früheren Studenten Nicolais, welcher 1598 verstorben war.

Johann Sebastian Bach verwendete Texte dieses Gedichtes für seine Choralkantate Wie schön leuchtet der Morgenstern (BWV 1) im 1. (Coro) und 6. (Choral) Satz. Diese Choralkantate wurde am 25. März 1725 in Leipzig uraufgeführt. Die Lesung an jenem Tag der Verkündigung des Herrn ( lat. Annuntiatio Domini, auch Mariä Verkündigung) war Jesaja 7,10–16 und Lukas 1,26–38. –

Textquelle des Liedtextes: Wochenlied zum Tag der Erscheinung des Herrn (Epiphanias); Liederbuch der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, 13. Aufl. 1959.

Du Morgenstern, du Licht vom Licht (um 1800)

Du Morgenstern, du Licht vom Licht,
das durch die Finsternisse bricht,
du gingst vor aller Zeiten Lauf
in unerschaffner Klarheit auf.

Du Lebensquell, wir danken dir,
auf dich, Lebend’ger, hoffen wir;
denn du durchdrangst des Todes Nacht,
hast Sieg und Leben uns gebracht.

Du ew’ge Wahrheit, Gottes Bild,
der du den Vater uns enthüllt,
du kamst herab ins Erdental
mit deiner Gotterkenntnis Strahl.

Bleib bei uns, Herr, verlass uns nicht,
führ uns durch Finsternis zum Licht,
bleib auch am Abend dieser Welt
als Hilf und Hort uns zugesellt.

Johann Gottfried Herder (1744–1803)

Es wird ein Stern aufgehen (1996)

Die Dunkelheit verschlingt die Welt.
Die Finsternis und große Kält,
sie decken alles Leben zu.
O Gott im Himmel, hilf uns du!

(Ref.:) Es wird ein Stern aufgehen,
Immanuel mit Nam.
Ein Wunder wird geschehen,
Gott zündt ein Licht uns an.

Die Menschen sehnen sich nach Licht.
Und Gott, der Herr, verlässt sie nicht.
Viel tausend Jahr sie warten schon.
Propheten künden Hoffnung an: (Refrain)

Und Bileam war ein Prophet,
der Gottes Willen wohl versteht.
Er sieht den Stern aus Jakobs Haus,
von dem geht Heil und Segen aus. (Refrain)

Jesaia spricht vom hellen Licht,
das alle Finsternis durchbricht.
Es wird geboren uns ein Kind,
das allen große Freude bringt. (Refrain)

Dieses Adventlied wurde 1996 von Eva Bruckner und Ernst Schusser für ein gleichnamiges Adventspiel erstellt. Der Text bezieht sich auf die Propheten des Alten Testaments (vgl. Jesaja 9,1-6; Jesaja 7,14; Jeremia 23 und „Bileam“ 4. Mose 24,17 ff). Quelle: Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern.

A Liacht is aufkemma

A Liacht is aufkemma, aufkemm‘ bei da Nacht
Und des hat den Bösn, den Finstern
Angst g’macht
Sie wollten’s auslöschn
Dastickn, zertretn
Sie wollten’s ausblasen
Die Finsternis retten
Vor dem winzign Liacht
da haben sie si g’fiacht.

A Hoffnung is‘ g’wesn des Liacht bei da Nacht
Und des hätt‘ den Bösn die G’walt kost‘,
die Macht
Sie wollten’s verbiatn
Verhassn, verneidn
Sie wollten’s verjagn
Und jedn verleidn
Vor der Hoffnung, dem Liacht,
da habn sie si g’fiacht.

A Frau tragt die Hoffnung als Kind
in ihrm Schoß
Soviel habn’s dafragt
und die Rachsucht war groß
Sie wollten’s ausmachn
Auffindn, hoamsuachn
Sie wollten’s verklagn
Verstoßn, verfluachn
Vor dem Kind und sein Liacht
da habn sie si g’fiacht.

Tobias Reiser d. J. (1946–1999)

Tobias Reiser, A Liacht Is Aufkemma; aus: A Liacht is aufkemma – Szenisches Oratorium, 5. Szene: Der Weg nach Bethlehem (Salzburger Adventsingen, 1986)