Die Evangeliumsverdreher (Ian Murray, 2023)

Ich glaube, dass ein großer Teil des gegenwärtigen Arminianismus einfach Unkenntnis der Lehre des Evangeliums ist.
C. H. Spurgeon, Predigten, 11, 29

Als ich zu Christus kam, dachte ich, ich würde alles selbst tun, und obwohl ich den Herrn ernsthaft suchte, hatte ich keine Ahnung davon, dass es der Herr war, der mich suchte. Ich glaube nicht, dass ein Jungbekehrter sich dessen schon bewusst ist. Ich kann mich noch genau an den Tag und die Stunde erinnern, als ich diese Wahrheiten zum ersten Mal in meiner Seele empfing – als sie, wie John Bunyan sagt, wie mit einem heißen Eisen in mein Herz gebrannt wurden, und ich kann mich daran erinnern, wie ich fühlte, dass ich plötzlich von einem Baby zu einem Mann geworden war – dass ich Fortschritte in der biblischen Erkenntnis gemacht hatte, weil ich ein für alle Mal den Schlüssel zur Wahrheit Gottes gefunden hatte.
C. H. Spurgeon, The Early Years [Die frühen Jahre], S. 164.

Für Spurgeon war es offensichtlich, nicht nur durch die Heilige Schrift, sondern auch durch seine eigene Erfahrung, dass ein Mensch – oder ein Kind – gläubig werden kann, ohne etwas anderes zu wissen als die Tatsache, dass der Sohn Gottes seine Sünden in seinem eigenen Leib auf dem Kreuz getragen hat. Was ihn zum Glauben gebracht hat oder was Christus nach Golgatha gebracht hat, mag er dann noch nicht wissen: »Wir wussten nicht, ob Gott uns bekehrt hatte oder wir uns selbst bekehrt hatten.«[1] Sein eigenes Zeugnis zu diesem Punkt lautet: »Ich erinnere mich, dass ich, als ich mich zu Gott bekehrte, durch und durch Arminianer war … Manchmal setzte ich mich hin und dachte: ›Nun, ich habe den Herrn vier Jahre lang gesucht, bevor ich ihn gefunden habe.‹«[2]

In einer weiteren Predigt, die er 28 Jahre nach der zuletzt zitierten hielt, sagt er:

»Ich habe einige gekannt, die bei ihrer ersten Bekehrung das Evangelium nicht sehr klar verstanden hatten, die aber durch die Entdeckung ihrer eigenen Gnadenbedürftigkeit evangelikal geworden waren. Sie konnten das Wort ›Gnade‹ nicht buchstabieren. Sie fingen mit einem ›G‹ an, aber sie machten sehr bald mit einem ›F‹ weiter, bis es so ähnlich wie ›freier Wille‹ geschrieben wurde. Aber nachdem sie ihre Schwäche erkannt haben, nachdem sie in ernste Fehler gefallen waren und Gott sie wiederhergestellt hatte, oder nachdem sie durch eine tiefe Depression des Geistes gegangen waren, haben sie ein neues Lied gesungen. In der Schule der Buße haben sie gelernt, richtig zu buchstabieren. Sie fingen an, das Wort ›frei‹ zu schreiben, aber sie gingen von ›frei‹ nicht zu ›Wille‹, sondern zu ›Gnade‹ über, und da stand es dann in Großbuchstaben da: ›FREIE GNADE‹ … Sie wurden klarer in ihrer Theologie und wahrhaftiger in ihrem Glauben als sie es jemals zuvor gewesen waren.[3]

Wenn wir also erkennen, dass eine falsche Lehre nicht notwendigerweise eine falsche Erfahrung oder den Heilsverlust wahrer Gläubiger bedeutet, kehren wir zu der Frage zurück: Warum hat Spurgeon den Arminianismus so entschieden bekämpft? Wenn Menschen unter einer Predigt, die nicht eindeutig calvinistisch ist, zu Christus gebracht werden können, und wenn sie gläubig sein können, ohne diese Lehren klar zu begreifen, ist dies dann ein Thema, das den Frieden der Kirche jemals stören sollte? Hat der moderne Evangelikalismus evtl. doch recht, wenn er die ganze Angelegenheit in den undefinierten Schwebezustand [limbo; auch »Vorhölle«] verbannt und den Arminianismus als eine Art theologisches Gespenst betrachtet, das vielleicht einmal gelebt hat und gelegentlich noch umhergeistert, über das nachzudenken aber kein vernünftiger Christ je Zeit verschwenden oder streiten sollte? Oder, um eine populäre Einschätzung zu zitieren: Laufen wir nicht Gefahr, Wesentliches mit Unwesentlichem zu verwechseln, wenn wir diese Fragen in den Vordergrund stellen? Hören wir uns also Spurgeons Rechtfertigung seiner Position an. 

Erstens vertrat Spurgeon die Ansicht, dass der Arminianismus nicht nur einige wenige Lehren betreffe, die vom Evangelium getrennt werden könnten, sondern dass er die gesamte Einheit der biblischen Offenbarung angehe und unsere Sicht des Erlösungsplans in fast jedem Punkt beeinträchtige. Er betrachtete als eine Hauptursache des Arminianismus, dass dessen Anhänger den Inhalt des Evangeliums nicht voll kennen würden. Die Irrtümer dieses theologischen Systems hinderten die Menschen daran, die ganze göttliche Einheit der biblischen Wahrheiten zu erfassen und sie in ihren wahren Beziehungen und in ihrer richtigen Reihenfolge wahrzunehmen. Der Arminianismus verkürze die Heilige Schrift und widerspreche jener ganzheitlichen Sichtweise, die für die Ehre Gottes, die Verherrlichung Christi und die Stabilität des Gläubigen notwendig ist. Alles, was die Christen dazu verleite, hinter dieser vollständigen Sicht zurückzubleiben, sei daher eine ernste Angelegenheit, die bekämpft werden müsse: »Ich möchte, dass ihr das Wort Gottes eingehend studiert, bis ihr eine klare Sicht des ganzen zusammenhängenden Musters erhaltet, von der Auserwählung bis zum Ausharren bis ans Ende, und vom endgültigen Ausharren bis zum zweiten Kommen, der Auferstehung und den Herrlichkeiten, die folgen werden, der ewigen Welt.«[4]Spurgeon wurde nicht müde, in seinen Predigten Überblicke über die Weite und die umfassende Größe von Gottes Heilsplan zu geben und über die herrliche Einheit aller Teile dieses Plans zu reden. Im Folgenden ein typisches Beispiel aus einer Predigt über Galater 1,15 mit dem Titel »It Pleased God [Es hat Gott wohlgefallen]«.

»Sie werden, denke ich, in diesen Worten erkennen, dass der göttliche Heilsplan sehr klar dargelegt ist. Er beginnt nämlich mit dem Willen und dem Wohlgefallen Gottes: ›Als es aber Gott … wohlgefiel‹. Das Fundament des Heils wird nicht im Willen des Menschen gelegt. Es beginnt nicht mit dem Gehorsam des Menschen und geht dann weiter zu den Absichten Gottes. Sondern hier ist sein Anfang, hier ist die Quelle, aus der die lebendigen Wasser fließen: ›Es wohlgefiel Gott‹. Auf den souveränen Willen und das Wohlgefallen Gottes folgt der Akt der Trennung [Absonderung], der gemeinhin unter der Bezeichnung Erwählung bekannt ist. Im Text heißt es, dass dieser Akt bereits im Mutterleib stattfand, was uns lehrt, dass er vor unserer Geburt stattfand, als wir noch nichts tun konnten, um ihn zu gewinnen oder zu verdienen. Gott trennte uns vom frühesten Teil und der frühesten Zeit unseres Seins an; und in der Tat, lange vorher, als die Berge und Hügel noch nicht aufgetürmt und die Ozeane noch nicht durch seine schöpferische Macht geformt waren, hatte er uns in seinem ewigen Plan für sich selbst abgesondert. Nach diesem Akt der Absonderung kam dann die eigentliche, wirksame Berufung: ›und durch seine Gnade berufen hat‹. Die Berufung bewirkt nicht die Erwählung, sondern die Erwählung, die dem göttlichen Willen entspringt, bewirkt die Berufung. Die Berufung kommt als Folge der göttlichen Absicht und der göttlichen Absonderung [Erwählung], und Sie werden feststellen, wie dann der Gehorsam der Berufung folgt. 

Der ganze Prozess läuft also so ab: Zuerst der heilige, souveräne Vorsatz Gottes, dann die klare und eindeutige Erwählung oder Trennung, dann die wirksame und unwiderstehliche Berufung und danach der Gehorsam zum Leben und die süßen Früchte des Geistes, die daraus hervorgehen. Viele irren hier, weil sie die Heilige Schrift nicht kennen, wenn sie einen dieser Vorgänge vor den anderen stellen, ohne die Reihenfolge der Schrift anzuerkennen. Diejenigen, die den Willen des Menschen an die erste Stelle setzen, wissen nicht, was sie da sagen und fest behaupten.«[5]

Der Arminianismus macht sich also schuldig, die biblischen Lehren zu verwirren, er behindert ein klares und einleuchtendes Verständnis der Heiligen Schrift. Weil er den ewigen Vorsatz Gottes falsch darstellt oder ignoriert, bringt er den Sinn des gesamten Erlösungsplans durcheinander. In der Tat ist Verwirrung ohne diese grundlegende Wahrheit unvermeidlich: Ohne sie fehlt es an der Einheit des Denkens, und im Allgemeinen haben sie überhaupt keine Vorstellung von einer zusammenhängenden göttlichen Lehre. Es ist fast unmöglich, einen Menschen zu einem Theologen zu machen, wenn man nicht mit diesen Dingen beginnt. Sie können einen jungen Gläubigen jahrelang auf die Universität schicken, aber wenn Sie ihm nicht diesen Grundbauplan des ewigen Bundes zeigen, wird er kaum Fortschritte machen, weil seine Studien keinen inneren Zusammenhang haben. Er sieht nicht, wie eine Wahrheit zur anderen passt und wie alle Wahrheiten miteinander harmonieren müssen. Wenn er einmal eine klare Vorstellung davon bekommen hat, dass die Errettung aus Gnade geschieht, wenn er den Unterschied zwischen dem Bund der Werke und dem Bund der Gnade entdeckt hat, wenn er die Bedeutung der Erwählung als Ausdruck des Vorsatzes Gottes und ihren Zusammenhang mit anderen Lehren, die die Verwirklichung dieses Vorsatzes zeigen, klar verstanden hat, dann ist er auf dem besten Weg, ein einsichtsvoller Gläubiger zu werden. Er wird immer bereit sein, die Hoffnung, die in ihm ist, mit Sanftmut und Furcht zu begründen. Der Beweis ist offenkundig. Nimm irgendeine Grafschaft in ganz England, du wirst einfache Männer beim Heckeschneiden und Schaufeln finden, die eine bessere Kenntnis der biblischen Lehre [divinity] haben als die Hälfte derer, die von unseren Akademien und Bibelschulen kommen, aus dem einfachen und vollständigen Grund, dass diese Männer zuerst in ihrer Jugend das System gelernt haben, dessen Mittelpunkt die Erwählung seitens Gottes ist, und danach gefunden haben, dass sich dies mit ihren eigenen Erfahrungen genau deckte. Sie haben auf diesem guten Fundament einen Tempel der heiligen Erkenntnis errichtet, der sie zu Vätern in der Gemeinde Gottes gemacht hat. Jeder andere Plan funktioniert nicht, liefert nur Holz, Heu und Stoppeln. Stapelt darauf, was ihr wollt, es wird zusammenkrachen. Sie haben keinen Bauplan [system of architecture], ihre Gedanken folgen weder der Vernunft noch der göttlichen Offenbarung. In ihrem undurchdachten, fragmentierten System ist der oberste Stein größer als das Fundament; ein Teil des Bundes steht bei ihnen im Widerstreit zu einem anderen Teil; bei ihnen hat der mystische Leib Christi überhaupt keine Form; sie geben Christus eine Braut, die er nicht kennt und die er nicht erwählt, und setzen ihn in die Welt, um mit jedem verheiratet zu werden, der ihn haben will; er selbst aber soll keine Wahl darin haben. Ihr Plan verdirbt jedes Bild, das in der Schrift in Bezug auf Christus und seine Kirche verwendet wird. Der gute alte Plan der Gnadenlehre ist ein System, das, wenn man es einmal angenommen hat, selten wieder aufgegeben wird. Wenn man es richtig gelernt hat, formt es die Gedanken des Herzens, und es gibt dem Charakter derer, die einmal seine Kraft entdeckt haben, einen heiligen Stempel.«[6]

Es ist oft gesagt worden, dass der Calvinismus keine evangelistische Botschaft habe, wenn es um die Verkündigung des Kreuzes geht – weil er nicht sagen könne, dass Christus für die Sünden aller Menschen aller Zeiten und Orte gestorben sei. Aber das Sühnopfer Christi stand im Mittelpunkt aller Predigten Spurgeons, und er war keineswegs der Meinung, dass ein universales Sühnopfer [eine allgemeine Sühnung] für die Evangelisation notwendig sei, sondern er war der Meinung, dass er, wenn die arminianische Position wahr wäre, keine wirklich geschehene Erlösung predigen könnte, weil dies die Botschaft des Evangeliums in heilloses Durcheinander werfen würde.

Spurgeon war der Meinung, dass nicht nur das Ausmaß des Sühneopfers in Frage gestellt würde, sondern auch dessen Wesen selbst, wenn die Prediger aufhörten, das Kreuz in den Kontext des gesamten Heilsplans zu stellen, oder je vergäßen, dass das vergossene Blut ›das Blut des ewigen Bundes‹ ist. Wenn wir dagegen mit der Heiligen Schrift der Auffassung sind, dass Golgatha die Erfüllung des großen Gnadenplans ist, in dem der Sohn Gottes Stellvertreter und Haupt derer wurde, die der Vater vor Grundlegung der Welt geliebt hat (Epheser 1,4), dann sind sowohl das Wesen als auch das Ausmaß des Sühnopfers geklärt. Dass sein Tod seinem Wesen nach stellvertretend war (Christus trug anstelle der betreffenden Sünder die Strafe für deren Sünden) und dass er stellvertretend für die erlitten wurde, mit denen er durch einen ewigen Bund verbunden war, sind zwei Wahrheiten, die wesentlich miteinander verbunden sind.[7] Diesen Menschen, so erklärt die Schrift, können keine Sünden mehr zur Last gelegt werden. Die Gabe Christi für sie stellt außer Zweifel, dass Gott ihnen mit ihm auch alles frei geben wird (Römer 8,32–33). Das muss auch so sein, denn das Sühnopfer bedeutet nicht nur die Erlösung von den Folgen der Sünde, wie sie die menschliche Natur betroffen haben (Knechtschaft und Verunreinigung durch die Sünde), sondern, was noch wunderbarer ist, von der Sünde selbst, die uns vor Gott schuldig gemacht und verdammt hat. Christus hat das göttliche Verdammungsurteil auf sich genommen, ein Urteil, das keinen Sinn macht, wenn man nicht davon ausgeht, dass es sich um das Urteil handelt, das aufgrund der Sünden von konkreten Personen ergangen war.[8]Durch sein Opfer begegnet er völlig dem Zorn, der eigentlich seinem Volk zusteht, und beseitigt ihn für sein Volk. In seiner Person hat er die Forderungen der Heiligkeit und des Gesetzes Gottes vollständig erfüllt, so dass nun auf Grund der göttlichen Gerechtigkeit die göttliche Gunst für diejenigen gesichert ist, an deren Stelle (also: stellvertretend) der Heiland gelitten hat und gestorben ist. Mit anderen Worten: Das Kreuz hat einen auf Gott ausgerichteten Bezug: Es war ein Sühnewerk, durch das Gott, der Vater, in Frieden gesetzt wird, und auf dieser Grundlage, nämlich dem Gehorsam und dem Blut Christi, fließen nun alle Segnungen des Heils frei und sicher zu Sündern. 

Das ist es, was in Römer 3,21.26 so deutlich gelehrt wird. Robert Haldane schreibt über diese Verse: »Es wird gezeigt, dass Gott nicht nur so barmherzig ist, dass er vergibt, sondern auch, dass er treu und gerecht ist, wenn er dem Sünder seine Sünden vergibt. Der Gerechtigkeit wurde voll Genüge getan und das garantiert die Befreiung des Sünders. Selbst der größte Sünder wird nun durch das Sühneopfer seines Bürgen vollkommen würdig, die die göttlichen Liebe zu empfangen, weil er nun nicht nur als vollkommen unschuldig gesehen wird, sondern auch die Gerechtigkeit Gottes besitzt. »Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.« [2. Korinther 5,21].[9]

Spurgeon erfreute sich der Herrlichkeit dieser Wahrheit: »Er hat Christus bestraft, warum sollte er zweimal für ein Vergehen bestrafen? Christus ist für alle Sünden seines Volkes gestorben, und wenn du im [Gnaden-]Bund bist, gehörst du zu Christi Volk. Du kannst gar nicht mehr verdammt sein. Du kannst gar nicht mehr für deine Sünden leiden. Da Gott niemals ungerechterweise zweimal die Strafzahlung für eine Schuld verlangen kann, kann er eine Seele, für die Jesus gestorben ist, niemals im Gericht zerstören.»[10]

Der evangelikale Arminianismus predigt ein stellvertretendes Sühnopfer und hält an einer universalen Erlösung fest, aber weil er weiß, dass diese Universalität nicht das universale Heil aller sichert, muss er notwendigerweise die Realwirkung des stellvertretenden Sühnopfers Christi abschwächen und es als etwas Unbestimmtes und Unpersönliches darstellen.[11] Das wäre aber eine Stellvertretung, die niemand wirklich erlöst, sondern die Erlösung aller Menschen nur als Möglichkeit anbietet. In der arminianischen Heilslehre hat das Sühnopfer keine besondere Beziehung zu einzelnen Personen, sie sichert niemandem die Erlösung. Aus demselben Grund hat diese Lehre auch die unvermeidliche Tendenz, die Bedeutung der Sühne zu unterschätzen und die Tatsache zu verdunkeln, dass die Rechtfertigung des Sünders allein aufgrund des Werkes Christi erfolgt.[12] Es ist nicht der Glaube, der das Sühnopfer für uns persönlich wirksam macht, sondern das Sühnopfer selbst hat bereits die Rechtfertigung und die Gerechtigkeit der erwählten Sünder gesichert. Selbst der Glaube, durch den wir diese Segnungen erlangen, ist eine Gabe, deren Urheber und Erwerber Christus ist. 

Auch wenn der Arminianismus das Wesen des Sühnopfers als persönliche Stellvertretung im Gericht [vicarious] nicht leugnet, so besteht doch immer die Gefahr, dass er dies tut, und das ist ein Grund, warum der Arminianismus in mehr als einer Periode der Geschichte zu einem Modernismus geführt hat, der nun die Stellvertretung und die Sühne ganz und gar leugnet. Sobald eine verschwommene und undeutliche Sicht des Sühneopfers in der Gemeinde Gottes akzeptiert wird, ist es mehr als wahrscheinlich, dass die nächste Generation zu der endgültigen Unklarheit eines Mannes wie F. W. Robertson aus Brighton kommt, von dem gesagt wurde: »Robertson glaubte, dass Christus irgendetwas getan hatte, das irgendwie mit der Erlösung zusammenhing.« Wer sich eingehender mit der Beziehung zwischen der Gnaden- und der Sühnelehre befassen möchte, findet in John Owens Werk The Death of Death in the Death of Christ (London: Banner of Truth, 1959) eine ausführliche Untersuchung der einschlägigen Schriftstellen. Spurgeons Position war dieselbe wie die jenes großen Puritaners.[13]

Wir wollten mit der Erwähnung dieser besonderen Lehre im vorliegenden Zusammenhang nur zeigen, dass Spurgeon darin mehr sah als nur einen Streit über das Ausmaß der Erlösung. In einer Predigt über die »Besondere Erlösung« (Particular Redemption) im Jahr 1858 sagte er: »Die Lehre von der Erlösung ist eine der wichtigsten Lehren des Glaubenssystems. Ein Irrtum in diesem Punkt wird unweigerlich zu einem Irrtum im gesamten System unseres Glaubens führen.«[14]

Mehr als zwanzig Jahre später war dies immer noch seine Überzeugung: 

»Die Gnade Gottes kann nicht vereitelt werden, und Jesus Christus ist nicht vergeblich gestorben. Diese beiden Grundsätze liegen meiner Meinung nach aller gesunden Lehre zugrunde. Die Gnade Gottes kann letztendlich nicht vereitelt werden. Ihr ewiges Ziel wird sich erfüllen, ihr Opfer und ihr Siegel werden wirksam sein; die durch die Gnade Auserwählten werden alle sicher zur Herrlichkeit gebracht werden.«[15]

»Die Arminianer sind der Meinung, dass Christus, als er starb, nicht in der Absicht starb, irgendeine bestimmte Person zu retten. Sie lehren ferner, dass der Tod Christi an sich nicht zweifelsfrei die Rettung irgendeines lebenden Menschen sicherstellt … sie sind gezwungen, zu behaupten, dass das Sühnopfer Christi vergeblich wäre, wenn der Wille des Menschen nicht nachgeben und sich freiwillig der Gnade hingeben würde … Wir sagen, dass Christus so gestorben ist, dass er unfehlbar das Heil einer unzählbaren Menge gesichert hat, die durch Christi Tod nicht nur gerettet werden kann, sondern gerettet wurde, gerettet werden muss und unter keinen Umständen nochmals in Gefahr laufen könnte, aus dieser Rettung zu fallen.«[16]

Für Spurgeon führte der Irrtum, Christus sei für alle Menschen gleichermaßen gestorben, zu einer weiteren Entfernung von der Bibel, weil dieser Irrtum die Hörer des Evangeliums über das Wesen des rettenden Glaubens in die Irre führte:

»Ich habe manchmal gedacht, wenn ich Ansprachen von einigen Erweckungspredigern hörte, die immer wieder sagten: ›Glaube, glaube, glaube!‹, dass ich gerne selbst gewusst hätte, was wir glauben sollen, damit wir gerettet werden. Ich fürchte, dass es in dieser Frage sehr viele Unklarheiten und Ungenauigkeiten gibt. Ich habe oft die Behauptung gehört, dass man gerettet wird, wenn man glaubt, dass Jesus Christus für einen gestorben ist. Mein lieber Hörer, lassen Sie sich nicht von einer solchen Vorstellung täuschen. Du magst glauben, dass Jesus Christus für dich gestorben ist, und du magst dabei etwas glauben, was nicht wahr ist; du magst etwas glauben, das dir überhaupt nichts Gutes bringt. Das ist nicht der rettende Glaube. Der Mensch, der den rettenden Glauben hat, gelangt später zu der Überzeugung, dass Christus für ihn gestorben ist, aber das ist nicht das Wesen des rettenden Glaubens. Setzen Sie sich das nicht in den Kopf, sonst wird es Sie ruinieren. Sagen Sie nicht: ›Ich glaube, dass Jesus Christus für mich gestorben ist‹, und haben dann das Gefühl, dass Sie nun gerettet seien. Ich bitte Sie, sich daran zu erinnern, dass der echte Glaube, der die Seele rettet, als Hauptelement das Vertrauen – die absolute Ruhe der ganzen Seele – auf den Herrn Jesus Christus setzt, was meine Errettung angeht, egal, ob er nun besonders oder speziell für mich gestorben ist oder nicht, und wenn ich mich ganz und allein auf ihn verlasse, so bin ich gerettet. Später erkenne ich, dass ich ein besonderes Anrecht am Blut des Erlösers habe. Aber wenn ich meine, das erkannt zu haben, bevor ich an Christus geglaubt habe, dann habe ich die biblische Ordnung der Dinge umgedreht und als Frucht meines Glaubens das genommen, was nur von Rechts wegen zu erlangen ist, von einem Menschen, der bereits absolut auf Christus und Christus allein vertraut, um gerettet zu werden.«[17]

noch prägnanterer Sprache hat auch Charles Hodge aufgezeigt, wie der Arminianismus den Zusammenhalt der gesamten biblischen Offenbarung zerstört. Nachdem Hodge festgestellt hat, dass der entscheidende Unterschied zwischen dem arminianischen und dem augustinischen System die Lehre von Gottes Erwählung eines Teils der gefallenen Menschenfamilie zum ewigen Leben betrifft (mit der daraus folgenden Bereitstellung seines Sohnes für ihre Erlösung und Seines Geistes, um ihre Reue, ihren Glauben und ihr heiliges Leben bis zum Lebensende zu sichern), fährt er fort: Obwohl man sagen kann, dass dies der Wendepunkt zwischen diesen großen Systemen ist, die die Kirche in allen Zeitaltern gespalten haben, so schließt dieser Punkt doch notwendigerweise alle anderen Streitpunkte mit ein: das Wesen der Erbsünde, das Motiv Gottes bei der Bereitstellung der Erlösung, das Wesen und die Absicht des Werkes Christi und das Wesen der göttlichen Gnade oder das Wirken des Heiligen Geistes. So hängen in hohem Maße das gesamte System der biblischen Lehre (Theologie) und notwendigerweise auch das Wesen unseres Glaubens von der Sichtweise in dieser besonderen Frage ab. Es handelt sich also um eine Frage von höchst praktischer Bedeutung. Es ist nicht nur eine Sache müßiger Spekulation.[18]

Ein zweiter Grund, warum Spurgeon den Arminianismus so vehement ablehnte, war, dass er sah, dass der Geist dieses Systems direkt in die Gesetzlichkeit führt.[19] Denn obwohl die evangelischen Arminianer die Erlösung durch Werke leugnen, besteht die Tendenz der von ihnen vertretenen Irrtümer darin, den Taten des Sünders unangemessen hohe Bedeutung zuzuweisen und dabei die Betonung in erster Linie auf den menschlichen Willen und das menschliche Bemühen zu legen. Dies ist die logische Folge eines Systems, das die menschliche Entscheidung als den entscheidenden Faktor bei der Bestimmung der Errettung ansieht und den Glauben als etwas darstellt, das jeder Mensch jederzeit realisieren kann, wenn er es will. Ein moderner Evangelist hat zum Beispiel geschrieben: »Wir kennen Christus nicht durch die fünf physischen Sinne, sondern wir kennen ihn durch den sechsten Sinn, den Gott jedem Menschen gegeben hat, nämlich die Fähigkeit zu glauben«. Wenn Gott allen Menschen diese Fähigkeit gegeben hat, dann muss der Wendepunkt von der menschlichen Reaktion abhängen, da eindeutig nicht alle gerettet sind. Diese Konsequenz wird vom Arminianismus akzeptiert.

Um es mit den Worten eines zeitgenössischen Predigers zu sagen, der auch diese (arminianische) Ansicht vertritt: »Diese Liebe Gottes, die so unermesslich, unmissverständlich und unendlich ist, diese Liebe Gottes, die sich bis zu dem hinbeugt, was ein Mensch ist und kann, kann auch völlig abgelehnt werden. Gott wird sich keinem Menschen gegen dessen Willen aufdrängen…. Aber wenn du diese Liebe wirklich willst, musst du glauben – du musst die Liebe Gottes empfangen, du musst sie annehmen.« Die Betonung hier liegt auf dem »du«. Damit wird unweigerlich der Eindruck erweckt, dass es ausschließlich unser Glaube es ist, der uns rettet – als ob der Glaube die Ursache des Heils wäre. Dies ist aber das genaue Gegenteil von Spurgeons Vorstellung vom Geist der Evangeliumspredigt. »Ich könnte nicht wie ein Arminianer predigen«, sagt er, und im folgenden Abschnitt sagte er auch genau, warum: Der Arminianer hat zum Ziel, den Menschen zum aktiven Handeln zu drängen. Im Gegensatz dazu sollten wir das Handeln des Menschen in dieser Sache ein für alle Mal abtöten. Wir sollten ihm zeigen, dass er verloren und verdorben ist und dass sein Handeln jetzt überhaupt das Werk der Bekehrung ausmacht. Vielmehr muss er nach oben schauen. Die Arminianer versuchen, den Menschen hochzuziehen. Wir versuchen, ihn zu Boden zu bringen und ihm das Gefühl zu vermitteln, dass er in Gottes Hand liegt und dass es seine Aufgabe ist, sich Gott zu unterwerfen und laut zu rufen: ›Herr, rette, oder wir gehen zugrunde!‹ Wir sind der Meinung, dass der Mensch nie so nahe an der Gnade ist, als wenn er anfängt zu fühlen, dass er überhaupt nichts tun kann. Wenn er sagt: ›Ich kann beten, ich kann glauben, ich kann dies tun und ich kann das andere tun!‹, dann sind das Zeichen der Selbstgenügsamkeit und des Hochmuts auf seiner Stirn.[20]

Indem der Arminianismus den Empfang der Liebe und des Heils Gottes von der Erfüllung von Bedingungen auf Seiten des Sünders abhängig macht, statt allein von der Gnade, leistet er einem Irrtum Vorschub, dem nicht genug widersprochen werden kann: »Seht ihr nicht sofort, dass dies Gesetzlichkeit ist«, sagt Spurgeon, »dass dies unser Heil von unserem Werk abhängig macht, dass dies unser ewiges Leben von etwas abhängig macht, das wir tun? Nein, die Lehre von der Rechtfertigung selbst, wie sie von einem Arminianer gepredigt wird, ist doch nichts anderes als die Lehre von der Errettung durch Werke; denn er meint immer, der Glaube sei ein Werk des Geschöpfes und eine Bedingung für seine Annahme. Es ist genauso falsch zu sagen, dass der Mensch durch den Glauben als Werk gerettet wird, wie dass er durch die Taten des Gesetzes gerettet wird. Wir sind gerettet durch den Glauben, den Gott uns als Gabe schenkt. Dieser Glaube ist das erste Zeichen seiner ewigen Gunst uns gegenüber. Es ist nicht der Glaube aus uns heraus (als unser Werk), der uns rettet, sonst sind wir aus Werken gerettet, und keinesfalls allein aus Gnaden.«[21] »Wir haben ihn nicht um den Bund der Gnade gebeten«, erklärt er in einer anderen Predigt, »Wir haben ihn nicht gebeten, uns zu erwählen. Wir haben ihn nicht gebeten, uns zu erlösen. Diese Dinge wurden alle getan, bevor wir geboren wurden. Wir haben ihn nicht gebeten, uns durch seine Gnade zu berufen, denn leider kannten wir den Wert dieses Rufes nicht. Wir waren tot in Übertretungen und Sünden, aber er gab uns umsonst von seiner ungeforderten, aber grenzenlosen Liebe. Die vorauseilende Gnade kam zu uns und übertraf all unser Verlangen, all unser Wollen und all unsere Gebete.»[22] Liebt Gott mich, weil ich ihn liebe? Liebt Gott mich, weil mein Glaube stark ist? Dann muss er mich ja wegen etwas Gutem in mir geliebt haben – aber das entspricht nicht der Evangeliumsbotschaft. Das Evangelium stellt den Herrn so dar, dass er die Unwürdigenliebt und die Gottlosen rechtfertigt. Deshalb muss ich die Vorstellung, dass die (rettende) göttliche Liebe irgendwie von menschlichen Bedingungen abhängte, völlig aus meinem Denken verbannen.«[23] Der Arminianismus wird mit apostolischer Härte verdammt, weil er die Herrlichkeit, die allein der Gnade Gottes zukommt, verdunkelt.[24] Daher ist er ein so schwerwiegender Irrtum, dass es dabei keinen Raum für Kompromisse gibt. Wir können Gemeinschaft mit Brüdern haben, die unter dem Einfluss dieser Irrtümer stehen, aber in der Verkündigung und Lehre der Kirche darf es kein Zaudern oder Unklarheit in dieser Frage geben. Auf einer persönlichen Ebene können wir sagen: Es die umfassende Verkündigung der »Lehren der Gnade«, die dem Gläubigen jenen Frieden gibt, den Horatius Bonars mit folgenden schönen Worten beschreibt:

Meine Liebe ist oft so schwach,
Meine Freude kommt und geht;
Aber der Friede mit Gott bleibt derselbe
– Der Ewige kennt keine Veränderung.
Ich ändere mich, Er bleibt Derselbe,
Der Christus kann niemals sterben;
Seine Liebe, nicht meine, ist meine Ruhestätte,
Seine Wahrheit, nicht meine, bleibt das Band.

Es war dieser Glaube, der Spurgeon in Zeiten von Krankheit und Dunkelheit, die er manchmal durchlebte, stützte. Er offenbarte seine Herzensempfindungen, als er sagte: »Ich werde wohl nie verstehen, was ein Arminianer tut, wenn er in Krankheit, Kummer und Betrübnis gerät.«[25] Dennoch hat der Herausgeber Charles T. Cook diese Worte im Nachdruck der Predigt in der Kelvedon Edition gestrichen.[26] Es passt wohl kaum zu unseren aktuellen Vorstellungen, dass der Arminianismus den Herzensfrieden untergrabe. Aber wo sonst kann der Gläubige in Zeiten der Not ruhen als in der Gewissheit, dass er allein durch die ewige und unveränderliche Gnade Gottes gerettet, bewahrt und zur Herrlichkeit bestimmt ist!

Zum gleichen Thema gibt er auch an anderer Stelle dieses Zeugnis:

»Ich würde viele Lehren freudig aufgeben, wenn ich glaubte, dass sie nur Parteiparolen wären und nur der Aufrechterhaltung einer Sekte dienten; aber diese Lehren der Gnade, diese kostbaren Lehren der Gnade, gegen die so viele streiten, könnte ich nicht aufgeben oder ein Jota von ihnen abschwächen, denn sie sind die Freude und der Jubel meines Herzens. Wenn man voller Gesundheit und Kraft ist und alles gut geht, kann man vielleicht sehr bequem von den einfachen Wahrheiten des Christentums leben; aber in Zeiten, wo der Geist hart bedrängt wird und die Seele sehr niedergeschlagen ist, braucht man Lebensnotwendiges und echte Nahrung [the marrow and the fatness]. In Zeiten innerer Zerrissenheit muss das Heil von Anfang bis Ende ganz aus Gnade bestehen.«[27]


Textquelle und Disclaimer

Der vorstehende Text ist ein Auszug aus Kapitel 3 des Buches »The Forgotten Spurgeon [Der vergessene Spurgeon]« von Iain Murray, das den Titel »Arminianism Against Scripture« [Arminianismus im Widerstreit zur Schrift] trägt.

Textquelle: banneroftruth.org/uk/resources/book-excerpts/2023/the-gospel-isnt-found-in-arminianism/; eigene Übersetzung von grace@logikos.club.

Endenoten

[1]      Sermons, Band 7, S. 85.

[2]      Sermons, Band 4, S. 339.

[3]     Sermons, Band 35, S. 226. Bei meiner Dokumentation von Spurgeons Ansichten zu den Lehren der Gnade werde ich mich nicht auf seine frühen Predigten beschränken.

[4]     Sermons, Band 11, S. 29.

[5]     Sermons, Band 56, S. 230.

[6]     Sermons, Band 6, S. 305.

[7]      Wie Hugh Martin in seinem Werk The Atonement, in Its Relations to the Covenant, the Priesthood, the Intercession of Our Lord, 1887, zeigt, ist der sicherste Weg, einem Einwand gegen die angebliche Ungerechtigkeit eines stellvertretenden Sühneopfers (der Unschuldige stirbt anstelle des Schuldigen) zu begegnen, indem man die Wahrheit der »Bundestreue und Verantwortung Christi und der Bundeseigenschaft derer, deren Sünden er sühnt, indem er an ihrer Stelle und für sie stirbt« (S. 10) darlegt. Die Bundeseigenschaft ist der Grund für seine Stellvertretung, und durch diese Tatsache »wird die Stellvertretung seines Opfers nicht nur ans Licht gebracht, sondern gerechtfertigt. Es ist nicht nur wahr, dass er für uns leidet; es ist auch wahr, dass wir in ihm leiden. Und der zweite Satz rechtfertigt die Wahrheit und Gerechtigkeit des ersten. Er steht stellvertretend für uns, weil er mit uns eins ist – mit uns identifiziert, und wir mit ihm« (S. 43). Das ist die große biblische Wahrheit: Christus war nach dem Willen und der Gabe des Vaters vor seiner Menschwerdung mit seinem Volk verbunden, und deshalb ist er für sie gestorben.

[8]     »So wie die Sünde zu den Personen gehört, so ruht der Zorn auf den Personen, die für die Sünde verantwortlich sind.« John Murray, Monographie über das Sühnopfer, 1962, vgl. denselben Autor, Römerbrief, Bd. 1, 1960, S. 116–121.

[9]     Exposition of Romans (London: Banner of Truth, 1958), S. 154.

[10]   Sermons, Band 5, S. 245.

[11]   Thomas Goodwin stellt in seinem Kommentar zu Epheser 1–2,11, in dem er »die große Liebe, mit der er uns geliebt hat« erklärt, fest: »Dass Gott in seiner Liebe auf Personen eingeht. Gott wirft nicht nur mit Propositionen um sich, indem er sagt: Ich will den lieben, der glaubt, und ihn retten, wie die Arminianer meinen; nein, er wirft mit Personen um sich. Und Christus starb nicht nur für Sätze, sondern für Personen. . . Er hat uns nackt geliebt; er hat uns geliebt, nicht wir ihn. Es war nicht für unseren Glauben, noch für irgendetwas in uns; ›nicht aus Werken‹, sagt der Apostel; nein, auch nicht aus Glauben. Nein, er wirft auf nackte Menschen; er liebt euch, nicht die euren. Daher ist hier der Grund, dass seine Liebe niemals versagt, weil sie auf die Person, einfach als solche, gerichtet ist. Der Bund der Gnade ist ein Bund von Personen, und Gott gibt uns die Person Christi und die Person des Heiligen Geistes…«, Werke von Thomas Goodwin, 1861, Bd. 2, S. 151.

[12]   Charles Hodge sagt in seinem Kommentar zu Römer 3,21–31: »Der Grund der Rechtfertigung ist nicht unser eigenes Verdienst, noch unser Glaube, noch unser evangelischer Gehorsam; nicht das Werk Christi in uns, sondern sein Werk für uns, das heißt sein Gehorsam bis zum Tod, V. 25.« (Römer, Edinburgh: Banner of Truth, 1986, S. 103) Historisch gesehen hat der Arminianismus die Rechtfertigungslehre wiederholt gefährdet, und genau diese Gefahr sahen Calvin und andere Reformatoren voraus, als sie erklärten, dass eine Einigung über die Rechtfertigung unmöglich ist, wenn wir die Lehre nicht im Zusammenhang mit Gottes gnädigem Vorsatz, die Auserwählten zu retten, verstehen: Solange diese Punkte nicht unumstritten sind, werden wir, auch wenn wir immer wieder wie Papageien wiederholen, dass wir durch den Glauben gerechtfertigt sind, niemals die wahre Lehre von der Rechtfertigung vertreten. Es ist keinen Deut besser, heimlich von der alleinigen Grundlage des Heils verführt zu werden, als offen von ihr abgewichen zu sein.« Johannes Calvin, Traktate, Bd. 3, S. 254. Nur wenn die Rechtfertigungslehre inhaltlich ausgehöhlt wurde, können Calvinismus und Arminianismus miteinander verschmolzen werden. »Es ist ganz sicher«, sagt Hieronymus Zanchius, »dass die Lehre von der unentgeltlichen Rechtfertigung durch Christus nur auf die Lehre von der unentgeltlichen Vorherbestimmung in Christus gestützt werden kann, da die letztere die Ursache und Grundlage der ersteren ist«.

[13]   Zu Owens Meinung über die Unmöglichkeit eines Kompromisses mit dem Arminianismus siehe seine Darstellung des Arminianismus, Werke von John Owen, Bd. 10 (London: Banner of Truth, 1967), S. 5–7. Spurgeon hatte die Texte, von denen behauptet wurde, sie lehrten eine universale Erlösung, gründlich studiert, und er scheute sich nicht, sie zu erläutern. Siehe z. B. seine feierliche Warnung vor denen, die »mit ihrem Fleisch die verderben, für die Christus gestorben ist«, Band 12, S. 542.

[14]   Sermons, Band 4, S. 130.

[15]   Sermons, Band 26, S. 252.

[16]   Sermons, Band 4, Seiten 130 und 135.

[17]   Sermons, Band 58, Seiten 583–584.

[18]   Systematic Theologie, Bd. 2, S. 330–331. Die Theologie, die die Familie Hodge ein Jahrhundert lang in Princeton lehrte, war die gleiche wie das System, das Spurgeon seinen Studenten am Pastor’s College einpflanzen wollte. A. A. Hodges Outlines of Theology(Edinburgh: Banner of Truth, 1972) war in der Tat ihr Lehrbuch für systematische Theologie. Bei einem Besuch in England im Jahr 1877 war Dr. Hodge beim jährlichen Picknick des Colleges anwesend, als Spurgeon sagte: »Je länger ich lebe, desto klarer scheint es, dass das System von Johannes Calvin der Vollkommenheit am nächsten kommt«, Pike, Bd. 6, S. 197

[19]   »Der Arminianismus neigt sich zur Gesetzlichkeit; es ist nichts anderes als die Gesetzlichkeit, die an der Wurzel des Arminianismus liegt.« Sermons, Band 6, S. 304.

[20]   Sermons, Band 6, S. 259.

[21]   Sermons, Band 6, S. 304. »Unser Glaube verursacht nicht das Heil, noch unsere Hoffnung, noch unsere Liebe, noch unsere guten Werke; sie sind Dinge, die ihm als sein Ehrenschutz beiliegen. Der Ursprung des Heils liegt allein im souveränen Willen Gottes, des Vaters, in der unendlichen Wirksamkeit des Blutes Jesu, des Sohnes Gottes, und in der göttlichen Einwirkung Gottes, des Heiligen Geistes«, Band 3, S. 357. – »Ich kenne nur eine Antwort auf die Frage: ›Warum haben einige geglaubt?‹, und diese Antwort ist: Weil Gott es wollte.«, Sermons, Band 9, S. 355

[22]   Sermons, Band 14, S. 573.

[23]   Sermons, Band 24, S. 440.

[24]    Siehe Thomas Goodwins tiefgründige Behandlung dieses Themas in seiner Auslegung von Eph. 2,5. »Unsere ganze Errettung aus Gnade«, sagt er, »ist das Größte von allem anderen, von größter Bedeutung für die Gläubigen, um es zu wissen und damit vertraut zu sein. ›Aus Gnade seid ihr gerettet‹, das ist das große Axiom, der große Grundsatz, den er in alle ihre Herzen bringen möchte. Und es geht darum, den Plan Gottes, die Herrlichkeit seiner Gnade zu fördern, so steht es hier, Vers. 7. Das ist die Summe und Substanz des Evangeliums, und es ist die Summe des großen Planes Gottes. Darum werdet ihr finden, dass, wenn ein Mensch von dem Weg und der Straße der freien Gnade zu etwas anderem abweicht, man sagt, dass er sich von Gott abwendet. Gal. 1,6: ›Ich wundere mich, dass ihr so schnell von dem abgewichen seid, der euch berufen hat‹ – weil sie nicht an der Lehre der freien Gnade festhielten – ›zur Gnade Christi, zu einem anderen Evangelium‹. Es war Gottes großer Plan, die Gnade voranzubringen, und deshalb nennt er ihr Abweichen von der Lehre davon eine Vereitelung der Gnade Gottes, Gal. 2,21, was die Menschen tun, indem sie irgendetwas mit ihr vermischen.«, Werke, Band 2, S. 230–231.

[25]   Sermons, Band 4, S. 463.

[26]   C. H. Spurgeon, Sermons of Comfort and Assurance. The Kelvedon Edition, ausgewählt und hrsg. v. Charles T. Cook (Zondervan, 1961), S. 36.

[27]   Sermons, Band 18, S. 621.

Die Pflicht zum Widerstand gegen Falschlehre (J.C. Ryle)

John Charles Ryle (1816–1900)

Der ursprüngliche Artikel trägt die Überschrift Opposing False Doctrine und erschien in seiner Buchreihe Expository Thoughts on the Gospels (1869).

Und er rief die Volksmenge herzu und sprach zu ihnen: Hört und versteht! Nicht was in den Mund eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Mund ausgeht, das verunreinigt den Menschen.
Dann traten seine Jünger herzu und sprachen zu ihm: Weißt du, dass die Pharisäer Anstoß genommen haben, als sie das Wort hörten?
Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerissen werden. Lasst sie; sie sind blinde Leiter [der] Blinden. Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, werden beide in eine Grube fallen.
Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Deute uns dieses Gleichnis.
Er aber sprach: Seid auch ihr noch unverständig? Begreift ihr nicht, dass alles, was in den Mund eingeht, in den Bauch geht und in [den] Abort ausgeschieden wird? Was aber aus dem Mund ausgeht, kommt aus dem Herzen hervor, und das verunreinigt den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen, aber mit ungewaschenen Händen essen verunreinigt den Menschen nicht. (Matthäus 15,10-20)



In diesem Abschnitt gibt es zwei auffällige Aussagen des Herrn Jesus. Die eine bezieht sich auf falsche Lehre, die andere bezieht sich auf das menschliche Herz. Beide Aussagen verdienen unsere größte Aufmerksamkeit.

Falsche Lehre

In Bezug auf falsche Lehre erklärt unser Herr, dass es eine Pflicht ist, sie zu bekämpfen, dass ihre endgültige Zerstörung sicher ist und dass man sich von ihren Lehren distanzieren sollte. Er sagt: »Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird entwurzelt werden. Schenkt ihr keine Beachtung.«

Aus der Untersuchung des Textes geht hervor, dass die Jünger überrascht waren von den scharfen Worten unseres Herrn über die Pharisäer und ihre Traditionen. Wahrscheinlich hatten sie sich von Jugend an daran gewöhnt, sie als die weisesten und besten Menschen anzusehen. Sie waren erschrocken, als sie hörten, wie ihr Meister sie als Heuchler anprangerte und sie beschuldigte, das Gebot Gottes zu übertreten. » Weißt du,« sagten sie, »dass die Pharisäer Anstoß genommen?« Dieser Frage verdanken wir eine erklärende Aussage unseres Herrn – eine Aussage, die sonst vielleicht nie die Beachtung gefunden hätte, die sie verdient.

Die klare Bedeutung der Worte unseres Herrn ist, dass eine falsche Lehre, wie die der Pharisäer, wie eine Pflanze war, der man keine Gnade erweisen sollte. Es war eine »Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat«, und eine Pflanze, die auszureißen die Pflicht war, was auch immer sie anrichten mochte. Es war keine Nächstenliebe, sie zu verschonen, denn sie schadete den Seelen der Menschen. Es spielte keine Rolle, dass diejenigen, die sie pflanzten, hohe Ämter innehatten oder gelehrt waren. Wenn eine Lehre dem Wort Gottes widerspricht, muss sie bekämpft, widerlegt und verworfen werden. Seine Jünger mussten daher verstehen, dass es richtig war, allen Lehren zu widerstehen, die unbiblisch waren, und alle Lehrer, die diese Lehren fortwährend brachten, unbeachtet stehen zu lassen und sich von ihnen zu distanzieren: »Lasst sie!« Früher oder später würden sie feststellen, dass alle Irrlehren völlig umgestürzt und zu Schanden gemacht werden. Nichts wird Bestand haben außer dem, was auf Gottes Wort gegründet ist.

In diesem Ausspruch unseres Herrn stecken Lektionen von tiefer Weisheit, die dazu dienen, die Pflicht manches bekennenden Christen zu beleuchten. Lasst uns diese Lektionen gut überfliegen und erkennen, was sie uns lehren. Aus dem praktischen Gehorsam gegenüber dem Ausspruch des Herrn »Lasst sie!« entstand auch die segensreiche protestantische Reformation. Diese Lektionen Lehren verdienen also unsere größte Aufmerksamkeit.

Sehen wir hier nicht, dass wir verpflichtet sind, im Widerstand gegen falsche Lehren unerschrocken zu sein? Zweifellos sehen wir diese Pflicht. Keine Angst, Anstoß zu erregen, keine Furcht vor kirchlicher Zensur sollte uns zum Schweigen bringen, wenn Gottes Wahrheit in Gefahr steht. Wenn wir wahre Nachfolger unseres Herrn sind, sollten wir freimütige, unerschrockene Zeugen gegen den Irrtum sein. »Die Wahrheit«, sagt Musculus, »darf nicht unterdrückt werden, denn die Menschen sind böse und blind.«

Sehen wir nicht erneut die Pflicht, Irrlehrer zu verlassen, wenn sie ihren Wahn nicht aufgeben wollen? Zweifellos ja. Kein falsches Feingefühl, keine falsche Demut sollten uns davor zurückschrecken lassen, die Dienste eines Geistlichen zu fliehen, der Gottes Wort widerspricht. Es ist zu unserem eigenen Verderben, wenn wir uns unbiblischer Lehre ausliefern. Und es wird ganz unsere eigene Schuld sein, wenn wir entsprechend im Glauben Schaden nehmen. Um es mit den Worten von Whitby zu sagen: »Es kann niemals richtig sein, einem Blinden in den Graben zu folgen.«

Erkennen wir, als letztem Punkt, nicht auch die Pflicht zur Geduld, wenn wir zuschauen müssen, wie falsche Lehren mehr und mehr zunehmen? Zweifellos erkennen wir diese Pflicht. Wir können uns mit dem Gedanken trösten, dass sie nicht lange Bestand haben werden. Gott selbst wird die Sache seiner Wahrheit verteidigen. Früher oder später wird jede Irrlehre »ausgerissen werden«. Wir sollen nicht mit fleischlichen Waffen kämpfen, sondern warten, predigen, protestieren und beten. Früher oder später, sagte Wycliffe, »wird die Wahrheit obsiegen«.

Das Herz des Menschen

Was das Herz des Menschen betrifft, erklärt unser Herr in diesen Versen, dass es die wahre Quelle aller Sünde und Verunreinigung ist. Die Pharisäer lehrten, dass die Heiligkeit von Speisen und Getränken von körperlichen Waschungen und Reinigungsriten abhing. Sie meinten, dass alle, die ihre Traditionen in diesen Dingen befolgten, vor Gott rein und sauber seien, und dass alle, die diese Traditionen vernachlässigten, unrein und unrein seien. Unser Herr verwarf diese elende Lehre, indem er seinen Jüngern zeigte, dass die wahre Quelle aller Verunreinigungen nicht außerhalb des Menschen liegt, sondern in seinem Inneren: »Aus dem Herzen«, sagte er, »kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen«. Wer Gott recht dienen will, braucht etwas viel Wichtigeres als körperliche Waschungen: Er muss danach streben, »ein reines Herz« zu haben.

Was für ein schreckliches Bild des menschlichen Wesens haben wir hier vor uns! Und es wurde auch noch von jemand gezeichnet, der genau wusste, was im Menschen ist. Was für ein furchtbares Verzeichnis ist das davon, was in unserer eigenen Brust steckt! Welch traurige Liste von Samen des Bösen hat unser Herr aufgedeckt, die tief in jedem von uns liegen und jederzeit bereit sind, ins aktive Leben zu treten! Was können die Stolzen und Selbstgerechten sagen, wenn sie eine solche Stelle wie diese lesen? Hier skizziert der Herr nicht das Herzen eines Räubers oder Mörders, sondern berichtet wahr und getreu über die Herzen aller Menschen. Möge Gott uns gewähren, dass wir gut darüber nachdenken und weise werden!

Lasst es uns zu einem festen Vorsatz machen, dass der Zustand unseres Herzens die Hauptsache unseres Glaubenslebens sein soll. Möge es uns nicht genügen, in die Kirche zu gehen und die äußeren Formen der Religion einzuhalten. Lasst uns viel tiefer blicken, als nur so weit, und vielmehr danach trachten, ein »aufrichtiges Herz vor Gott« zu haben (Apostelgeschichte 8,21.) Das rechte Herz ist ein Herz, das mit dem Blut Christi besprengt, durch den Heiligen Geist erneuert und durch den Glauben gereinigt wurde. Lasst uns niemals ruhen, bis wir in uns das Zeugnis des Geistes Gottes darüber finden, dass Gott in uns ein reines Herz geschaffen und alles neu gemacht hat (Psalm 51,10. 2Korinther 5,17).

Schließlich soll es uns fester Vorsatz sein, alle Tage unseres Lebens unser »Herz mehr als alles, was zu bewahren ist« zu behüten (Sprüche 4,23.) Selbst nach der Erneuerung sind unsere Herzen schwach. Selbst nachdem wir den neuen Menschen angezogen haben, sind unsere Herzen trügerisch. Vergessen wir nie, dass unsere größte Gefahr von innen kommt. Die Welt und der Teufel zusammen können uns nicht so viel Schaden zufügen, wie unser eigenes Herz, wenn wir nicht wachen und beten. Glücklich ist, wer sich täglich an die Worte Salomos erinnert: »Wer auf sein Herz vertraut, der ist ein Tor; wer aber in Weisheit wandelt, der wird entkommen« (Sprüche 28,26).

Über den Autor

John Charles Ryle (1816–1900) war war der erste anglikanische Bischof von Liverpool. Er ist inzwischen auch in Deutschland durch seine Bücher Seid heilig (Holiness), Gedanken für junge Männer (Thoughts for young men), Mit Gott auf dem Weg (Walking with God), Die Pflichten der Eltern und Beten Sie? bekannt. Er gilt als einer der größten viktorianischen Evangelikalen. Spurgeon nannte ihn den »besten Mann der Kirche Englands« (unter Verwendung von: https://de.wikipedia.org/wiki/John_Charles_Ryle). – Übersetzt von grace@logikos.club

Literaturverweise

  • Do Not Tolerate False Teaching by J.C. Ryle (im Web hier)
  • 8 Symptoms of False Doctrine von J.C. Ryle (im Web hier)

Wenn Bibelstellen nur noch vorgefasste Meinungen belegen sollen – Ein Kommentar zu einem Kommentar in »Fest & Treu« (01/2022)

In Fest & Treu (FuT 177) wurde ein Kommentar/Leserbrief von zwei Autoren »in unserem CLV-Team« (Alexander Struck und Gerrit Alberts, im Folgenden mit „S&A“ abgekürzt) abgedruckt, der sich auf den Beitrag »Glaubensprüfung« von Friedemann Wunderlich in FuT 176 (S. 4–5) bezog.[1] Dieser Kommentar wirft Fragen auf, denen man nachgehen sollte. Die Autoren verwenden m. E. Argumente, die weder der Chronologie noch den von ihnen als Beleg angegebenen Bibelstellen gerecht werden. Sachliche und biblische Wahrheit im Argument ist in der Tat keine nebensächliche, sondern eine Hauptsache, um die wir kämpfen müssen. Hier einige der m. E. anzusprechenden Behauptungen oder Meinungen (M) und mein bescheidender Beitrag auf der Suche nach tragfähigen Antworten.

M1 | Paulus lehre, dass man selbst einem tyrannischen, Christen verfolgenden und tötenden Nero zu folgen habe

Die Autoren S&A schreiben: »Die Apostel […] ermahnten die Gläubigen sogar dann dazu [zur Unterordnung unter die staatlichen Autoritäten], als der äußerst willkürliche, moralisch verdorbene Despot und Christenmörder Nero an der Macht war.«

  • Aus dem Basiswissen zum NT zunächst ein paar wesentliche chronologische Daten: Paulus schrieb seinen Brief an die Gemeinde in Rom um 55–58 n. Chr., wahrscheinlich 57 n. Chr. (s. J. MacArthur, Basisinformationen; E. Mauerhofer, Einleitung NT, Bd. 2). Neros Kaiserzeit war 54–68 n. Chr. Mit seinem Regierungsantritt 54 n. Chr. wurde das Edikt des Claudius, das die Vertreibung der Juden und Judenchristen aus Rom verfügte (49 n. Chr.), aufgehoben (F. F. Bruce, Basiswissen), also eine positive(re) Situation für die Gemeinde geschaffen. Der Brand Roms war 64 n. Chr. Die Neronische Christenverfolgung und die damit verbundenen Gräuel geschahen in den Jahren 64– 65 n. Chr., fanden also erst etliche Jahre nach der Abfassung des Römerbriefes statt. 
  • S&A stellen dies aber chronologisch und argumentativ verkehrt herum dar. Als Paulus die Gläubigen zur Unterordnung ermahnte, war Nero noch lange nicht als »Christenmörder« aufgetreten. Paulus war sicherlich nicht naiv bezüglich böser Herrscher und Tyrannen, wie beispielsweise jene zivilen und religiösen Obrigkeiten, die seinen und unseren Herrn ermordeten (Apg 3,13–15; 4,26–30). Angesichts der chronologischen Fakten kann man wohl nur sagen, dass Paulus beim Schreiben von Römer 13 Neros (oder anderer Tyrannen) Bosheit weder ignorierte noch beschönigte, aber von Neros Christenverfolgung als Hintergrund seines Briefes an die Römer zu reden, ist jedenfalls ein AnachronismusDas Argument der Brüder S&A ist damit m. M. n. hinfällig.[2]

M2 | Das Gesetz im AT lehre, dass man alle – auch gesunde – Geschwister nach Bibelstellen, die nur von einzelnen symptomatischen und ansteckenden Kranken reden, zu behandeln habe

  • Die Verwirrung ist hier mehrfach: (1) Behandlung von Einzelfällen werden mit Zwangsmaßnahmen gegenüber der Allgemeinheit verwechselt; (2) Gesunde, asymptomatische Menschen seien so zu behandeln, wie erkenntlich kranke und fachmännisch als krank diagnostizierte Menschen. Es ist zu befürchten, dass hier der ungesetzliche Missgriff, dass Gesunde wie Erkrankte, Ansteckende (und letztlich wie „Gefährder“) zu behandeln seien, unreflektiert kolportiert wird. Dies alles sind Missgriffe, die eigentlich jedem auffallen sollten, der mitdenkt und am Text der Heiligen Schrift untersucht, »ob sich dies so verhalte«.
  • Wunderlich schreibt: »„Lockdown“ und „Social Distancing“ sind Fremdworte für die Gemeinde Jesu und stehen immer entgegen der Gebote Gottes.« Die von ihm gemeinten »Gebote Gottes« konkretisiert er im nächsten Satz mit dem zweit-höchsten Gebot der Nächstenliebe: »Es gibt keine Nächstenliebe ohne körperliche Nähe.«
  • Dies provoziert S&A wohl zum Widerspruch und so greifen sie ins AT zurück, um das Gegenteil zu beweisen. Sie verpassen dabei aber das hier Entscheidende, dass diese beiden englischen Neologismen der Pandemiesprache obrigkeitliche Maßnahmen bezeichnen, die stets allgemein und unterschiedslos auch Gesunden auferlegt werden/wurden (Ausnahmen nur für „systemrelevante“ Menschen), während die angezogenen AT-Stellen ausschließlich symptomatisch Erkrankte und fachlich sorgfältig diagnostiziert erkrankte Einzelpersonen betreffen (auch jener Fall, der eine weitere Beobachtung unter Isolation erforderte). Schauen wir uns die angegebenen Bibelstellen an:

(1) 3.Mose 13,46 (»Isolation im Krankheitsfall«)

  • Die Maßnahme der „Isolation“ (»allein soll er wohnen« und »außerhalb des Lagers soll seine Wohnung sein«) wird erst ergriffen, wenn »das Übel« an der Person äußerlich erkenntlich ist. 
  • Gesunden Menschen ohne einschlägig ärztlich diagnostizierte Symptome den Gottesdienstbesuch zu untersagen oder zu verwehren, nur weil sie 1G, 2G, 2G+ oder 3G nicht erfüllen, fällt nicht in die Fallkategorie der angegebenen Bibelstelle. 
  • Die Generalverdächtigung durch die obrigkeitlichen Verordnungen, dass jeder Gesunde potenziell ein „Gefährder“ sei, also jemand, der beabsichtige oder billigend in Kauf nehme, anderen Schaden zuzufügen, „denn er könnte ja krank sein und andere anstecken“, würde das ganze Lager Israels zum Quarantänelager gemacht haben. Das ist absurd, mit dem biblischen Text nicht belegbar und sollte daher nicht für Gemeindeveranstaltungen als Eintrittsr(i)egel vorgeschoben werden.

(2) 3.Mose 13,4 (»Quarantäne bei Infektionsverdacht«)

  • Das »sieben Tage einschließen« erfolgte, wenn Symptome erkenntlich waren, die Diagnose des Priesters jedoch nicht klar und sicher genug zu leisten war. War sie hingegen klar, wurde das »unrein« direkt erklärt (13,3), die Erkrankung lag dann vor. In jedem Fall gilt auch hier: Die Maßnahme erfolgte erst nach einer Untersuchung von Symptomen, nicht bei Symptomlosen oder Gesunden. Ohne Symptome war diese Maßnahme des „isolierten Abwartens“ nicht zu ergreifen.
  • Von S&A wird ja offenbar auf die natürliche Bedeutung dieser biblischen Anweisung im AT abgezielt. Die Anwendung der Stelle 3.Mose 13,4 auf obrigkeitliche COVID-19-Maßnahmen geht an der Tatsache vorbei, dass hier nicht Gesunde unter Generalverdacht weggesperrt werden, sondern symptomatisch Erkrankte. Damit wird hier keine Berechtigung für die Abweisung von Gesunden und Genesenen von der Gottesdienstteilnahme vor Ort geliefert.

(3) 3.Mose 13,44 (»Mund- oder Bartschutz«)

  • Vorweg: Die Versangabe ist wohl falsch, vom »Lippenbart verhüllen« ist erst in V. 45 die Rede. Zweitens: Nicht »Mund«, sondern »Bart« (ELBCLV; aber ESV: upper lip).
  • Auch hier ist klar ein Fall beschrieben, bei dem erkenntlich »das Übel an ihm ist«, nicht: »in« ihm ist; es war also äußerlich symptomatisch.
  • Der verordneten Maßnahme lag eine durch sorgfältige Untersuchung ermittelte Symptomatik vor (»Und besieht ihn der Priester, und siehe…«; 13,43).
  • Fachlich: Die sehr begrenzte und daher mangelnde Schutzwirkung von Gesichtsmasken (medizinische oder FFP2-Masken) gegen Empfang oder Verbreitung von Viren ist von fachlicher Stelle vielfach untersucht, bestätigt und verkündigt worden. Unvollkommener Schutz ist auch da festzustellen, wo wir das Phänomen virentragender Aerosole bedenken. Dass es dazu neben ignoranten auch absichtliche Falschmeldungen gibt, war und ist angesichts der unterschiedlichen Interessenslagen zu erwarten. Dass dauerhaftes Maskentragen erheblichen medizinischen und psychischen Schaden anrichten kann (von CO2-Übersättigung bis Mikrofaserinhalation; verbale und nonverbale Verständnisprobleme bei Jung und Alt, usw.), ist mittlerweile in mehreren Studien belegt worden. Wer sich bemüht, kann das Hin und Her der öffentlichen Verlautbarungen zum Maskentragen herausfinden. Tipp: Follow the money.
  • Interessante Nebenfrage: Was ist bei Frauen zu tun? Auch sie können m. W. an COVID-19 erkranken. Sollen also Frauen keinen „Mund-Nasenschutz“ tragen nach dem „biblisch belegten“ Argument von S&A? Denn das generische Maskulinum kann im Bibeltext ja nicht gemeint sein, wenn (nach S&A) vom Bart die Rede ist.

(4) 2.Chronik 26,21 (»Ausschluss vom Tempel-Gottesdienst bei Infektion«)

  • Hier war der Betreffende (König Ussija) »aussätzig bis zum Tag seines Todes« und »wohnte in einem Krankenhaus (FN: O. in einem abgesonderten Haus) als Aussätziger«. Da Aussatz an den äußerlich erkennbaren Symptomen festzustellen war (26,20: »an seiner Stirn«) und es ein konkreter Einzelfall ist, ist auch diese Stelle für die Abweisung von Gesunden oder von COVID-19 Genesenen wegen einer obrigkeitlich verordneten generellen 1/2/3G-Verordnung inhaltlich völlig ungeeignet.
  • Das AT bespricht (auch hier) den Einzelfall eines akut Erkrankten, dessen Erkrankung symptomatisch ist und die fachlich festgestellt wurde. Wunderlich bespricht mit »Lockdown« und »Social Distancing« jedoch obrigkeitliche Maßnahmen, die die Allgemeinheit treffen. Die Brüder S&A reden völlig am von Bruder Wunderlich Gesagten vorbei.

M3 | Christen würden die biblischen Maßnahmen, die in Israel im Falle eines Aussätzigen verordnet waren, in Frage stellen

S&A schreiben: »Dass ausgerechnet Christen nun diese Maßnahmen in Frage stellen, erschließt sich uns nur schwer.« Da der Kommentar von S&A sich auf den Artikel »Glaubensprüfung« von Friedemann Wunderlich bezieht, muss zuerst einmal festgestellt werden, dass Wunderlich mit keinem Satz die Maßnahmen, die Israel damals verordnet wurden, in Frage stellt. Dieser Vorwurf zielt also ins Leere. Aber es gibt mehr zu beanstanden:

  • Das Argument von S&A setzt stillschweigend (unbewiesen und unbegründet) voraus, dass man den Fall von Aussatz (vermutlich Lepra,  Morbus Hansen) mit dem von COVID-19 vergleichen könne bzgl. Erreger, Ansteckung, Inkubation, Behandlung usw. – Ich vermute, hier reden keine Mediziner.
  • Wunderlich hat nicht getan, was ihm hier unter der generalisierten Adresse »Christen« unterstellt wird. Unterstellungen und Übertreibungen sind kein gutes Mittel, eine sachliche Debatte zu führen, sondern Strohmann-Angriffe. Diese sind fehlerhaft, liefern mithin nichts Gültiges oder gar Widerlegendes zur behaupteten Sache (Näheres zu Straw Man bei en.wikipedia.org).
  • Die Verallgemeinerung auf »Christen« bei bleibendem Verweis auf die von S&A genannten Stellen, die ausdrücklich für das Volk Israel vor ca. 3.400 Jahren galten, muss theologisch und hermeneutisch hinterfragt werden (die medizinische Diskussion lasse ich hier außen vor). Genauso gut könnte man von allen männlichen Christen heute per Mandat und Zwang verlangen, dass sie sich beschneiden lassen, und wohin eine solche Zwangsforderung führt, kann man in der Bibel nachlesen.
  • Mir ist nicht bekannt, dass Gott allgemein allen »Christen« die Vorschriften des Gottesvolkes im Alten Bund auferlegt hätte. Das gilt auch nicht in übertragener und modifizierter Weise gegenüber einer Obrigkeit, die sich heute als Zivilreligion versteht, als Heilsvermittlerin auftritt und im Gegenzug strafandrohend Gehorsam für ihre Maßnahmen einfordert.
  • Mir ist momentan keine ernst zu nehmende christliche Gruppe oder Stimme bekannt, die die zitierten damaligen Maßnahmen bei Aussatz als Unsinn oder als fraglich hinstellen. Eben, eine Strohmann-Attacke. Da sollte man nachbessern.

M4 | Der Lockdown sei in den angezogenen Bibelstellen in 3.Mose und 2.Chronik zu finden, sogar: die Heilige Schrift sage dazu »eine beachtliche Menge«

Was S&A bzgl. des staatlich verordneten »Lockdowns« und seiner Begründung in der Heiligen Schrift behaupten, bedarf schon einiger wilder semantischer Sprünge, um einen Anschein von Gültigkeit zu erwecken. Hinterfragen wir jedoch, was wirklich der Fall ist, zerfällt das Argument.

  • Selbst die WHO erklärte „Lockdown“ zu einem »eher unglücklichen Begriff« (siehe de.wikipedia.org, sub verbo, FN 28).
  • Leonard Mboera et al. definieren den Begriff so: »eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der COVID-19-Übertragungen, die ihren Ursprung in der Allgemeinbevölkerung haben, die obligatorisch sind und unzielgerichtet auf die Allgemeinbevölkerung angewendet werden« (ibid).
  • Da alle genannten Bibelstellen von konkreten Einzelfällen mit erkennbarer Symptomatik reden, ist ihre Verwendung für das, was mit dem Begriff Lockdown gemeint ist, völlig verfehlt. Der Begriff Isolation oder Quarantäne wäre u. E. besser geeignet, und er betrifft wiederum nur fachlich erkennbare symptomatisch Erkrankte.
  • Festzuhalten ist: Die genannten Stellen reden inhaltlich nicht vom Sachverhalt eines Lockdowns (s. o.). Damit zerfällt das Argument von S&A.
  • Wo die »beachtliche Menge« von Stellen über Lockdown und Social Distancing in der Bibel sein soll, wird nicht deutlich, zumal schon das halbe Dutzend gelieferte Stellen diese Behauptung nicht belegen kann.
  • Man könnte auch einmal überlegen, warum man Social Distancing sagt, wenn man in den Maßnahmen damit räumliche Distanz – angegeben in Metern (!) – meint. Einen räumlichen oder materiellen Hygieneabstand gegenüber konkreten Ansteckenden einzuhalten ist eine einsichtige Maßnahme, aber wer das Soziale in einer Gruppe gesunder Menschen in Metern (be-) misst, dem ist wohl schwer zu helfen.

Versuch einer Bewertung

1. Sachlichkeit

Die Autoren Strunk und Alberts sind sicher geliebte Brüder im Herrn, wir werden die Ewigkeit miteinander in Glückseligkeit verbringen. Ich schätze Gerrit Alberts langjährig gezeigte Bibeltreue, wohltuende Sachlichkeit und Ausgewogenheit in seinen Beiträgen in FuT. (Den Mitautor Struck und den angegriffenen Bruder Wunderlich kenne ich nicht persönlich.) In diesem Leserbrief konnte ich Bibeltreue oder Sachlichkeit leider nicht wie erwartet, gewohnt und m. M. n. erforderlich feststellen. Ich kann kaum glauben, dass dieser »Kommentars« bzw. »Leserbriefs« (beide Bezeichner werden von S&A verwendet) in FuT erschienen ist.

2. Brüderlichkeit

Der auslösende Artikel von Bruder Wunderlich ist emotional und nicht kühl-sachlich formuliert. Sein Anliegen und sein persönliches Mitgenommensein und Leiden an der Situation ist selbst mit kleinen Herzensohren unschwer herauszuhören. Wenn er z. B. unter »„Kommt her, alle ‚3G‘!“« pointiert schreibt: »Wer so denkt und handelt, hat nichts mehr mit einem Heiland zu tun, der seine Nachfolger auffordert…«, dann versucht Wunderlich hier nicht, jemand »das Heil abzusprechen«, wie S&A ihm dies unterstellen. Der Kontext nach Stil und Inhalt legt m. E. vielmehr nahe, dass Wunderlich hier zum Ausdruck bringt, dass er in solchem Denken und Handeln nicht mehr das Wesen und den Geist Jesu erkennen kann – und dies ist sein Schmerz und seine Klage. Das ist aber etwas völlig anderes, als S&A hier unzulässig überzogen behaupten, um Wunderlich damit argumentativ ins Abseits zu stellen. Ein Argument des Gegenübers ins Absurd-Extreme zu verzerren (und dann zu verdammen) ist ein unzulässiger Kunstgriff der Streitdialektik (nach Arthur Schopenhauers Eristische Dialektik eine Erweiterung; Manuskript 1830), der m. M. n. nicht angewendet werden sollte, zumal nicht unter Brüdern, die alle Den lieben, der Die Wahrheit ist. Leider ist das nicht der einzige Beigeschmack einer Strohmann-Attacke.

3. Christuspriorität

Es gab einmal jüdische Top-Theologen, die behaupteten: »Wir haben keinen König als nur den Kaiser.« (Joh 19,15b). Das ist das Bekenntnis zur Zivilreligion und damit die finstere Antithese zum christlichen Basis-Bekenntnis, dass Christus alleine Haupt seiner Gemeinde ist. Kein „Cäsar“ hat je irgendein Mandat von Gott erhalten, in die Inhalte (Bekenntnis, Lehre, Verkündigung), Abläufe, Strukturen usw. der Gemeinde Christi hineinzuregieren. Vielmehr ist die Obrigkeit von Gott dazu eingesetzt, dass sie das Gute belohnt und das Böse bestraft. Was gut und böse ist, verordnet letztlich Gott, nicht das Verfassungsgericht oder der Gesundheitsminister. Mit gebeugten Knien werden alle Richter und Minister einst Christus Rechenschaft abgeben müssen. Sie daran freundlich und deutlich zu erinnern, ist Christenpflicht.

Dass S&A noch nicht einmal ansatzweise würdigen, dass wir heute in der BRD nicht im römischen Cäsarenreich als Untertanen oder Sklaven leben (s. o.), sondern 2.000 Jahre später als Bürger in einem Rechtsstaat mit grundgesetzlich geschützten – aber vorpolitisch erhaltenen – Grundrechten, ist ein weiterer Anachronismus in der Anwendung des Bibeltextes.

Die Beispiele/Belege der Autoren für die Autorität des Staates, wie Brandschutzgesetz oder DSVGO-EU, sind beliebt, aber kategorial danebengegriffen, denn niemand bestreitet das Mandat der Obrigkeit in diesen grundsätzlich zivilen Dingen. Überhaupt: Meines Wissens hat Brd. Wunderlich nichts gegen das Brandschutzgesetz o. ä. gesagt: Hier riecht es wieder nach Strohmann-Attacke. Ich habe noch gute Erinnerungen an unsere Glaubensgeschwister im Osten vor der Perestroika, die sich verbotener Weise im Wald versammelten und von denen viele in Straflagern aufgerieben wurden. Für mich waren das Glaubenshelden, nicht „ungehorsame Untertanen“, die (angeblich nach Römer 13) Gottes Gericht auf sich gezogen hätten.

Zum Abschluss

Es ist enttäuschend, dass Bruder Wunderlichs Beitrag seitens S&A in FuT keine biblisch treffliche und sachlich hilfreiche Entgegnung oder Kommentierung gegenüber (oder an die Seite!) gestellt werden konnte. Der Kontrast beider Beiträge mag aber auch erhellend sein, wenn man unter den vielen Stimmen Orientierung suchend heraushören will, was (eher) nach der Stimme des Guten Hirten klingt. 

Die Veröffentlichung dieses »Kommentar«s meiner Glaubensbrüder Strunk und Alberts ist zu bedauern, denn –entgegen ihrer Vorrede– rüttelt ein derartiger Beitrag m. M. n. eben doch exemplarisch an den Fundamenten unseres Glaubens, nämlich daran, wie wir Gottes Wort recht auslegen und (dann) trefflich anwenden.


Endnoten

[1] Beide Hefte sind noch als PDF-Download erhältlich auf https://clv.de/ (13.03.2022).
[2] Nicht eingegangen werden kann hier aus Platzgründen: 1. Auf die vielfältigen weiblichen und männlichen Glaubenshelden der Bibel, deren Glaube sich gerade da strahlend und vorbildlich zeigte, als sie die (normal gepflegte) Gefolgschaft und Gehorsam gg. der Obrigkeit verweigerten. 2. Auf die verschiedenen Glaubensbekenntnisse seit der Reformation (in unterschiedlichen Gruppen von Christen), in denen schriftlich niedergelegt wurde, dass absoluter Obrigkeitsgehorsam nicht biblisch ist, dass er vielmehr relativ, d. h. mit Grenzen versehen ist. 3. Auf die wichtige Rolle des individuellen Gewissens, und dass von einem Handeln gegen das Gewissen biblisch stets abzuraten ist. 4. Dass man eine klare Unterscheidung zu machen hat zwischen dem verordneten Amt der Obrigkeit und deren konkreten, jeweiligen Amtsinhabern. Während die römische und jüdische Obrigkeit und deren Gesetzesnormen zur Zeit Jesu als Autoritätsstruktur und damit –in Grenzen– als Mittel der allgemeinen Gnade Gottes angesehen werden müssen (Römer 13), ist Jesu Urteil über die Amtsinhaber und ihren dämonischen Hintergrund (Spiritus Rector) auch klar: »dies ist … die Gewalt der Finsternis.« (Lukas 22,53). Das Recht zur Kapitalstrafe bestand zu Recht, aber das minderte nach apostolischem Zeugnis mitnichten die Schuld der jeweiligen Amtsinhaber am Justizmord am menschgewordenen Sohn Gottes (Apg 2,22–23; 3,14).

Redaktionsstand

30. März 2022. Links zu Straw Man und Schopenhauers Werk Eristische Dialektik eingefügt, da nicht jeder parat hat, was unter einer „Strohmann-Attacke“ oder Eristik zu verstehen ist. Zudem einige kleine Textkorrekturen.

TULIP – Wer hat’s erfunden?

Es ist üblich geworden, „den Calvinismus” anhand des Akronyms „TULIP” zu beschreiben und zu beurteilen. Von „TULIP” wussten jedoch weder der angebliche Urheber des „Calvinismus“, Johannes Calvin (1509–1564), etwas, noch die reformierten Verfasser der „Lehrregel von Dordrecht“ (1619) in den Niederlanden, noch die reformierten Verfasser der berühmten „Westminster Confession of Faith“ (1647/1648), noch andere dem reformatorischen Glaubensgut folgende Bekenntnisse, wie z. B. die „London Baptist Confession” (1677). Kein Reformator hat „TULIP“ je verwendet. Woher stammt also diese (anachronistische) Idee, „TULIP“ zur Beschreibung des „calvinistischen“ (reformierten) Glaubens heranzuziehen?

Nach einem Beitrag von William H. Vail im New Yorker Wochenmagazin The Outlook aus dem Jahr 1913 gebrauchte ein gewisser Dr. McAfee aus Brooklyn das Akronym „TULIP“ 1905 als erster, um „Die fünf Punkte des Calvinismus” in einem öffentlichen Vortrag in der Presbyterian Union of Newark darzustellen (William H. Vail, The Five Points of Calvinism Historically Considered, in: The Outlook, Vol. CIV (May-August 1913), (New York: The Outlook Company), S. 394–395 (21.06.1913)). – Bei diesem „Dr. McAfee“ handelt es sich wohl um Cleland Boyd McAfee, einem Pastor der Lafayette Avenue Presbyterian Church und späteren Professor für didaktische und polemische Theologie am McCormick Theological Seminary in Chicago. Er war auch Direktor des Presbyterian Board of Foreign Missions. Soweit wir wissen, war dies (1905) der erste Gebrauch des Akronyms „TULIP” als mnemotechnische Hilfe für die Darstellung der reformierten Heilslehre, wie sie in der „Dordrechter Lehrregel” 1619 als Antwort auf fünf Infragestellungen der Heilslehre durch die arminianischen „Remonstranten“ aus dem Jahr 1610 formuliert wurde. McAfee erfand und verwendete das Akronym „TULIP“ 1905 wie folgt (nach W.H. Vail, a. a. O., S. 394):

  • TTotal Depravity
  • UUniversal Sovereignty
  • LLimited Atonement
  • IIrresistible Grace
  • PPerseverance of the Saints.

William H. Vail liefert im o. g. Artikel von 1913 eine Übersicht über fünf damalige Vertreter der reformierten Heilslehre (A bis E, s. Tabelle unten), die er befragt hatte, welches denn ihrer Meinung nach die „Fünf Punkte” seien (1 bis 5, s. Tabelle unten). Bis auf den 5. Punkt (P) ergaben sich bemerkenswerter Weise recht unterschiedliche Bezeichnungen und Reihenfolgen, die in keinem Fall das Akronym „TULIP” ergeben.

Autoren: A = Abbott’s „Dictionary of Religious Knowledge“ | B = Dr. Francis L. Patton, Präsident des Princeton Theological Seminary | C = Dr. Hugh Black, Union Theological Seminary | D = Rev. George B. Stewart, D.D., Präsident des Auburn Theological Seminary | E = Rev. Isaac N. Rendall, D.D., Präsident em. der Lincoln University in Pennsylvania.

Der amerikanische reformierte Theologe Loraine Boettner (1901–1990) wird als nächster angesehen, der das Akronym „TULIP” 1932 für die Darstellung der „Dordrechter Lehrregel” im Speziellen –und der reformatorischen Heilslehre im Allgemeinen– verwendete: »The Five Points may be more easily remembered if they are associated with the word T-U-L-I-P; T, Total Inability; U, Unconditional Election; L, Limited Atonement; I, Irresistible (Efficacious) Grace; and P, Perseverance of the Saints.« (Loraine Boettner: The Reformed Doctrine of Predestination, 1. Auflage, Januar 1932).

Wenn man sich mit der Lehrentwicklung der 500 Jahre seit der Reformation beschäftigt, fällt auf, dass die Darstellung der reformierten Heilslehre mithilfe von „TULIP” weder die Bezeichnungen der fünf „Lehrstücke” in der „Dordrechter Lehrregel” (1619) übernimmt, noch ihrer Aufbaureihenfolge folgt. (Das 5. und letzte Stück macht dabei eine gewisse Ausnahme.) William H. Vail schreibt dazu: »Selbstverständlich zwingt die Übernahme des Kunstwortes [„TULIP”] die fünf Punkte in eine gewisse Reihenfolge und wirft sie damit möglicherweise aus ihrer angemessenen Ordnung und ihrer logischen Reihenfolge (»Of course the adoption of this word [„TULIP”] restricts the order of the five points, and perhaps throws them out of their proper order and logical sequence.«; a.a.O.).

Auch inhaltlich sind die „Fünf Punkte” nicht mit dem reformierten Glauben oder dem sog. „Calvinismus” gleichzusetzen. Der reformierte Theologe Dr. Hugh Black schrieb Anfang des 20. Jahrhunderts: »Ich glaube nicht, dass Calvin sein System in diesen [fünf] Punkten zusammengefasst hätte.« (a.a.O., S. 395). Loraine Boettner schrieb 1932: »Möge der Leser sich gegen eine zu enge Gleichsetzung der Fünf Punkte mit dem calvinistischen Lehrsystem wappnen. Während diese [Fünf Punkte] wesentliche Bestandteile sind, schließt das System doch viel mehr ein. … das Westminster Bekenntnis ist eine recht ausgewogene Darstellung des reformierten Glaubens (oder des Calvinismus) und es gibt auch den anderen christlichen Lehren den ihnen angemessenen Raum.« (a.a.O.). Leonard J. Coppes schrieb 1980 eine Zusammenfassung des reformierten Glaubens mit dem Titel: »Are five points enough? The ten points of Calvinism«. Joel R. Beeke schrieb 2008: »Seine [Calvins] Absicht war es, jeden Bereich der Existenz unter die Herrschaft Christi zu bringen, so dass das gesamte Leben zur Verherrlichung Gottes gelebt werden könne. Darum kann der Calvinismus nicht einfach durch eine Hauptlehre oder mit fünf Punkten oder –wenn wir sie denn hätten!– mit zehn Punkten erklärt werden. Calvinismus ist so komplex wie das Leben selbst.« (Living for God’s Glory: An Introduction to Calvinism, S. XII). Sinclair Ferguson schreibt 2008 in einem Beitrag über das Gotteslob (Doxology): »…die sogenannten fünf Punkte des Calvinismus … [sind] mit Blick auf ihre Entstehung zutreffender als „Die fünf Korrekturen für den Arminianismus” zu bezeichnen« (in: Living for God’s Glory: An Introduction to Calvinism, S. 388).

Auch in unserer Zeit verwenden reformierte Theologen für die Darstellung der reformierten Heilslehre andere Punkte und Bezeichnungen als das verkürzte McAfeesche „TULIP”. Bei Kritikern des sog. „Calvinismus” ist diese anachronistische und verfälschend verkürzte Darstellung allerdings recht beliebt und liefert Material für manchen „Strohmann”. Gehen wir daher besser zurück zum Ursprung der theologischen Auseinandersetzung.

Lehrregel statt TULIP

Weder die Synode in Dordrecht 1619 noch die reformierten Theologen der folgenden Jahrhunderte haben einstimmig „TULIP” gelehrt. „TULIP” ist erstens eine klare Fehlübersetzung, zweitens inhaltlich eine starke Verkürzung und drittens –historisch und dogmengechichtlich gesehen– ein Anachronismus, wenn jemand damit die „Dordrechter Lehrregel” von 1619 oder die calvinistische (Heils-)Lehre beschreibt. Hier eine tabellarische Gegenüberstellung der Lehrstücke von 1619 und der TULIP-Verkürzung durch McAfee 1905:

Die „Dordrechter Lehrregel” (1619)TULIP (nach McAfee, 1905)
Erstes Lehrstück:
Von der göttlichen Vorherbestimmung
1. Total Depravity
(Völlige Verderbtheit)
Zweites Lehrstück:
Vom Tode Christi und der Erlösung
der Menschen durch denselben
2. Universal Sovereignty
(Allumfassende Souveränität)
Heute auch:
Unconditional Election
(Unbedingte Erwählung)
Drittes und viertes Lehrstück:
Von der Verderbnis des Menschen und
seiner Bekehrung zu Gott und
der Art und Weise derselben
3. Limited Atonement
(Begrenzte Sühnung)

4. Irresistible Grace
(Unwiderstehliche Gnade)
Fünftes Lehrstück:
Vom Beharren der Heiligen
5. Perseverance of the Saints
(Ausharren der Heiligen)

Es wäre der Sache angemessener und einer fruchtbaren Diskussion dienlicher, wenn man sich direkt mit dem offiziellen Lehrdokument der Synode in Dordrecht beschäftigen würde, anstatt irgendwelchen „Fünf Punkten” –Jahrhunderte nach Calvin entstanden!– zu folgen, insbesondere, wenn diese aus Darstellungen von Anti-Calvinisten stammen. Was gewinnt man dabei?

Der Student der „Dordrechter Lehrregel” hat in Lehrstück 2, Artikel 1 bereits vom Wesen und Charakter Gottes, von der Allgenugsamkeit Christi, von der weltweiten Verkündigung des Evangeliums (Mission) und der Notwendigkeit des Glaubens gelesen, bevor er in Artikel 2 zur Frage der Zielsetzung und beabsichtigten Reichweite der Sühnung gelangt. Didaktisch richtig wird ihm in der „Dordrechter Lehrregel” zuerst das Wesen der Sühnung erklärt, bevor die Reichweite der Sühnung besprochen wird. Die Zielgerichtetheit und Bestimmtheit der Sühnung wird direkt aus der Gerechtigkeit Gottes und dem völlig genügsamen, zielgerichteten Opfer Christi (Artikel 3-4) abgeleitet. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit, allen Menschen ohne Unterschied das Evangelium zu predigen, betont (Artikel 5). Artikel 6 bestätigt, dass Gott gerecht ist, wenn er den Ungläubigen verdammt, und Artikel 7 lehrt, dass die Quelle des rettenden Glaubens die Gnade Gottes ist, »die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben« worden ist (2. Timotheus 1,9). – Dieser biblisch richtige und didaktisch kluge Aufbau sollte genutzt und nicht ohne guten Grund aufgegeben werden.

Was macht das „L” in „TULIP”?

Viele evangelikale (früher: dem sola scriptura verpflichtete) Glaubende streiten sich heute anhand von „TULIP”-Darstellungen um die rechte Heilslehre. Etliche Lager haben sich in den letzten Jahrhunderten gebildet, geradezu einander bekämpfende Sekten innerhalb des christlichen Zeugnisses geformt. Ein besonders umstrittener Aspekt von „TULIP” ist das „L”, das für limited atonement, also begrenzte Sühne/Sühnung, stehen soll. Allein dieser Begriff ist ein bitteres, missverständliches Etikett, welches keiner der Reformatoren ohne weiteres so verwendet hätte. Zudem ist weder der (engl.) Begriff „limited” noch der Begriff „atonement” klar und definitiv genug, um die Lehre der Heiligen Schrift eindeutig und klar darzustellen. William D. Barrick urteilt, dass „begrenzt” bzw. „unbegrenzt” vielleicht jene Begriffe sind, welche in der Heilslehre am häufigsten missbraucht werden („The Extent…“, S. 4–5). Und der biblische Begriff „Sühnung” (engl. atonement) wird ebenfalls nicht klar und biblisch verwendet (oft mit der falschen Deutung eines „at-one-ment”, einer Einsmachung oder Zusammenführung), zudem oft als Sammelbezeichnung für alles, was Jesus Christus am Kreuz bewirkt hat. Man muss fragen: Gibt es denn überhaupt eine Begrenzung der Sühnung Jesu Christi? Und wenn ja: Wo wird diese in der Schrift gezogen? Beim Wert oder bei der Reichweite der „Sühnung” (wenn überhaupt die biblische Sühnung gemeint ist)? Die Zentralität und Wichtigkeit des Werkes Christi verlangt nach biblischen, klaren Antworten. Das kann hier nur angerissen werden.

Bibelstudenten aller Zeiten sollte klar sein, dass das Sühnopfer des menschgewordenen Gottessohnes entscheidender Mittelpunkt eines ewigen Planes der Gottheit ist, und dass Gott im Opfer Jesu ein klares Ziel verfolgte (s.z.B. 1Petrus 1,18–21: »zuvorerkannt [proginōskō] ist vor Grundlegung der Welt«). Das Ziel war weder, dass alle Sünder im Feuersee für ihre Schuld ewig von Gott getrennt und gestraft werden (was absolut gerecht wäre), noch dass alle Sünder letztlich errettet und in Gottes herrlicher Ewigkeit leben werden (sog. Universalismus). Das Heilswerk Gottes (im Zusammenwirken des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes) richtet sich vielmehr in ewiger, erwählender Liebe auf »die Seinen« (s. Johannes 17,2.6.9.24.26).

Die gesamte Schrift gibt vom planmäßigen und zielorientierten Handeln Gottes in der Menschheits- und Heilsgeschichte beredt Zeugnis. Also sollte man sich tiefgehende Fragen stellen: (1) Welches Ziel verfolgt Gott mit dem Opfer Jesu? (2) Was bezeichnete Jesus Christus mit dem »Es«, als Er am Kreuz ausrief: »Es ist vollbracht!« (Johannes 19,30)? (3) Wie ergänzen sich das Werk des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes im trinitarischen Heilswerk (sog. opera ad extra)? (4) Haben die drei Personen der Gottheit eine identische Zielsetzung im Heilswerk? (5) Haben die drei Personen der Gottheit im Erlösungswerk den selben Personenkreis im Blick? (usw.)

Wer diese Fragen anhand der Heiligen Schrift beantwortet, muss von einer Begrenzung der Sühnung ausgehen, da der Universalismus keine Lehre der Schrift ist, das Heil aller Glaubenden jedoch fest bezeugt ist. Nachdem der Glaube faktisch und biblisch nicht aller Teil ist (2. Thessalonicher 3,2b), ist die Menge der durch Jesu Opfer Erretteten jedenfalls begrenzt. Das Sühnungswerk Jesu Christi sah auch nicht vor, dass Er hypothetisch für alle Menschen aller Zeiten stellvertretend im Gericht Gottes war, also effektiv deren persönliche Schuld bezahlt und Gottes Zorn für sie getragen habe, und es nun alleine am jeweiligen Menschen läge, diesen unterschiedslos allen Menschen im Evangelium ausgehändigten „Blankoscheck” (=Scheck ohne Namen des Empfängers) auch persönlich einzulösen. – Gott verwendet in der Heiligen Schrift Alten wie Neuen Testaments vielmehr ein anderes Bild, um sein Rettungswerk als Liebeswerk darzustellen: das von Bräutigam und Braut (z. B. Jesaja 61,10; 62,1–5; Jeremia 31; Epheser 5,23–32; Offenbarung 21,2.9; 22,17). Wie die erwählende Liebe eines Bräutigams selektiv und exklusiv ist –und sein muss– ist Gottes ewige Retterliebe selektiv und exklusiv. Dies bedeutet keine Ungerechtigkeit oder einen Mangel an „Fairness“. (Von „Fairness“ zu reden ist begrifflich ein Fehlgriff, der einen Mangel an biblisch geprägtem Denken offenbart. Wir dürfen sicher sein, dass alles, was Gott tut, absolute –ja, normative– Gerechtigkeit ist.)

Die o. g. Fragen können also anhand der Heiligen Schrift noch tiefer ins Verständnis des Heilswerks Gottes führen. Dabei wird man die biblischen Lehren des ewigen Vorsatzes Gottes, der persönlichen (namentlichen) Erwählung und Berufung durch Gott, der persönlichen(!) Stellvertretung im Gericht, der Sohnschaft, der Adoption, der monergistischen Wiedergeburt, des Einsgemachtseins mit Christus, der Innewohnung und der Versiegelung mit dem Heiligen Geist (usw.) kennenlernen. Sie bezeugen harmonisch und vielfältig, dass der dreieinige Gott von Ewigkeit her das ewige Heil „der Seinen” zu Seiner Verherrlichung gewollt und geplant hat und in der Zeit mit exakt festgelegtem Ziel ausführt. Auch kann wohltuende Klarheit entstehen, wenn man den biblisch gelehrten Unterschied zwischen Sühnung und persönlicher Stellvertretung zu beachten lernt. Weil das Heilswerk Gottes ein göttlich großes Werk ist, wundert es uns nicht, dass wir es nicht gänzlich umfassen können. Aber wir können und müssen es auf der Grundlage der Heiligen Schrift erforschen und glauben und bezeugen. Die Heilige Schrift, die Wahrheit (Johannes 17,17), liefert auch die Wahrheit über das Heil.

Am Buchstaben „L” kann man u. E. gut beobachten, wie mangelhaft übermäßig vereinfachte Darstellungen der biblischen Lehre (hier: à la „TULIP”) sind, und wie mangels Klarheit und Präzision mancher Anlass zu Streitigkeiten und Aneinandervorbeireden fast zwangsweise geliefert wird.

Fazit

Mit diesen kurzen Überlegungen und Hinweisen soll zweierlei nachdrücklich gesagt sein:

  • fundamental: Die Frage nach der Reichweite und Zielsetzung des (Sühnungs-) Werkes Jesu Christi sollte eben NICHT anhand von „TULIP”-Darstellungen beantwortet werden, sondern anhand der Heiligen Schrift selbst, welche alleine die Wahrheit ist (Johannes 17,17b). Unbiblische Darstellungen gibt es leider schon genug.
  • sachlich: Wir sollten auch über „Dordrecht” und „Die 5 Punkte des Calvinismus” nicht schreiben und reden, ohne die Ergebnisse jener Synode studiert zu haben und sie in der jeweiligen Darstellung wahrheitsgetreu zu verwenden. Anders gesagt: Primärquellen vor Sekundär- und Tertiärquellen! Unsachliche, verfälschte und falsche Darstellungen gibt es leider schon genug.

Die Synode in Dordrecht hat einen biblisch gesättigten und seelsorgerlich hilfreichen Text geliefert, der über vielem steht, das in den vergangenen vier Jahrhunderten über die angesprochenen Fragen des Heils geschrieben wurde. Und anstelle zu betonen, was Christus am Kreuz nicht zustande gebracht habe, lehrt das zweite Lehrstück von Dordrecht, was Vater, Sohn und Heiliger Geist miteinander vollbracht haben, um sich ein „Volk des Eigentums/zum Besitztum” zu erwählen, es in Jesu Opfer zu erlösen und es ewig zu erwerben (s. 5. Mose 7,6 mit 1. Petrus 2,9). Mit solcher Theologie wird Gottes Volk eher auferbaut, als mit Streitigkeiten über den „freien Willen“ des Menschen und der Souveränität Gottes im Heil. Denn im einzigartigen Heilswerk Gottes geht es um eine großartige Liebesbeziehung:

»Dieser Entschluss, der aus der ewigen Liebe zu den Erwählten hervorgegangen ist, ist von Anfang der Welt bis auf die gegenwärtige Zeit, indem die Pforten der Hölle sich vergeblich widersetzten, mächtig erfüllt und wird auch noch fortlaufend erfüllt, und zwar so, dass die Erwählten zu seiner Zeit zu einer Vereinigung versammelt werden sollen und dass immer eine Kirche der Gläubigen auf das Blut Christi gegründet ist, welche jenen ihren Heiland, der für sie, gleich wie ein Bräutigam für die Braut, sein Leben am Kreuz hingab, beständig liebt, fortwährend verehrt und hier und in alle Ewigkeit preist

„Dordrechter Lehrregel” (1619), Erstes Lehrstück, Artikel 9. Zitiert nach der übersetzten Ausgabe der Selbständigen Evangelisch-Reformierten Kirche: Bekenntnisbuch (Heidelberg, 2010), S. 229. Farbmarkierung hinzugefügt.

Der Apostel Paulus liefert am Ende seiner sorgfältigen Darlegung des Evangeliums Gottes im Römerbrief einen wunderbaren Lobpreis (Doxologie) Gottes. Wir sehen daran, dass wahre Anbetung auf wahrer Heilslehre basiert. Hier wären also größte bibelgebundene Anstrengungen im Ergreifen, Verstehen und Verkündigen des Heils Vorbedingung und Basis wahrer Anbetung. Das sollte alle Erlösten des Herrn beständig motivieren, wahre „Theologie“ zu betreiben, die nicht Traditionen repliziert und verteidigt, sondern die Wahrheit des Wortes reden lässt.

O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.

Römer 11,33-36

Literaturhinweise

William H. Vail, The Five Points of Calvinism Historically Considered, (21. Juni 1913). In: The Outlook, Vol. CIV (May-August 1913), (New York: The Outlook Company), S. 394–395. [Quelle: babel.hathitrust.org; Backup]

Daniel Montgomery und Timothy Paul Jones: PROOF, (Zondervan, 2014, Kindle-Version), S. 210, Fn 22.

David Schrock: Definite Atonement at Dort and the Unity of the Trinity – Put Down TULIP and Pick Up the Canons of Dort, in: CREDO Magazine Vol. 9 (Sept. 2019), Issue 3 [https://credomag.com/article/definite-atonement-at-dort-and-the-unity-of-the-trinity/].

Ed Sanders: The Origin Of The Acronym TULIP – The Five Points Of Calvinism [https://theologue.files.wordpress.com/2014/08/originoftheacronym-tulip.pdf].

Peter Benyola: 400 years after Dort: Why does the human-centric view of salvation persist?Segment 3 | The Canons of Dort (08.09.2018) Copyright 2018, Benyola.net. All rights reserved. Used by permission [http://benyola.net/400-years-after-dort/4/].

Bekenntnisbuch – bestehend aus dem Heidelberger Katechismus, dem Niederländischen Glaubensbekenntnis sowie der Lehrregel von Dordrecht, Übersetzte Ausgabe der Selbständigen Evangelisch-Reformierten Kirche (Heidelberg, 2010) [http://www.serk-heidelberg.de/wp-content/uploads/2010/08/Bekenntnisbuch.pdf].

Loraine Boettner: The Five Points of Calvinism, in: The Reformed Doctrine of Predestination (1932, 13th Printing, Phillipsburg, NJ: Presbyterian and Reformed Publishing Company, 1989), S. 59–201. (eBook: Grand Rapids, MI: Christian Classics Ethereal Library).

James Montgomery Boice und Philip Graham Ryken, The Doctrines of Grace. Wheaton, IL: Crossway, 2002. Deutsch: James Montgomery Boice und Philip Graham Ryken, Die Lehren der Gnade. Oerlinghausen: Betanien, 2009. – Die Autoren beschreiben kurz „Die fünf Punkte des Arminianismus” (a.a.O., 2009, S. 24ff) sowie ebenso kurz (a.a.O., 2009, S. 30ff) und dann ausführlich „Die fünf Punkte des Calvinismus” (a.a.O., 2002, S.67–176 ; a.a.O., 2009, S. 71–197).

William D. Barrick, The Extent of the Perfect Sacrifice of Christ. Sun Valley, CA: GBI Publishing, 2002.

Joel R. Beeke: Living for God’s Glory: An Introduction to Calvinism. Lake Mary, FL: Ligonier Ministries (Reformation Trust), 2008.

Wenn Wörter ihren Sinn verlieren – Der Erwählungsbegriff der „Arminianer“

Ein alter Trick, um bei feststehenden Begriffen oder Konzepten neue Inhalte oder Deutungen einzuführen, ohne sich einer Konfrontation zu stellen oder eine Begründung zu liefern, ist die Äquivokation.

Äquivokation ist das Substantiv zum Adjektiv äquivok. Die etymologische Abstammung liefert: spätlateinisch aequivocus gleichlautend, mehrdeutig“, aus aequus „gleich“ und vocare „nennen, lauten“.

Wikipedia und Wiktionary (https://de.wiktionary.org/wiki/äquivok [28.07.2020])

Bei der Äquivokation behält man das (vertraute und akzeptierte) Wort bei, ordnet ihm aber abweichende neue Inhalte und Bedeutungen zu. Man bezeichnet also letztlich zwei unterschiedliche, oft sogar widersprüchliche, Inhalte mit dem selben Begriff. Dass dies zum Missverständnis führen muss, leuchtet ein: Wo die Begriffe nicht geklärt sind, ist das Gesagte nicht das Gemeinte und das Verstandene nicht das Mitgeteilte. Dies geschieht manchmal unbewusst, manchmal absichtlich, meistens jedoch schleichend langsam und sprachlich verdeckt. So können entgegenstehende Parteien dasselbe Wort verwenden und damit den Eindruck von Übereinstimmung erzeugen, aber trotzdem unterschiedliche Inhalte meinen und festhalten. Ursachen oder Beweggründe für solches Reden können beispielsweise sein: Irrtum (Unwissenheit über den Begriff), Irreführungsabsicht (Täuschung über das Gemeinte), Vermeidung von Konfrontation (scheinbare Übereinstimmung), Wunsch nach Umdeutung von stehenden Begriffen (Aussageveränderung). Die Sprache der Diplomatie, die Sprachvorschriften der Political Correctness, viele Euphemismen und die Erzeuger von Fake News bedienen sich immer wieder der Äquivokation.

Aber leider zeigt auch die Kirchen- und Dogmengeschichte der Christenheit, dass sich „innovative Lehrer“ und Falschlehrer gerne des Tricks der Äquivokation bedienen, um falsche Ideen in der Kirche verbreiten zu können, ohne sofort erkannt und bekämpft zu werden (Taktik „Täuschen und Tarnen“). Sie verwenden einen bekannten und anerkannten Begriff der Bibel und füllen ihn schleichend mit neuen Inhalten. So gebrauchen römisch-katholische Lehrer wie protestantische Lehrer den Begriff der Gnade“ (Gottes), aber verbinden damit spätestens seit dem Gegenreformations-Konzil zu Trient (1545) einander unverträgliche, widersprüchliche Inhalte. Trotzdem sagen manche, dass Übereinstimmung dieser Konfessionen darin bestünde, dass doch beide lehrten, dass es ohne Gnade“ kein Heil gebe, man also eigentlich einer Meinung sei (»Gemeinsam bekennen wir: allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht auf Grund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken.« Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, 15). Das trifft aber nicht zu! (Hilfreich hierzu: Wolfgang Nestvogel, Wann ist ein Christ ein Christ?)

Ähnliches geschieht bei den Romanisierungsansätzen der arminianisch denkenden Protestanten (sog. Remonstranten“, vulgo „Anti-Calvinisten“). Wenn sie beispielsweise von Gnade“ oder (Aus-) Erwählung“ reden, muss man genau aufpassen, was sie damit meinen. Dies ist nämlich klassisch meist etwas anderes, als das, was die Heilige Schrift mit diesen Begriffen fest verbindet. Gehen wir in diesem Beitrag also einmal dem Begriff der Auserwählung/Erwählung/Wahl“ im Heil nach.

Bei der arminianischen Vorstellung der Auserwählung“ von Menschen durch Gott trifft Gott überhaupt keine Auswahl von Menschen, weder individuell noch kollektiv.
(1) Bei einer häufig anzutreffenden Variante dieser Vorstellungen sieht Gott in Seiner Allwissenheit „im Korridor der Zeit nach vorne“ (was per se eine absurde Vorstellung von der Erkenntnis des Ewigen ist!) und stellt dabei fest, was Menschen denken, entscheiden, sagen und tun (werden) und sich damit selbst erwählen bzw. einer heilsrelevanten Gruppe oder Kategorie von Menschen selbst zuordnen. Diesem allwissenden Beobachten“ entsprechend ist Gott dann verpflichtet/gebunden, einem Menschen das Heil in Christus zu geben oder aber ihm dieses Heil vorzuenthalten.

(2) Nach einer anderen Variante legt Gott allen Menschen ohne Ausnahme das Heil zum Ergreifen vor. Wer es ergreift, hat es dann (zumindest bis auf weiteres) erst einmal im Besitz; die Wahl liegt also alleine auf Seiten des Menschen, nicht bei Gott. Die notwendigen Qualifikationen und Bedingungen, die das Heil ermöglichen (!), wurden nach diesen Ansichten von Gott „(aus)gewählt“. Sie sind von Ihm im Evangelium benannt worden, z. B.: »Kehret um, glaubt dem Evangelium!« (Markus 1,15) oder »Nachdem nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen« (Apostelgeschichte 17,30). Gott darf auch noch auserwählen“, wer der Retter der Welt“ ist, nämlich Christus, der menschgewordene Sohn Gottes. Aber dann ist auch schon Schluss mit seinem Wählen“. Ihm bleibt der Zwang zur göttlich-ewigen Ratifizierung des zeitlichen Entschlusses völlig autonomer Menschen.

Wann diese Ratifizierung stattfindet, wird unterschiedlich gesehen: Authentische Nachfolger der arminianischen Lehre sehen dies erst bei Eintritt in die Ewigkeit (beim Tod des hoffenden, aber ungewissen, Glaubenden) als gesichert an. Andere wollen diese göttliche Bestätigung vorziehen in die Lebenszeit nach der Bekehrung (sog. „Ein-Punkt-Calvinisten“), oder zumindest (temporär) in jene Lebensphasen eines beständigen Bewährungslebens, in denen keine (anhaltend) ungebeichteten (groben) Sünden vorliegen (so oft in der sog. „Heiligungsbewegung“). Gemeinsam ist diesen Ansichten, dass es keine absolute Sicherheit des Heils (mithin keine Gewissheit des Heils) während der Lebenszeit gibt: Es kann immer noch jederzeit „schief gehen“, denn alles hängt am zur Sünde noch fähigen Menschen. (Dass dies contra Scriptura ist, kann jeder Leser der Schriften des Apostels Johannes wissen.)

Gottes „Entscheidung“ oder Wahl“ wird hier also völlig bestimmt (determiniert) von der „rettenden Tat“, dem „Bekenntnis“, dem „Glauben“, der „treuen Nachfolge“ des betreffenden Menschen. Gott vollzieht in seinem Wollen, Wählen und Entscheiden nur noch das Wollen, Wählen und Entscheiden des/der Betreffenden nach. Er bringt keine eigene, unabhängige oder vorzeitliche Wahl mit ein oder setzt diese gar ursächlich und/oder monergistisch-souverän ein. Eine Freiheit, anders zu handeln, gibt es für Gott nicht, sonst wäre die Bedeutsamkeit der Entscheidung des Menschen prinzipiell untergraben und der Mensch nicht »der Herr seines Schicksals, der Kapitän seiner Seele« (Henley, Invictus). Und das ist natürlich für den sich autonom dünkenden Menschen eine Horrorvorstellung.

Alles, wozu Gott noch frei ist, ist das Liefern von allgemeiner (also allen Menschen gleich gegebener, mithin nicht-diskriminierender, nicht-erwählender) Gnade, evtl. in Form der allgemeinen Evangeliumspredigt (welche imenschheitsgeschichtlich und geografisch aber nie oder seltenst real allgemein gegeben war) oder im nicht-diskriminierenden Ziehen aller Menschen zu Christus durch den Vater (Johannes 6,44) oder im nicht-diskriminierenden Wirken des Heiligen Geistes (Johannes 16,8–10; diese Stelle redet allerdings nur von der Zeit ab und nach Pfingsten, erklärt also zu wenig). Das Entscheidende tut hier der Mensch, es ist eine „mensch-zentrierte Heilslehre“: sowohl Heilsaneignung wie Heilsbewahrung hängen zentral und alleine am Menschen und seinem Willen. Mit dieser Ausrichtung soll dann auch die Erwählung des Menschen seitens Gottes gedeutet werden.

Wie kann man dieses mechanische Nachvollziehen der Entscheidung einzelner Menschen (Sünder!) durch Gott eine Erwählung/Auserwählung/Wahl seitens Gottes nennen? Sklavisch-mechanisches Nachvollziehen ist keine (Aus-)Wahl. Hier wird etwas Wahl genannt, das keine Wahl ist. Der Trick der Äquivokation besteht darin, dass man noch den gleichen Begriff verwendet, ihn aber heimlich und schleichend mit anderen Inhalten gefüllt hat. Das hat die Röm.-kath. Kirche, wie oben gesagt, recht erfolgreich mit dem Begriff der Gnade gemacht (nebenbei: auch der Gnadenbegriff der Arminianer ist ein anderer, als der der Bibel). Arminianisch denkende Menschen verwenden den Begriff der Wahl für das strikte, unfreie Nachvollziehen der Entscheidung eines anderen (also einer extern vorgegebenen Entscheidung). Sie unterwerfen Gott damit einem menschlich gesteuerten Determinismus und nennen ihre Erfindung dann dreist Erwählung. Das ist ein Widerspruch in den Begriffen, eine contradictio in adiecto. Sie  liefert nichts Besseres als z. B. der Begriff „rundes Quadrat“. Die damit verbundenen Behauptungen sind also zwingend analytisch falsch. Es ist erstaunlich, dass Christen auf so etwas hereinfallen. Haben Sie nicht das Wort der Wahrheit?! Kann es sein, dass es dem Mahlwerk des Denkens nicht gut tut, wenn man es mit Kieselsteinen des Irrtums füttert? Oder anders gesagt: Auf dem Boden der Selbstvergottung wächst kein wahrer Gottesdienst. (Die Schlange lässt grüßen!) Wer hingegen Gott Gott sein lässt (und selbst sich nicht vergottet), der hat keine Probleme mit der biblischen Heilslehre. Diese setzt stets die göttliche Souveränität voraus – und tut dies, ohne irgendeinen Widerspruch zur menschlichen Verantwortung zu behaupten.

Eine einfache Veranschaulichung für Leute, die gerne mal à la carte Essengehen. Nehmen wir an, ich gehe in ein Restaurant, weil ich Appetit auf ein gutes Essen habe. Ich lasse mir die Speisekarte geben, auf der alle Wahlmöglichkeiten vermerkt sind. Das Schöne als Gast ist üblicher Weise, dass ich völlig frei aus der aktuellen Speisekarte wählen und bestellen kann und dann nach einer Zubereitungszeit genau das Gewählte erhalten werde. Das ist meine Freiheit als König Gast“: Der Wirt wird mir das zubereiten (lassen), was ich will, wozu ich mich entschieden habe, was ich bestelle. Ich entscheide mich für Cordon Bleu. So weit, so gut. Nun kommt der Wirt zu mir an den Tisch und sagt: „Schön, dass sie heute da sind. Ich habe für sie entschieden: Sie bekommen Bockwurst mit Senf und Brot, die Küche ist schon beauftragt. Im übrigen: Ich bin hier der Chef, tun Sie mir den Gefallen, die Bockwurst zu nehmen. Wenn ihnen das nicht gefällt, können sie ja gehen!“ Und genau das tun sie dann auch, denn so eine Behandlung lässt sich kein „König Gast“ in unserem Kulturkreis gefallen. Da gilt: Der Kunde ist König und der Wirt Dienstleister. – Wenden wir das auf die arminianische Verwendung des Begriffs „Auserwählung/Erwählung/Wahl“  an. Und zwar so verkehrt herum, wie es dieses Konzept offenbar haben will: Gott ist hier der Gast und der Mensch spielt sich als Wirt auf. Gott als Gast/Kunde wird im arminianischen Denken keine Wahl gelassen (sie wird ihm nur vorgegaukelt), obwohl er der König ist, der gemäß seines freien Willens und seiner eigenen Wahl zu bedienen wäre. Der Sünder aber tritt als Wirt auf, der seinem Gast vorschreibt, was dieser bekommt, und ihm damit alle Wahlfreiheit nimmt. Am Ende behauptet der Wirt sogar noch frech, dass es der Wille und die Auswahl des Gastes/Kunden  gewesen wäre: dieser habe ja Bockwurst mit Senf und Brot „ausgewählt“.

Eine zweite Veranschaulichung, eine etwas kürzere, für technisch Denkende: Wenn ich im Stromlaufpfad zwischen Sicherung und Lampe einen Ein/Aus-Schalter anbringe, dann wird (ohne weiteres) die Betätigung des Schalters dazu führen, dass  die Lampe entweder aufleuchtet oder ausgeht. Welche „Freiheit“ und „Wahl“ hat nun die Lampe? Sie kann naturgesetzlich nur das tun, was der Schalter vorgibt. Die Lampe folgt rein „mechanisch“ (natürlich: elektrisch!) den elektrischen Gegebenheiten der Schalterstellung bzw. der Schalterbetätigung. Im arminianischen Denken agiert der Sünder frei durch Betätigung des Schalters, Gott reagiert sklavisch mit erleuchtender oder verdunkelnder Lampe. Der arminianisch Argumentierende behauptet aber, dass die Lampe „gewählt“ habe, ob sie brenne oder nicht, und zwar im Vorausblick auf die Betätigung des Schalters durch den Sünder – und dass die Lampe stets so „wähle“, dass Schalterbetätigung und Lampenzustand zusammenpassen. 

Wenn jetzt jemand bemerkt, dass hier Ursache und Wirkung vertauscht wurden, dann wird er wohl nicht sehr daneben liegen. Im biblischen Denken ist eben die Auserwählung die UR-Sache (die erste Sache), gewollt und gesetzt von einem mit Willen, Liebe und Weisheit ausgestatteten, vollkommenen Wesen. Die Auswirkungen dieser UR-Sache in der Zeit sind einerseits einseitige (sog. monergistische) Wirkungen und souveräne Gaben Gottes (wie Geburt-von-oben, Augen-Öffnung, Glaube, Buße usw.) sind, aber auch zweiseitige, die den erneuerten Menschen ganz in die Verantwortung und Reaktion auf das göttliche Neumachen und beständige göttliche Wirken am Menschen hereinnehmen. Von „Heil“ (!) (von der prozesshaften Heiligung, also nicht dem monergistischen, ewigen Erwählen und Heil) redet folgende Stelle:

»Daher, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein als in meiner Anwesenheit, sondern jetzt viel mehr in meiner Abwesenheit, bewirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, zu seinem Wohlgefallen

Philipper 2:12-13 (ELBCSV)

Fazit

Der biblische Begriff der (Aus-) Erwählung hat bei (wie oben dargestellt) arminianisch (meist anti-calvinistisch) Redenden den biblischen, mithin wahren, Sinn verloren. Iam pridem equidem nos vera vocabula rerum amisimus (Sallus, De Coniuratio Catilinae, Kap. 52 aus Catos Rede: „Schon längst haben wir doch die rechten Bezeichnungen für die Dinge verloren.“). Sprache ist aber (mit Humboldt) „das bildende Organ des Gedankens“. Wenn die Wörter nicht stimmen, nicht mehr den biblischen Inhalt transportieren, dann ist nicht nur das menschlich Gesagte nicht mehr das göttlich Gemeinte, sondern damit grundlegend die Kommunikation der Wahrheit verunmöglicht und verunglückt.

Um einem vermeintlichen, göttlich vorgegebenen Determinismus des Menschen in der Heilserlangung zu entgehen, weil dies ihrer Vorstellung von der Freiheit des Menschen widerspricht, unterwerfen arminianisch denkende Menschen Gott einem menschlich induzierten Determinismus. Gott wird entpersonalisiert und zum himmlischen Heilsautomaten degradiert, der mechanisch auf das Betätigen der Stellhebel durch Menschen reagiert. Das ist provokant gesagt, aber trifft letztlich den Kern: Der Mensch macht sich dabei nämlich zur Schaltzentrale des Heilsgeschehens. Das ist Anmaßung und Perversion des Geschöpfes gegenüber seinem Schöpfer und HErrn. Noch immer geistert die verführerischste aller Lügen und Illusionen durch die Philosophien der Menschen: »Ihr werdet sein wie Gott!« (1.Mose 3,5).

Der Glaubende jedoch erkennt aus der Heiligen Schrift, dass Gott das freieste Wesen ist, und dass Sein Wille stets gut, wohlgefällig und vollkommen ist. Gott handelt stets mit Vorsatz und wirkt alles nach dem Rat seines Willens (Epheser 1,11), sei es im Schöpfungswerk oder im Heilswerk. Die Schrift bezeugt, dass die Summe und der Gipfel des Evangeliums Gottes mit Recht lautet:

»O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden?
Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind ALLE Dinge.
Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.«

Römer 11:33-36 (ELBCSV)

Weiterführende Hinweise

Folgende Hinweise sind geeignet, das Nachdenken der Gedanken Gottes bezüglich der (Aus-) Erwählung anhand des „Wortes der Wahrheit“ (Bibel) zu fördern:

  • Sowohl beim Heil (Errettung) als auch beim Unheil (Gericht) geht es zuallererst nicht um den Menschen, sondern um Gottes Verherrlichung. Es geht Gott stets darum, dass sein Name (seine Person und seine Herrlichkeit) vor allen Geschöpfen aufstrahle und verehrt werde. – Dies ist z. B. im Drama der Zehn Plagen im Buch Exodus gut zu verfolgen (s. z. B. 2Mose 7,3–5.16; 9,16; 10,1–2 usw.), aber auch explizite Lehre im Neuen Testament (z. B. Philipper 2,9–11; Römer 11,33–36; Offb 15,3–4; 19,1–5; 22,13).
  • Die (Aus-) Erwählung durch Gott zum Heil ist als Liebeshandeln Gottes zu verstehen. Die von Gott selbst gegebene Begründung für die Sonderbehandlung einiger, dass sie eben nicht gerechterweise verdammt, sondern gnädig gerettet und als Kinder angenommen werden, lautet: »ICH habe … geliebt«. – Das ist im AT bzgl. Israel zu beobachten (z. B. 5Mose 4,37; 7,8; 10,15 usw.), und im NT für jeden Glaubenden (Galater 2,20b) als auch für die christliche Gesamtgemeinde (Epheser 1,4 »auserwählt … in Liebe«; 5,2.25–32).
  • Siehe auch Beitrag »Auserwählung – Fragen über Fragen«
  • Siehe auch Beitrag »Eine schwierige Lehre – Erwählung und Vorherbestimmung«

Calvin über die Anmaßung, Gottes freien Willen beurteilen zu wollen

»Now no one doubts, that humility lies at the bottom of all true religion, and is the mother of all virtues. But how shall he be humble, who will not hear of the original sin and misery from which he has been delivered? and who, by extending the saving mercy of God to all, without difference, lessens, as much as in him lies, the glory of that mercy? Those, most certainly, are the farthest from glorifying the grace of God, according to its greatness, who declare, that it is, indeed, common to all men; but that it rests effectually in them, because they have embraced it by faith.

The cause of faith itself, however, they would keep buried, all the time, out of sight; which is this;—that the children of God, who are chosen to be sons, are afterwards blessed with the spirit of adoption. Now, what kind of gratitude is that, in me, if, being endowed with so pre-eminent a benefit, I consider myself no greater a debtor than he, who hath not received one-hundredth part of it. Wherefore, if, to praise the goodness of God worthily, it is necessary to bear in mind, how much we are indebted to Him; those are malignant towards Him, and rob Him of his glory, who reject, and will not endure, the doctrine of eternal election: which being buried out of sight, one-half of the grace of God must, of necessity, vanish with it.

Let those roar at us who will. We will ever brighten forth, with all our power of language, the doctrine which we hold concerning the free election of God; seeing that it is only by it, that the faithful can understand how great that goodness of God is, which effectually called them to salvation. I merely give the great doctrine of election a slight touch here, lest any one, by avoiding a subject so necessary for him to know, should afterwards feel what loss his neglect has caused him. I will, by and by, in its proper place, enter into the divine matter with appropriate fulness. Now if we are not really ashamed of the Gospel, we must, of necessity, acknowledge, what is therein openly declared;—that God, by his eternal good-will (for which there was no other cause than his own purpose), appointed those whom He pleased unto salvation, rejecting all the rest; and that those whom He blessed with this free adoption to be his sons, He illumines by his Holy Spirit, that they may receive the life which is offered to them in Christ; while others, continuing, of their own will, in unbelief, are left destitute of the light of faith, in total darkness.

Against this unsearchable judgment of God many insolent dogs rise up and bark. Some of them, indeed, hesitate not to attack God openly: asking why, foreseeing the fall of Adam, He did not better order the affairs of men? To curb such spirits as these, no better means need be sought than those which Paul sets before us. He supposes this question to be put by an ungodly person:—How can God be just, in showing mercy to whom He will, and hardening whom He will? Such audacity in men the apostle considers unworthy a reply. He does nothing but remind them of their order and position in God’s creation. “Who art thou, O man, that repliest against God?” (Rom. 9:20.) Profane men, indeed, vainly babble, that the apostle covered the absurdity of the matter with silence, for want of an answer. But the case is far otherwise.

The apostle, in this appeal, adopts an axiom, or universal acknowledgment: which not only ought to be held fast by all godly minds, but deeply engraven in the breast of common sense:—that the inscrutable judgment of God is deeper than can be penetrated by man. And what man, I pray you, would not be ashamed to compress all the causes of the works of God within the confined measure of his individual intellect? Yet, on this hinge turns the whole question.—Is there no justice of God, but that which is conceived of by us? Now if we should throw this into the form of one question,—whether it be lawful to measure the power of God by our natural sense,—there is not a man who would not immediately reply, that all the senses of all men combined in one individual must faint under an attempt to comprehend the immeasurable power of God: and yet, as soon as a reason cannot immediately be seen for certain works of God, men, somehow or other, are immediately prepared to appoint a day for entering into judgment with Him. What therefore can be more opportune or appropriate than the apostle’s appeal?—that those, who would thus raise themselves above the heavens in their reasonings, utterly forget who and what they are?«

Quelle:  Calvin, John ; Cole, Hendry H.: Calvin’s Calvinism: A Treatise on the Eternal Predestination of God. London : Wertheim and Macintosh, 1856.

Sokrates – Neuer, alter Inspirator der klugen Christen?

Am 31. Januar 2013 luden Eric Metaxas und Socrates in the City Dr. John Lennox, Professor für Mathematik an der Universität Oxford, in den Union Club in New York City zu einem Vortrag ein. Er wollte eine Methode darlegen, wie man die ersten Kapitel der Genesis lesen und interpretieren könne, ohne weder bei der aktuellen Wissenschaft noch bei der Heiligen Schrift Abstriche machen zu müssen. Angesichts des überwiegend gott- und bibelfeindlichen Wissenschaftsumfeldes und der „wissenschaftlichen“ Entstehungsmythen klingt dies wie: Ein Mathematiker auf der Suche nach der Quadratur des Kreises. Zehn Minuten in die YouTube-Aufzeichnung des Events hinein kommt Lennox zu Wort und macht sofort klar, wes Geistes Kind er ist:

»Sokrates is one of my great intellectual heroes.«

John Lennox im Video des o.g. Events, siehe https://youtu.be/0FmO2XKMe6g, 10:12 Min.

Lennox stellt im Vortrag die Auslegung der Schöpfungstage als 24-Stunden-Tage in Frage mit dem Verweis, dass die „anerkannte“ Wissenschaft von größeren Zeiträumen ausgehe (Evolution, Alter der Erde usw.), und dass die (Römisch-Katholische) Kirche sich schon einmal geirrt habe (im Galileo Galilei-Konflikt im 17. Jhdt.), und dass man wohl dem Bibeltext treu sein, aber auch in der Wissenschaftswelt nicht als Idiot dastehen wolle. Wenn Sokrates der Held ist, dann mag das alles verständlich sein. Ist Sokrates nun der neue Inspirator der christlichen Apologeten? Oder ein alter? Braucht man ihn überhaupt?

Es geht nämlich auch anders. Professor Dr. John MacArthur, bekannter Autor, Redner und Pastor aus Kalifornien, argumentiert aufgrund des Bibeltextes für eine Erschaffung in sechs 24-Stunden-Tagen. Er glaubt an Jesus Christus als allmächtigem Schöpfer-Gott und Retter und ist überzeugt, dass die Heilige Schrift das wahre und autoritative Wort Gottes ist, dessen Text mit konsistenter Hermeneutik zu erschließen ist. Auf dieser Basis kommen er und sein Kollegenteam am The Master’s Seminary zu einem anderen Ergebnis, als Dr. Lennox. Lennox greift das literarische Argument auf, dass das Wort Tag (yom) im Buch Genesis mehrfältig gebraucht wird, und daher Freiheit für eine Interpretation dieses Wortes an dieser Stelle im Sinne „sehr lange Zeiträume“ bestünde. Aber dies ändert nichts daran, dass die Verwendung des Wortes yom bei den sechs Schöpfungstagen eine besondere ist (mit Zahlwort), und dass prinzipiell eine Wortbedeutung immer vom Kontext und nicht von der Erwartungshaltung und den Wünschen und Ängsten des Lesers bestimmt wird.

Beobachtung: Wenn man, wie Lennox, die Wissenschaft als oberstes Erkenntniskriterium verwendet (auch wenn er das als Grundsatz vielleicht abstreiten mag) und Sokrates als seinen intellektuellen Helden verehrt, kommt man zu anderen Ergebnissen, als wenn man, wie MacArthur, von der Offenbarung der Bibel herkommt und alle „wissenschaftliche“ Erkenntnis ihr im Glaubensgehorsam unterordnet.

Sokrates hat uns die Idee der Schule und ihre Methode gegeben. Aber bei supernatürlichen Ereignissen wie der Schöpfung Himmels und der Erde ex nihilo hilft alle Gelehrtheit und Wissenschaft nichts, da braucht der Mensch Offenbarung und lebendigen Glauben an den Ewigen. Die Schrift beseitigt diesbezüglich jeden Zweifel:

Durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind, so dass das, was man sieht, nicht aus Erscheinendem geworden ist.

Die Bibel, Hebräer 11,3 (ELB03)

Die Auseinandersetzung zwischen Glauben und Bibel einerseits und griechischer Philosophie und humanistischer Wissenschaft andererseits erinnert an die beiden berühmten Kontrahenten des jahrhundertealten Streits um die Frage des „freien Willens“: den katholischen Humanisten Desiderius Erasmus und den Reformator Martin Luther. Martin Luther griff die Vollkommenheitstheorie der Röm.-Katholischen und der Griech.-Orthodoxen Kirche mit biblischen Argumenten an, weil er überzeugt war, dass diese Theorie die biblische Heilslehre verfälschte. Erasmus war stark von der griechischen Philosophie beeinflusst. Eines seiner überlieferten Gebete beginnt mit der Anrufung des Sokrates:

O heiliger Sokrates, bete für uns! (»Sancte Socrates, ora pro nobis!«).

Desiderius Erasmus, Colloquies, übers. v. Nathan Bailey, Revue. E. Johnson, Hrsg. (London: Reeves and Turner, 1878) Bd. 1, S. 186. Zitiert nach: Martin Erdmann, Siegeszug des Fortschrittsglaubens, Bd. 1, S. 137.

Interessant wäre zu wissen, wie John Lennox in der Frage des „Freien Willens“ Position bezieht. Eher bei Erasmus/Sokrates oder bei Luther/Heilige Schrift?

Der Apfel fällt nicht weit vom Birnbaum.

Literaturhinweise

  • John F. MacArthur, Der Kampf um den Anfang, Bielefeld: CLV, 2003.
  • Reinhard Junker, Genesis, Schöpfung und Evolution – Exegetische, hermeneutische und systematisch-theologische Studien, Holzgerlingen: SCM Hänssler, 2020.
  • Walter Hilbrands, Wie lang waren die Schöpfungstage? Eine Untersuchung des hebr. jom („Tag“) in Gen 1,1-2,3, Wort-und-Wissen-Diskussionsbeitrag 3/06 mit 25 Anmerkungen mit weiteren Belegtexten. (Quelle im Web (PDF), Backup) Siehe auch: www.wort-und-wissen.de
  • ICR, Creation Basics & Beyond: An In-Depth Look at Science, Origins, and Evolution, Dallas, TX, USA: Institute for Creation Research, 2013 (www.icr.org).