Wer Dank opfert, der preiset mich (Andacht)

Wer Lob [o. Dank] opfert, verherrlicht mich,
und wer seinen Weg einrichtet,
ihn werde ich das Heil Gottes sehen lassen.

Psalm 50,23

Wenn wir als Kinder etwas geschenkt bekamen, wurden wir immer wieder von den Eltern gefragt: „Und wie sagt man?“ – Ja, und dann erwarteten sie, dass wir artig „Danke!“ sagten. Wenn wir etwas haben wollten, dann hieß es manchmal: „Und wie heißt das Zauberwort?“ Dann wussten wir, dass wir das entscheidende Wörtlein „Bitte!“ vergessen hatten. Bitten und Danken – das wollten uns unsere Eltern schon ganz früh beibringen. Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar.

Manche Leute können nicht danken. Sie nehmen alles als selbstverständlich hin: Selbstverständlich sind sie zu beschenken und zu bedienen! Und so verarmen sie immer weiter. Wenn wir jemandem danken, dann realisieren wir, dass wir etwas empfangen haben, dass ein anderer uns etwas gegeben hat. Im Danken anerkennen wir, dass wir Empfangende sind und dass es einen Geber gibt, dem wir Dank schulden. Danken macht froh! 

Das hat auch die Psychologie entdeckt. Ein amerikanischer Forscher[1] bat Menschen in einer Studie darum, jeden Abend drei Dinge aufzuschreiben, für die sie dankbar sein konnten. Sechs Monate später waren diese Personen nachweislich fröhlicher und weniger gestresst und niedergeschlagen als die der Kontrollgruppe. Bibelleser wissen dies schon lange! Hoffentlich! Wenn wir im Abendgebet nicht mindestens drei Sachen anführen können, für die wir Gott dankbar sind, dann kranken wir. Dankbarkeit kann man erlernen.

Meine Eltern wussten aus Gottes Wort auch, dass Undankbarkeit Sünde gegen Gott ist. Im Römerbrief Kapitel 1 erklärt der Apostel Paulus, dass die Menschen im Gericht Gottes „ohne Entschuldigung [sind/seien], weil sie, Gott kennend, ihn weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten“ (1:20-21). Gott hat als Schöpfer jedem Menschen das Leben und viele weitere Zusatzgaben geschenkt, also höchste Gaben. Er hat zudem jedem Glaubenden als Retter die Errettung und ewiges Leben geschenkt. Das ist unfassbar viel und wertvoll.

Gegenüber diesem Gott je undankbar zu sein, kann sich kein Glaubender und keine Gemeinde Gottes denken oder erlauben, denn sie kennen die Gabe(n) Gottes! Schon vor über 3.000 Jahren rief der Levit Asaph, ein Chorleiter unter David (1. Chronik 15,17ff; 16,7–36), das Volk Gottes auf, Gott Lob und Dank zu bringen. Er erklärt ihnen, dass sie Gott mit all ihren Opfertieren nicht reicher machen könnten, weil Gott sowieso „alles Getier des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen“ (Psalm 50,10) gehört. Dann ruft er ihnen zu: „Opfere Gott Lob!“ (Psalm 50,14). Im Schlussvers dieses Psalms erklärt er, warum. Da steht: „Wer Lob opfert, verherrlicht mich“ (50,23a). Das ist das Thema dieser Besinnung.

Gemeinsam Dank opfern in der christlichen Gemeinde

Der Schreiber des Hebräerbriefes fordert 1.000 Jahre nach dem Chorleiter Asaph die Christusglaubenden auf: „Durch ihn [das ist Christus, s. V. 12] nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.“ (Hebräer 13,15). Eine gesunde, vom Geist Gottes bewegte Gemeinde ist davon gekennzeichnet, dass sie beständig („stets“) Gott Lob- und Dankopfer bringt, Ihn also durch ihr gemeinsames Gebet und Lied erhebt und verherrlichtEs möge keine Woche vergehen, ohne dass die Gemeinde sich versammelt zum Namen Jesu und durch Jesus Gott Opfer des Lobes darbringt. Und genau das wollen Glaubende als reich Beschenkte doch! Wir brennen darauf, miteinander Gott zu erheben im Lied und Gebet. Unser Herz ist voller Dankbarkeit. Und so erheben wir den Herrn miteinander. Und gehen nach dem Gottesdienst beglückt hinaus, weil unsere Seelen im Lob Gottes fröhlich geworden sind.

Gerettetsein macht dankbar

Asaph schrieb im Psalm 50 in genialer Kürze und Trefflichkeit auf, wie wir zu Anbetern Gottes wurden, siehe Vers 15: „Rufe mich an am Tag der Bedrängnis: Ich will dich erretten, und du wirst mich verherrlichen!“ Drei Dinge sind es, die er hier sagt: (1) Du erkennst, dass Du in einer großen Not, einem „Tag der Bedrängnis“, steckst. Du wendest Dich im Glauben an Gott und rufst zu Ihm in der Not. Das ist das Beste, was Du tun kannst. Und dann folgt (2): Gott sagt: „Ich will dich erretten!“ Er will es! Glaubst Du dies? Ja, wir werden aus manch großer Not gerettet, vor allem aus der größten Not des Menschen: dass Gottes Zorn wegen unserer Sünden über uns schwebt und das ewige Verderben auf uns wartet. Viele von uns haben daher zum Herrn gerufen und Er hat uns gerettet. Aber wie sieht es dann mit dem Punkt (3) aus: „Und du wirst mich verherrlichen“?

Das ist das Ziel aller Bedrängnisse, die wir hier auf Erden erleben: Wir sollen unsere Not erkennen, zugeben und Gott um Rettung anrufen – und dann nicht stehenbleiben, sondern im Glauben Gott aus ganzem Herzen danken und Ihn im Lob erheben.

Wer weiß, von was er gerettet wurde, kann nicht anders, als den Retter anzubeten

Vor ca. 300 Jahren (1726) schrieb Johann Sebastian Bach eine Kirchenmusik für den 14. Sonntag nach Trinitatis (22.09.1726), und zwar die Kantate „Wer Dank opfert, der preist mich“ (BWV 17). Zur Lesung an jenem Sonntag im Kirchenjahr gehörte die Begebenheit in Lukas 17,11–19, die Heilung der 10 Aussätzigen. Der Herr Jesus hatte alle 10 geheilt, aber nur einer war zurückgekommen:

Einer aber von ihnen, als er sah, dass er geheilt war, kehrte zurück und verherrlichte Gott mit lauter Stimme; und er fiel aufs Angesicht zu seinen Füßen und dankte ihm; und er war ein Samariter. 
Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn gereinigt worden? Wo sind aber die neun? Sind keine gefunden worden, die zurückkehrten, um Gott Ehre zu geben, außer diesem Fremden? Und er sprach zu ihm: Steh auf und geh hin; dein Glaube hat dich gerettet.“ (Lukas 17,15-19). 

Diese 10 Männer hatten alle Aussatz, vielleicht Lepra. Aussatz ist eine schlimme Krankheit. Aussätzige waren gesellschaftsunfähigin beständiger Quarantäne, da ihre Krankheit ansteckend und tödlich war, ihr Leib verfaulte nach und nach, der Tod kam in Raten, aber er kam sicher. Sie mussten „Unrein, unrein!“ ausrufen, wenn andere Menschen ihnen begegneten, damit diese einen großen Bogen um sie machen konnten. „Social distancing“ gab es auch damals schon! Es gab keine Medizin dagegen. Ihr Fall war hoffnungslos

Aber dann kam der Herr Jesus und heilte die Zehn. Von dieser Seuche geheilt zu werden, war das größte Glück. Aber nur einer kommt zurück. Warum nur einer? Und dann auch noch ein von den Juden verachteter Samaritaner? Vers 19 deutet es an: Er hatte Glauben. Es ging nämlich nicht nur um diese schreckliche äußerliche Krankheit, es ging um die viel schrecklichere innere Krankheit jedes Menschen: die Sünde. Auch die macht gesellschaftsunfähig, ist ansteckend und bringt uns Stück um Stück unausweichlich in den ewigen Tod.

Der Herr Jesus reinigte diese 10 Aussätzigen und so wurden sie geheilt. Einer von Ihnen geht zum Retter zurück. Wir lesen: Er „verherrlichte Gott mit lauter Stimme“, „er fiel aufs Angesicht zu seinen [Jesu] Füßen und dankte ihm“. Der Herr Jesus sagt, was das bedeutete: Er hatte Gott Ehre gegeben, Ihn auf den Knien verehrt, d. h.: angebetet. Ein von der Sünde Geretteter kann gar nicht anders, als vor seinem Retter auf die Knie zu fallen und ihm Lobpreis, Dank und Anbetung zu bringen. Es ist unsere ewige Pflicht und unserer äußerstes Vergnügen, dies als Glaubende und Gerettete miteinander tun zu dürfen!

Im zweiten Teil der erwähnten Bachschen Kantate für den gemeinsamen Gottesdienst singt der Tenor von allen Streichern unterstützt eine dreiteilige Aria mit folgendem Text:

Welch Übermaß der Güte / Schenkst du mir!
Doch was gibt mein Gemüte / Dir dafür?
Herr, ich weiß sonst nichts zu bringen, 
Als dir Dank und Lob zu singen.

Nie soll der Dank, das Lob und die Verherrlichung Gottes in den Häusern und Versammlungsstätten der an Christus Glaubenden verarmen oder verstummen! Nie soll er an zweite oder dritte Stelle zurückgedrängt werden! Lasst uns mit frisch gereinigten und wohl gestimmten Herzen miteinander Gott dieses Opfer unserer Lippen geben, das Er verdient hat (Hebräer 13,15; vgl. Hosea 14,(2)3; Psalm 107,1.8.15.21f.31f; 116,17).

Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen,
das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. (Hebräer 13,15)

Ihm danken wir, Ihn erheben wir! Mit Blick auf den Herrn Jesus, unseren großen Herrn und Retter, lasst uns miteinander wie Paulus beten:

Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe! (2. Korinther 9,15).

Das muss man besingen!

Ach, wer kann Dich würdig loben,
Großer Gott von Ewigkeit!
Was auf Erden und was droben,
Zeugt von Deiner Gütigkeit.
Du, Du bist des Lobes wert;
Selig, wer Dich preist und ehrt!

Wer kann Deine Lieb‘ ergründen,
Deine Gnade, Deine Huld!
Gabst den Sohn für unsre Sünden,
Sprachst uns frei von aller Schuld.
Du, Du bist des Lobes wert;
Selig, wer Dich preist und ehrt!

Wer kann Deine Größe nennen
Und Dein Wundertun verstehn!
Wer kann, wie Du bist, Dich kennen
Und in Deine Tiefen sehn!
Ja, Du bist des Lobes wert;
Selig, wer Dich preist und ehrt!

(Autor unbekannt)


[1] Martin E. P. Seligman (*1942) lehrt an der University of Pennsylvania, Philadelphia. Seine Forschungsschwerpunkte sind Depression, Optimismus, Positive Psychologie. Vgl. auch: Harvard Health Publishing (Harvard Medical School): Giving thanks can make you happier (14. August 2021) [20.12.0223].

Gottes Sohn wird Mensch – Krippe, Kreuz und Krone Christi

Als die Menschwerdung des Sohnes Gottes angekündigt wurde, war immer die Rede davon, dass er der Retter seines Volkes von ihren Sünden ist (Lukas 2,10). Das Kreuz hing von Anfang an über seinem ersten Kommen. Und so kam er in Niedrigkeit (Krippe) und Selbstentäußerung und ging bis in die Nacht des Kreuzes auf Golgatha (Philipper 2,5–8). Aber die gleichen prophetischen Schriften reden auch davon, dass dieser menschgewordene Sohn Gottes eines Tages zum zweiten Mal kommen wird, diesmal mit der Krone des obersten Königs und mit unbeschränkter Macht (Philipper 2,9–11; Offenbarung 19,11–16).

Der berühmte niederländische Maler Rogier van der Weyden (1399–1464), der vielen Kollegen seiner Zeit und Nachwelt Material geliefert hat, hat die Verbindung von Krippe und Kreuz geheimnisvoll in die Mitteltafel seines Altarbilds in der Kölner Kirche St. Columba (um 1455) integriert. Die Mitteltafel stellt die Anbetung des Kindes durch die „Heiligen Drei Könige“ dar, die beiden Altarflügel umrahmen diese Szene mit der Verkündigung Marias und der Darbringung Jesu im Tempel. Beide Ereignisse erwähnen die Sendung Jesu als Erretter/Heiland (im Magnifikat Marias: Lukas 2,47; im Lobpreis Simeons: Lukas 2,29–32). Oben über dem Kind steht symbolhaft die Kreuzigung des Heiland-Gottes an der zentralen Säule seines Geburtsortes, unten werden dem Kind königliche Huldigungsgeschenke zuteil. Wir sehen in einem Bild Krippe, Kreuz und Krone.

Das Werk Rogiers ist heute in der Alten Pinakothek in München (Inv. Nr. WAF 1189) anzusehen (Öl auf Eichenholz, ca. 140 cm x 153 cm).

Die selbe Verbindung zieht 70 Jahre später der venezianische Maler der Hochrenaissance Lorenzo Lotto (c. 1480–1556/7) mit seinem Bild Christi Geburt (1523). Das Ölgemälde (46 cm x 36 cm) ist in der National Gallery of Art in Washington, DC  (USA) zu sehen (Accession No. 1939.1.288). Es trägt unten rechts die Signatur „L. Lotus. / 1523“.

Der italienische Barock-Maler Guido Reni (1575–1642; auch: Guidus Renus) lässt in seinem Bild Jesukind auf dem Kreuz schlafend das sanft ruhende Baby auf einem Kreuz liegen, wie auf einem Opferaltar, und erzeugt damit eine eigenartige Spannung, die den Betrachter zum Nachdenken herausfordert (43 cm x 33 cm; Öl auf Eichenholztafel).

Viel später adoptierte der britische Maler William Blake (1757–1827) das Motiv mit seinem Bild The Christ Child Asleep on the Cross (Our Lady Adoring the Infant Jesus Asleep on the Cross), das im Victoria and Albert Museum in London zu sehen ist (ca. 1799–1800; 27 cm x 39 cm; Tempera auf Leinwand).

Auch andere Artisten haben dieses Motiv aufgegriffen.

  • Bartolomé Esteban Murillo (1618–1682) Barockmaler aus Spaniens Goldener Zeit: El Niño Jesús dormido sobre la cruz.
    Bild 1 (um 1660; Fairfax House, Castlegate, York, North Yorkshire, England)
    Bild 2 (Museo del Prado, Madrid, mit Totenschädel
    Bild 3 (Museums Sheffield)
    Bild 4 (Louvre Paris; ca. 1670)
  • Mary Baker (aktiv 1842–1860) hat eines der Bilder Murillos in Öl auf Leinwand nachgemalt (Victoria and Albert Museum, London, ca. 1858), der rechte Arm des Kindes ruht auf einem Totenschädel.

Johann Adam Bernhard Ritter von Bartsch (1757–1821), österreichischer Künstler und Begründer der systematisch-kritischen Graphikwissenschaft, hat das Bild von Reni (s. o.) in einem Stich nachempfunden (12 cm x 15 cm; ca. 1780–1821) (Metropolitan Museum of Art, The Met Fifth Avenue, New York, NY). Neben seinem monumentalen wissenschaftlichen Werk hinterließ Bartsch auch ein künstlerisches Œuvre von ca. 600 Blatt, dabei auch Reproduktionen von Zeichnungen alter Meister. – Andere Quellen schreiben dieses Werk dem deutschen Künstler Johann Gottfried Bartsch (aktiv 1670–1690) zu.

Adam von Bartsch (Austrian, Vienna 1757–1821 Vienna) The Christ Child sleeping on a cross in a landscape, after Reni, ca. 1780-1821 Austrian, Engraving; Sheet (Trimmed): 4 13/16 × 5 13/16 in. (12.3 × 14.8 cm) The Metropolitan Museum of Art, New York, The Elisha Whittelsey Collection, The Elisha Whittelsey Fund, 1951 (51.501.4425) http://www.metmuseum.org/Collections/search-the-collections/668282
Der Schriftzug rechts unten lautet: »ego dormio et cor meum vigilat« (Ich schlafe und mein Herz ist wach) aus dem Hohelied Salomos 5,2 (ELBCSV): „Ich schlief, aber mein Herz wachte“, was vielfach auch vertont wurde (Heinrich Schütz, Philipp Dulichius, Claudio Monteverdi, Francesco Bianciardi, Tiburtio Massaino u. a.).