Schönheit – Eine biblische Besinnung

Wir leben in einer Welt, die von Bildern, Filmen und äußerem Glanz bestimmt ist. Werbung, soziale Medien, Mode, sogar manche Kirchenveranstaltungen, folgen einem klaren Trend: Schön ist, was sichtbar beeindruckt. Wir leben in einer Augenkultur. Das Bild erschlägt das Wort (Wolfgang Zöller, 1986). Wer das Auge lenken kann, kann auch die Gedanken lenken, Gefühle erzeugen, Entscheidungen beeinflussen, Menschen manipulieren. 

Die Frage in dieser kurzen Besinnung soll aber vor allem positiv sein: Was ist eigentlich Schönheit in Gottes AugenGibt es eine biblische Lehre von der Schönheit? Und woran orientiert sich unser eigenes Denken und Empfinden, wenn es um das Schöne geht? Es geht hier nicht um eine Abrechnung mit äußerlicher Schönheit, gar eine rein moralisierende Betrachtung. Dazu ist an anderer Stelle manches gesagt worden. Auch die Heilige Schrift hat viel Praktisches hierzu zu sagen, was Väter und Mütter ihren Söhnen und Töchtern erziehend zu vermitteln haben. Vielmehr geht es hier darum, die biblische Sicht auf Schönheit zu entdecken – eine Sicht, die tiefer geht, als das Auge reicht, und gleichzeitig für das Gotteskind erhebender ist. Wir dürfen erkennen, wie wunderbar und herrlich unser Gott ist, und wie die Gotteskinder diese wahre Schönheit widerspiegeln dürfen. Die angegebenen Bibelstellen können dem Leser als Wanderführer für eine erste Erforschung dieses Themas in der Bibel dienen.

1 Die Quelle aller Schönheit: Gott selbst

Leitverse: Psalm 27,4; Psalm 96,6; Jesaja 33,17; 1. Chronika 16,29

Gott selbst ist die Quelle aller wahren Schönheit. Seine Heiligkeit, seine Majestät, seine Gnade – das alles ist von unbeschreiblicher Herrlichkeit und Schönheit. Die Bibel spricht immer wieder davon, dass Gott »herrlich« ist. Herrlichkeit und Schönheit gehören zusammen.

Schönheit ist bei Gott keine oberflächliche Eigenschaft, sondern Ausdruck seiner Vollkommenheit. Wenn wir also nach wahrer Schönheit suchen, müssen wir bei Gott anfangen. Er ist die Quelle aller wahren Schönheit (diese Aussage ist analytisch wahr). Er ist intrinsisch schön, aber Er verkörpert Schönheit auch in seinem Sohn und in allen seinen Werken.

2 Die Schönheit der Schöpfung – Spiegel seiner Herrlichkeit

Leitverse: 1. Mose 1,31; Psalm 19,2; Prediger 3,11; Römer 1,20

Die Schöpfung ist wunderschön. Vom Sternenhimmel bis zum Detail einer Blume erkennen wir etwas von Gottes kreativer Kraft. Die Bibel nennt dies »das Unsichtbare von ihm«, das »von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen« wird (Römer 1,20).

Doch die Schönheit der Natur ist nicht Selbstzweck. Sie verweist auf den Schöpfer. Sie ruft zur Anbetung.

Frage an uns: Welche Haltung haben wir gegenüber Kunst, Natur, Musik? Sehen wir im Schönen den Hinweis auf den Herrlichen? Führt es uns zur Anbetung Gottes? Oder bleiben wir bei der Form stehen und vergessen den Urheber?

3 Der Mensch als Abbild Gottes: Schönheit im Ebenbild

Leitverse: 1. Mose 1,26–27; Psalm 139,14; 1. Samuel 16,7; Sprüche 31,30

Der Mensch wurde als Abbild Gottes geschaffen. Das heißt: Der Mensch ist Träger einer von Gott gegebenen Würde und Schönheit.

Aber – und das ist entscheidend – Gott sieht tiefer: Er sieht ins Zentrum der Persönlichkeit, ins Herz. »Denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber Jahwe sieht auf das Herz«. Die Quelle wahrer Schönheit ist unter der Haut.

Innere Schönheit ist bei Gott entscheidend. Charakter, Frucht des Geistes, Heiligkeit, Gottesfurcht – das sind die Elemente wahrer Schönheit.

Wie oft lassen wir uns von äußerer Erscheinung beeinflussen? Und wie oft vergessen wir, das Herz zu sehen?

4 Die verzerrte Schönheit durch die Sünde

Leitverse: Hesekiel 28,12–17; Jesaja 3,16–24; Römer 1,23-25

Sünde hat unsere Sicht auf Schönheit pervertiert. Luzifer, vom dem letztlich in Hesekiel 28 geredet wird, war ursprünglich »vollkommen an Schönheit« (Hes 28,12), doch sein Stolz (»Dein Herz hat sich erhoben wegen deiner Schönheit«) führte zur Selbstvergottung und damit zum endgültigen Fall. Statt Schönheit als Geschenk zu bewahren, sie als Motiv zur Anbetung des Gebers dieser Schönheit zu verwenden, machte er sie zum Werkzeug der Erhebung und Verführung anderer.

Auch wir Menschen haben die Herrlichkeit Gottes vertauscht gegen Abbilder (Götzen, Ersatzgötter, Surrogate), gegen äußeren (= hohlen, eitlen) Glanz, gegen Selbstvergottung (das ist der Kern der Ursünde).

Wenn Schönheit zur Selbstinszenierung wird, statt zur Anbetung Gottes zu führen, wird sie zum Götzen. Da diese Perversion (Umkehrung) die Herrlichkeit Gottes herabsetzt, wird der Selbstverliebte unausweichlich zum Götzendiener, dem unerlöst ewiges Gericht seitens Gottes sicher ist. Nur in der gnädigen Erlösung durch Jesus Christus wird ein Mensch wieder wahrhaft schön.

Herzensfrage: Wo haben wir Schönheit von Gott gelöst und ihr einen selbstsüchtigen (=sündigen!) Zweck gegeben?

5 Die wahre Schönheit in Christus

Leitverse: Jesaja 53,2–3; Hebräer 1,3; 2. Korinther 4,6

Jesus war nicht äußerlich schön, er war die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes. In ihm erstrahlt die höchste Schönheit, die Schönheit Gottes in Gnade, Wahrheit, Liebe, Demut, Gehorsam, Gerechtigkeit und Heiligkeit. Gott-Vater bezeugte: »Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.« (Mt 3,17; vgl. Mt 12,18; 17,5).

Im Kreuz Christi sehen wir hässlichste Grausamkeit und gleichzeitig höchste Herrlichkeit. Das Kreuz ist der Wendepunkt unserer Sicht: Christus macht hässlich Gewordenes und Gemeintes zum Wendepunkt und führt es zum Siegesglanz. Er macht alles neu (2Kor 5,17; Offb 21,5), er macht alles wieder schön.

Lernen wir, wahre Schönheit in Christus zu finden und an Christus zu messen – nicht an äußeren Maßstäben.

Schönster Herr Jesus, / Herrscher aller Enden,
Gottes und Marien Sohn!
Dich will ich lieben, 
Dich will ich ehren,
Du meiner Seele Freud und Kron!

Alle die Schönheit / Himmels und der Erden
ist gefasst in Dir allein. 
Nichts soll auf Erden
lieber mir werden,
als Du, Herr Jesus Christe mein.

(Autor unbekannt, aus dem 12. Jhdt.)

6 Die Schönheit im Leben der Gläubigen

Leitverse: 1. Petrus 3,3-4; Galater 5,22–23; Titus 2,10

Der Heilige Geist bewirkt in uns eine Schönheit, die von innen kommt, die ganzheitlich ist, uns immer mehr durchdringt: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung – das ist wahrlich himmlische Anziehungskraft.

Auch eine christliche Gemeinde wird nicht durch äußeres Design von Gebäude und Einrichtung schön, sondern durch Heiligkeit, Wahrhaftigkeit, Demut und Liebe der Erlösten.

Lasst uns nach jener Schönheit streben, die Gott gefällt. Diese bleibt.

7 Die ewige Schönheit in Gottes neuer Welt

Leitverse: Offenbarung 21,2.11; Psalm 50,2

Die Gemeinde Gottes erscheint als geschmückte Braut ihres Herrn Jesus Christus. Das neue Jerusalem strahlt in unbeschreiblicher Schönheit. Alles Wertvolle und Glänzende muss zur Vermittlung des Unvergleichlichen herhalten.

Das ist unser Ziel: Schön gemacht durch Christus, vollendet in der Herrlichkeit Gottes. Dort wird alles, was jetzt zerbricht, entstellt oder vergeht, vollkommen schön sein.

Unsere Sehnsucht nach Schönheit findet ihre Erfüllung bei ihm.

8 Schlussgedanken und Anwendung

Fragen wir ganz persönlich:

  • Woran orientierst Du dein Verständnis von Schönheit?
  • Welche Schönheit strebst Du an?
  • Führt Dich Schönheit in Schöpfung und Kunst zur Anbetung Gottes?
  • Welche Schönheit realisierst Du in deiner Familie, deiner Gemeinde, deinem (Gottes-) Dienst?

Möge Gott unsere Augen schärfen und unsere Ästhetik (Schönheitsempfinden) so verändern, dass wir Schönheit so sehen wie Er.

9 Ideen für weitere Überlegungen

Die Gehirnforschung hat uns vermittelt, dass jeder Mensch im Gehirn vernetzte Bereiche (vor allem orbitofrontaler und frontaler Kortex) bekommen hat , die sich dem logisch-faktischen Wahren (wahr, falsch, sowie abstrakte Regeln), dem ethisch Richtigen (richtig, verwerflich) und ästhetisch Schönen (schön, hässlich) widmen. So ist dem (gereiften) Menschen möglich, wertgeleitetet zu handeln (anstatt kurzfristigen Bedürfnisse direkt zu folgen und sie zu befriedigen, werden vielmehr langfristige Ziele verfolgt). Gott hat den Mensch »in seinem Bilde« offenbar so angelegt und begabt, dass er kein rein instinkt- oder lustgesteuertes Tier ist, sondern ein auf Gott und Gottes Schönheit ausgerichtetes Wesen ist (sein sollte). »Alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit; auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt, ohne dass der Mensch das Werk, das Gott gewirkt hat, von Anfang bis Ende zu erfassen vermag.« (Prediger 3,11).

Das alles hat wichtige Implikationen für Erziehung, persönliche Reifung und charakterliche Bildung, letztlich für das Menschsein. Aber es hat auch für den Glauben und das Glaubensgut wichtigste Implikationen. Die Schrift sagt viel zu diesen drei o.g. elementaren Bereichen, auch bezüglich der wahren Anbetung Gottes. Alle diese Dinge haben bei Gott ihre Quelle, sind Gottes Wesen eigen. Wir verehren Gott nur recht mit dem, das wahr, richtig und schön ist. Darauf sollten wir anhand der Offenbarung Gottes in Schöpfung und Gottes Wort sorgfältig achten.

Aber Achtung, man kann auch hier auf beiden Seiten vom Pferd fallen. Beachten wir: Das „Äußerliche“ ist weder das Wesentliche noch das (in platonischer Verirrung) zu Vernachlässigende. Das Schöne ist weder zu vergotten noch zu verteufeln.