Soli Deo Gloria

Soli Deo Gloria

Allein zu Deiner Ehre hast Du die Welt gemacht,
zum Lobpreis Deiner Herrlichkeit Dir jeden Teil erdacht.
Allein um Deine Ehre, allein um Deinen Ruhm
dreht sich all dein Handeln, dreht sich all Dein Tun.

Allein Deine Ehre, Deine Herrlichkeit,
ist, was wir suchen wollen, schon jetzt in dieser Zeit.
Nimm Du unsre Herzen, reiß sie zu Dir empor,
dass unser Leben Dich verherrlicht mehr als je zuvor.
Soli Deo Gloria!

Allein zu Deiner Ehre hast Du uns, Herr, erlöst,
durch Christi Tod und Auferstehn uns mit Dir selbst versöhnt.
Zum Lobpreis Deiner Gnade und Barmherzigkeit
hast Du uns vorherbestimmt in Ihm vor aller Zeit.

Allein zu Deiner Ehre soll unser Leben sein,
ein Opfer, das Dir wohlgefällt, durch das Dein Wesen scheint.
Allein um Deine Ehre, allein um Deinen Ruhm,
soll sich unser Denken drehn, Fühlen und auch Tun.

© Rudolf Tissen (2016) | zitiert nach: Einklang (2. Aufl., Bielefeld: CLV, 2019), Nr. 235.

Bildquelle: Johann Michael Funcke, Buchschmuck (de.wikipedia.org)

Schlafen und Leben | Eine kurze Besinnung zur Theologie des Schlafens

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, müssen alle Lebewesen schlafen. Manchen sieht man es nicht an: Fische schließen im Schlaf keine Augenlider, Zugvögel fliegen im Schlaf weiter: Mauersegler ununterbrochen bis 300 Tage, in denen sie jedoch wiederholt zehnsekundige Tiefschlafphasen durchlaufen. Delfine, Enten und Flamingos „schlafen“ nur mit einer Gehirnhälfte, die andere bleibt währenddessen wach. Andere Tiere hingegen scheinen immer zu schlafen: Der Koala schläft bis zu 22 Stunden pro Tag, das ist mehr als doppelt so viel, wie das sprichwörtliche Faultier im Urwald. Konkurrenz als Schlafweltmeister bietet der Siebenschläfer, der große Teile des Herbstes, den Winter und sogar den Frühling verschläft.

Wir Menschen brauchen unverzichtbar und in der Regel täglich Schlaf: Rund ein Drittel unserer Lebenszeit schlafen wir. Tun wir das eine Weile nicht, geschehen seltsame Dinge in unserem Körper, unserer Seele, unserem Geist – üble, gefährliche, krankmachende Dinge. Schlafentzug ist unmenschlich, ist Misshandlung und wird tatsächlich als Teil von Folter- und Brain Washing-Methoden (Mind Control, Mentizid, psychologische Manipulation) angewandt. Aber auch in der Burn-Out-Kultur der Erfolgssüchtigen und Gestressten führt dies immer wieder zu entsprechenden tragischen Folgen. (Dass man es aus Faulheit mit dem Schlafen und Schlummern auch übertreiben kann, soll hier nicht vertieft werden; siehe dazu Sprüche Salomons 6,6–11; 10,4–5; 23,19–21; 24,32-34.)

Ausreichender Schlaf gehört also zum gesunden Menschsein, wie Essen und Trinken, Arbeiten und Bewegen. Der Körper fährt im Schlaf hormongesteuert (und dies wiederum naturlichtgesteuert) Reparaturarbeiten, Erregerbekämpfung und Energiespeicherung hoch, damit in der folgenden Wach- und Aktivzeit wieder genügend Kraft, Motivation und Energie vorhanden sind. Vereinfacht gesagt kann man beobachten: Wer zu wenig schläft, begeht mehr Unfälle, fällt häufiger falsche Entscheidungen (daher: „Erst einmal drüber schlafen!“), bekommt eher Infektionen und sogar Krebs. Präsident Bill Clinton sagte einmal, dass jeder größere Fehler, den er machte, mit Schlafmangel einherging. Das sollte uns ausreichend warnen und zum Nachdenken bringen.

Schlaf und Glaube

Unser regelmäßig wiederkehrendes Schlafbegehren erinnert uns daran, dass wir begrenzte Kräfte haben – im Körper, in der Seele, im Geist. Es erinnert uns täglich, dass wir Geschöpfe sind, begrenzte Wesen – und nicht Gott. So zu tun, zu leben oder anzustreben, als brauche man (fast) keinen Schlaf, ist damit ein weiterer zum Scheitern verdammter Versuch der Selbstvergottung, »zu sein wie Gott« (vgl. 1Mose 3,5). Denn der Schöpfer-Gott hat nie Bedarf für Schlummer oder Schlaf, er ist nie müde, er ermüdet niemals, er lebt aus sich selbst, versehen mit unbegrenzter Kraft und unerschöpflicher Energie:

Weißt du es nicht? Oder hast du es nicht gehört? Ein ewiger Gott ist Jahwe, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand. (Jesaja 40,28)

Daher darf der Glaubende sich mit Ruhe und Entspanntheit niederlegen, seine Augen schließen und alle (noch) ungelösten Probleme an Den abgeben, der sowieso beständig über ihm wacht:

Siehe, der Hüter Israels, er schlummert nicht und schläft nicht. (Psalm 121,4)

Der Glaubende hat eine einfache, biblische, praktisch wirksame »Theologie des Schlafens«:

Ich legte mich nieder und schlief. Ich erwachte, denn Jahwe stützt mich. (Psalm 3,6)

In Frieden werde ich sowohl mich niederlegen als auch schlafen; 
denn du, Jahwe, allein lässt mich in Sicherheit wohnen. (Psalm 4,9)

Bei allem Fleiß am Tag, aller Arbeit und allem Mühen, weiß der Glaubende, dass Arbeit nicht alles ist, dass Erfolg mit Abmühen nicht beliebig vermehrbar ist, sondern dass es vielmehr um den Segen des Herrn geht:

Vergeblich ist es für euch, dass ihr früh aufsteht, spät aufbleibt, das Brot der Mühsal esst; so gibt er seinem Geliebten im Schlaf. (Psalm 127,2)

Schlaf und Zweifel

Besonders gefährliche Wirkungen erzeugt Schlafmangel in unserem Denken, Fühlen und Glauben. In einem Kapitel über Zweifel (dort speziell an der Auferstehung Jesu, Johannes 20,24–31) nennt D. A. Carson mehrere Ursachen für Zweifel. Als fünfte Ursache nennt er Schlafentzug:

»Zweifel können auch durch Schlafentzug begünstigt werden. Wer beständig mit seiner Gesundheit Raubbau betreibt, verfällt früher oder später immer mehr in Zynismus – und die Grenze zwischen Zynismus und Zweifel ist sehr schmal. Natürlich benötigt jeder Mensch eine unterschiedliche Menge Schlaf. Manche kommen mit ein wenig Müdigkeit besser zurecht als andere. Wenn Sie jedoch zu den Menschen gehören, die bei Schlafmangel böse, zynisch oder sogar voller Zweifel werden, dann sind Sie moralisch verpflichtet, sich um den nötigen Schlaf zu bemühen. Wir sind ganzheitliche, komplizierte Wesen: Unser körperlicher Zustand ist an unser geistliches Wohlbefinden, an unsere geistige Einstellung, an unsere Beziehungen zu anderen, einschließlich unserer Beziehung zu Gott, gebunden. Manchmal ist das Gottseligste, was man überhaupt tun kann, gut zu schlafen – nicht, um die ganze Nacht zu beten, sondern um zu schlafen. Ich bestreite bestimmt nicht, dass es Gelegenheiten gibt, wo man eine Nacht hindurch betet. Ich möchte nur betonen, dass es zu den guten geistlichen Disziplinen gehört, seinem Körper jene Menge Schlaf zu geben, die er braucht.«

D. A. Carson, Scandalous: The Cross and Resurrection of Jesus (Wheaton, IL: Crossway, 2010), S. 147. (eig. Übers. von grace@logikos.club, 2023; Fettdruck hinzugefügt)

Jeder Mensch braucht für seine ganzheitliche Gesundheit von Körper, Seele und Geist genügend Schlaf – und er braucht diesen offenbar auch für ein gesundes Glaubensleben. Schlafen ist daher (wie bei so vielen Dingen des Glaubens) zugleich moralische Pflicht und süßes Gnadengeschenk Gottes.

Daher, um Gottes Willen: Schlafen Sie gut!

Christus, das Licht der Welt

Bibelarbeit zur Motivation und Förderung der Anbetung und Evangelisation. Advent 2010.

Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis 
wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben
.

Johannes-Evangelium 8,12

Die Situation aller Menschen von Geburt an

  • Wir leben in einer dunklen Welt, verfinstert durch den langen Schatten und die Nacht der Sünde. 
  • Aber die Finsternis in unserer Welt ist nicht nur extern, sondern intern: der Mensch ohne Christus ist geistlich blind, eine große Finsternis erfüllt seine Leere, und seine Taten sind „unfruchtbare Werke der Finsternis“ (Epheser 5,11).
  • Die Bibel beschreibt Sünder als solche, „die da verlassen die geraden Pfade, um auf finsteren Wegen zu gehen“ (Sprüche 2,13). Entsprechend ist „der Weg der Gottlosen wie das Dunkel; sie erkennen nicht, worüber sie stürzen“ (Sprüche 4,19), „der Tor geht in der Finsternis“ (Prediger 2,14). „Wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an.“ (Johannes 12,35). 
  • Für diesen Weg sind sie nicht zu entschuldigen, „weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde“ (Römer 1,21). Sie sind „verfinstert am Verstand, fremd dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens“ (Epheser 4,18). 

Christus, das Licht der Welt, kommt in unsere Dunkelheit

  • In diese von der Sünde verfinsterte und geistlich tote Welt kommt Jesus Christus als „das Licht der Menschen“ (Johannes 1,4) und „scheint in der Finsternis“ (Johannes 1,5). Er ist „das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet [in das Licht stellt]“ (Johannes 1,9). 
  • Schon als neugeborenes Kind wird Er von Simeon als „ein Licht zur Offenbarung für die Nationen und zur Herrlichkeit deines Volkes Israel“ (Lukas 2,32) bezeichnet.
  • Matthäus beschreibt später Christi Dienst in der Gegend von Galiläa so: „damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesaja geredet worden ist, der sagt:»Land Sebulon und Land Naftali, gegen den See hin, jenseits des Jordan, Galiläa der Nationen: Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen, und denen, die im Land und Schatten des Todes saßen, ist Licht aufgegangen.«“ (Matthäus 4,14–16).
  • Christus ist das Licht der Welt; das sagte Er (Sein Wort) selbst mehrfach.
    • „Ich bin das Licht der Welt.“ (Johannes 8,12)
    • „Dies aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist.“ (Johannes 3,19)
    • „Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.“ (Johannes 9,5)
    • „Er wurde vor ihnen umgestaltet. Und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß wie das Licht“ (Matthäus 17,2)
    • „Da sprach Jesus zu ihnen: Noch eine kleine Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, während ihr das Licht habt, damit nicht Finsternis euch ergreife! Und wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Während ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichtes werdet!“ (Johannes 12,35–36)
    • „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“ (Johannes 12,46)
  • Als das Licht der Welt erweist sich Jesus Christus als der wahre Gott: „Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist.“ (1Johannes 1,5).
  • Weil die Auserwählten ausnahmslos in der Finsternis gebunden waren, musste Christus dorthin gehen, um sie herauszuretten. Wie ein wehrloses, stummes Lamm (Jesaja 53,3–7) erlebte er die finstere Gewalt der religiösen, bösen Menschen: „dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis“ (Lukas 22,53). Aber viel schlimmer als die Bosheit des Menschen: Christus hing am Kreuz vor Gott mit den Sünden aller Gläubigen beladen (1Petrus 2,24) und erlitt als ihr Stellvertreter die Finsternis des Gottesgerichts und die Gottesferne der Strafe, die diese verdient hatten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,45–46). „Der Ewige lies ihn treffen unser aller Schuld“ (Jesaja 53,6). Jesus Christus war in der Finsternis, damit die Erlösten ins Licht können: „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“ (2Korinther 5,21). 
  • Christus musste nach den Voraussagen der AT-lichen Propheten und Moses leiden, aber sollte nach dem Todesleiden auch wieder auferstehen, um „als Erster durch Totenauferstehung Licht verkündigen, sowohl dem Volk als auch den Nationen“ (Apostelgeschichte 26,23)

Die Reaktion und Zukunft derer, die verloren gehen

  • Man würde erwarten, dass jeder der blinden, verfinsterten Menschen, die hoffnungslos in der Finsternis sitzen, zu Jesus Christus, dem Licht der Welt, kommt und um Wegnahme von Finsternis und Blindheit bittet. Es ist aber nicht so, und das hat einen Grund: „Die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Arges tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden“ (Johannes 3,19).
  • Die Ungläubigen lehnen den allein wahren Gott, der allein das Licht ist und geben kann, ab. Was bleibt dann als Alternative? Die Blindheit und Finsternis und der Träger derselben, Satan! Sie sind solche, „bei denen der Gott dieser Welt  [=Satan] den Sinn verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus, der Gottes Bild ist, nicht sehen.“ (2Korinther 4,4). 
  • Wer meint, seinen Weg alleine und selbstgerecht gehen zu können, weiß nicht, dass Satan und das Heer seiner abgefallenen Engel „Gewalten [sind], … Mächte, … Weltbeherrscher dieser Finsternis, … geistige Mächte der Bosheit in der Himmelswelt“ (Epheser 6,12 ). Gegen sie kann der Mensch nicht bestehen ohne Gottes Schutz. Viele wollen das gar nicht.
  • Als „Vater der Lüge“ und „Menschenmörder“ lockt Satan suchende Menschen vom wahren Licht weg in sein Irrlicht. Dazu bedient er sich vieler Verführer, die als religiöse, fromme Menschen, als Gesandte der Kirche, auftreten: „Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen. Und kein Wunder, denn der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an; es ist daher nichts Großes, wenn auch seine Diener die Gestalt von Dienern der Gerechtigkeitannehmen; und ihr Ende wird ihren Werken entsprechen.“ (2Korinther 11,13–15) Wer Gott als Retter ablehnt, wer Gottes Licht im Evangelium verwirft, dem bleibt nur das Irrlicht, der Irrglaube und dann das Gericht.
  • „Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren für den Tag des Gerichts, wenn sie bestraft werden.“ „Ihnen ist das Dunkel der Finsternis aufbewahrt.“ (2Petrus 2,9.17). Sie „werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis: da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (Matthäus 8,12; vgl. Matthäus 22,13; 25,30).Wer kann solchen Schrecken wollen?
  • Dieses „Dunkel der Finsternis“ ist ihnen „in Ewigkeit aufbewahrt“ (Judas 13), ohne Ende, ohne Erlösung, ohne Licht. „Und die Stimme der Harfensänger und Musiker und Flötenspieler und Trompeter wird nie mehr in dir gehört und nie mehr ein Künstler irgendeiner Kunst in dir gefunden und das Geräusch des Mühlsteins nie mehr in dir gehört werden, und das Licht einer Lampe wird nie mehr in dir scheinen und die Stimme von Bräutigam und Braut nie mehr in dir gehört werden…“ (Offenbarung 18,22–23)

Das Werk Gottes an denen, die errettet werden

  • Gott sandte das Evangelium durch seinen Sohn, „durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, der den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unvergänglichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“ (2Timotheus 1,10).
  • Gott sendet auch heute noch Prediger des Evangeliums zu allen Menschen, um „ihre Augen zu öffnen, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an [Gott] geheiligt sind“ (Apostelgeschichte 26,18). Sie sehen das wahre Licht durch Gottes Wirken in Jesus Christus: „Denn Gott, der gesagt hat: Aus Finsternis wird Licht leuchten! er <ist es>, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.“ (2Korinther 4,6).
  • Gott ist es, der „uns errettet hat aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kolosser 1,13). Durch Gottes Handeln wird wahr, dass die Gläubigen „Söhne des Lichtes und Söhne des Tages“ sind, „wir gehören nicht [länger mehr] der Nacht und nicht der Finsternis“ (1Thessalonicher 5,5), sondern zur Familie des „Vaters der Lichter“ (Jakobus 1,17). Durch Gottes Ruf sind die Gläubigen „ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat“ (1Petrus 2,9).
  • Diese gläubig gewordenen Menschen kennen nicht nur ein erschreckendes Einst, sondern in Jesus auch ein ganz anderes, beglückendes Jetzt: „Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn.“ (Epheser 5,8).
  • Solche Gläubigen wandeln „als Kinder des Lichts– denn die Frucht des Lichts besteht in lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“ indem sie „prüfen, was dem Herrn wohlgefällig ist.“ (Epheser 5,9–10). Sein Wille wird oberstes Ziel und Gebot.
  • Solche Gläubigen wandeln in einer Gemeinschaft mit den anderen Kindern Gottes, in der Sünde keine dominante Rolle mehr spielt: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“ (1Johannes 1,7)
  • Solche Gläubigen offenbaren in ihren Werken ihr ganz neues, von Gott empfangenes Wesen:  „Wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Licht, damit seine Werke offenbar werden, dass sie in Gott gewirkt sind.“ (Johannes 3,21). Christi Nachfolger hören vom Meister: „Ihr seid das Licht der Welt“ und daher „soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.“ (Matthäus 5,16). Es geht beim Licht und beim Scheinen unserer Guten Werke nicht um uns, sondern die Ehre und Herrlichkeit des himmlischen Vaters.
  • Solche Gläubigen wissen: „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.“ Daher legen sie „die Werke der Finsternis ab“ und „ziehen die Waffen des Lichts an!“ (Römer 13,12). Sie wandeln und kämpfen in Erwartung der Offenbarung durch das Licht: „So verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren wird! Und dann wird jedem sein Lob werden von Gott.“ (1Korinther 4,5)
  • Wer auf diesem Weg durch Einwilligung und Rückkehr zur Sünde müde und schläfrig wird, dem ruft Gott zu: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten! und der Christus wird dir aufleuchten!“ (Epheser 5,14).
  • Solche Gläubigen leben nun „tadellos und lauter“ als „unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“ und leuchten in ihrer finsteren Umgebung „wie Himmelslichter in der Welt“ (Philipper 2,15).
  • Die himmlische Zukunft der Gläubigen ist „im Licht“. Dort werden alle Gläubigen „die Braut, das Weib des Lammes“ sein. „Die heilige Stadt Jerusalem … hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein kristallheller Jaspisstein“ (Offenbarung 21,9–11). „Und Nacht wird nicht mehr sein, und sie bedürfen nicht des Lichtes einer Lampe und des Lichtes der Sonne, denn der Herr, Gott, wird über ihnen leuchten, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ (Offenbarung 22,5).

Die Antwort: Hymnen der Erlösten und Erleuchteten

Centre éclatant de lumière infinie,
Soleil divin dont la face reluit,
Sous tes clartés nous naissons à la vie
Et de nos cœurs l’obscurité s’enfuit.

Henri Rossier (1835–1928)

[Strahlendes Zentrum unendlichen Lichts,
Göttliche Sonne, deren Antlitz scheint,
Unter Deinen Strahlen werden wir zum Leben geboren
Und aus unseren Herzen entflieht die Finsternis.

Übertragen in deutschen Reim:
Strahlende Sonne voll Pracht und voll Leben,
Lichtglanz, der bis in die Ewigkeit reicht,
wenn wir die Herzen zu Dir hin erheben,
machst Du uns licht, dass die Dunkelheit weicht.]

Das Zeugnis der Schrift: Scheinen und Erscheinen des Höchsten

Was ist Friede? (Alois Wagner, 1983)

Vorbemerkung. Dieser Text entstammt einem Verteilblatt, das in München in den 80er Jahren von jungen Christen verteilt wurde. Geschrieben hat es der bekannte bayrische Bibellehrer und Gemeindehirte Alois Wagner (*1953) im 30. Lebensjahr. Angesichts der Weltsituation hat es brennende Aktualität für jeden Menschen, der Gott noch nicht im Glauben persönlich als Herrn und Retter (Kyrios & Soter) kennt. (Schreibweisen wurden behutsam aktualisiert.)

Was bedeutet das Wort »Friede«?

»Friede (lat. pax), allg. jeder Zustand der ungestörten oder wiederhergestellten Ordnung sowohl im Individuum (›innerer F.‹) wie zwischen einzelnen bzw. Gruppen. Im soziolog. und völkerrechtl. Sinne bedeutet F. daher einerseits das konfliktfreie Zusammenleben von Gruppen und Gesellschaften, andererseits die Beendigung (›F.-Schluss‹) eines gewalttätigen Konflikts (s. Krieg)«[1]. Soweit die kurze Definition eines Lexikons. Hier wird, wie wohl von vielen von uns, Frieden verstanden als bloße Abwesenheit von Konflikten. Friede ist demnach bereits ein passives Nebeneinander und nicht unbedingt ein aktives Miteinander. Das mag daher rühren, dass wir unseren Begriff von Frieden von anderen Konzepten isoliert haben und dadurch in seiner umfassenden Bedeutung verarmen ließen.

Das war aber nicht immer und überall so. Beispielsweise leitet sich unser deutsches Wort »Friede« von einer alten sprachlichen Wurzel ab, die »gernhaben, lieben« bedeutet und von der auch das Wort »Freund« herstammt. Und ein Freund ist doch weit mehr als nur jemand, neben dem ich mehr oder weniger konfliktfrei existiere. Eng damit verwandt ist auch das Wort »frei«, sodass wir sehen, dass für unsere Vorfahren die Begriffe »Freundschaft, Liebe«, »Friede« und »Freiheit« eigentlich untrennbar verbunden waren, weil sie alle irgendwie einer gemeinsamen Wurzel entsprangen[2].

Für die Römer wiederum bedeutete ihr Wort »pax in erster Linie eine gegenseitige Beziehung zwischen zwei Parteien auf gesetzlicher Grundlage«[3], während die individualistischen Griechen unter ihrem Begriff »eirene« nicht so sehr eine Beziehung zwischen Personen oder Sachen verstanden, sondern einen »(Geistes-) Zustand, der gefühlsmäßig erfahren und leidenschaftlich verteidigt wird«[4]. »Eirene« ist aber darüber hinaus auch der Zustand des Friedens, aus dem alles Gute für Land und Menschen hervorkommt.[5]

Also bereits in der Vorstellung der Völker, die unser abendländisches Denken geprägt haben, bedeutet »Friede« mehr als nur ein gleichgültiges Nebeneinander, eine sogenannte »friedliche Koexistenz«.

Friede – Eine »gesellschaftliche« oder »persönliche« Sache?

Sicherlich darf man die Frage nicht so stellen – die »Gesellschaft« besteht nun einmal aus einzelnen »Personen«. Aber gerade im Übersehen dieser Tatsache liegt oft schon unser Problem. Wir möchten uns für den Frieden auf globaler Ebene engagieren und lassen viel zu schnell die ganz individuelle, persönliche Komponente außer Acht. Denn Kriege (angefangen bei den Kleinkriegen in der Familie und am Arbeitsplatz über die Sozial- und Politkriege regionalen Zuschnitts bis hin zu den großen Auseinandersetzungen auf internationaler Ebene) sind keine schicksalhaften Mechanismen, die nach unentrinnbaren Gesetzmäßigkeiten entstehen. Nein, sie sind eigentlich der Ausdruck unserer ganz persönlichen Ängste und Aggressionen und deren Summierung auf gesellschaftlicher Ebene. Was niemand gern wahrhaben will, ist dennoch eine Tatsache: Engagement für den Frieden muss bei uns ganz persönlich beginnen. Solange meinem eigenen Leben die Harmonie, die »Zu-frieden-heit« mangelt, sind alle staatlichen und vertraglichen Befriedungsversuche nur dünnes und wenig tragfähiges Eis. Es hat wenig Sinn, sich für die Beilegung internationaler Konflikte zu engagieren – was einer bloßen Symptombehandlung gleichkommt – wenn uns nicht klar ist, dass etwas mit der Wurzel geschehen muss –mit meinem und deinem Herzen. Jemand hat es so ausgedrückt: »Mit faulen Äpfeln erhalte ich keinen gesunden Apfelkuchen. Mit streitsüchtigen Kampfhähnen kriege ich keinen friedlichen Hühnerhof. Und mit unfriedlichen Menschen keine friedliche Gesellschaft. Eine neue Gesellschaft schaffen zu wollen ohne erneuerte Menschen ist genauso sinnlos wie verdorbenes Essen in eine neue Schüssel zu füllen, damit das Essen besser wird. Nicht die Schüssel, sprich Gesellschaft, sondern der Inhalt, sprich der Mensch, muss erneuert werden«[6].

Friede – Symptom- oder Wurzelbehandlung?

Dieser Zusammenhang zwischen Wurzel und daraus resultierenden Symptomen, zwischen »inneren« und »äußeren« Kriegen, wird im Neuen Testament deutlich aufgezeigt: »Woher kommen Kriege und woher Kämpfe unter euch? Nicht daher: Aus euren Lüsten, die in euren Gliedern Krieg führen? Ihr gelüstet und habt nichts; ihr tötet und neidet und könnt nichts erlangen; ihr kämpft und führt Krieg«[7]. Hier liegt der Kern unseres Problems. Es liegt uns in der Natur, dass wir gern vor der Tür des anderen kehren, obwohl –oder gerade, weil– in unserem eigenen Herzen ein Krieg tobt, mit dem wir nicht fertig werden, dessen Auswirkungen die anderen aber umso deutlicher verspüren.

Einer, der von Frieden und von der menschlichen Psyche sicherlich mehr Ahnung hatte als jeder andere, sagte dazu: »Denn von innen aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken hervor: Unzucht, Dieberei, Mord, Ehebruch, Hab­ sucht, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut, Torheit; alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und verunreinigen den Menschen«[8]. Das sind die »Lüste, die in unseren Gliedern Krieg führen« und sich dann zu großen Konflikten aufbauen. Wie können wir mit diesem Hauptfaktor der Bosheit unseres eigenen Herzens fertig werden? Wie soll sich angesichts dieser Situation eine »Wurzelbehandlung« gestalten?

Friede im Herzen – Beginne bei der Wurzel!

Wenn ein Gerät nicht mehr funktioniert, ob es sich nun um eine Armbanduhr, einen Kühlschrank oder ein Auto handelt, so bringen wir es am vernünftigsten zu dem, der es genau kennt und den Fehler schnell beheben kann – im Idealfall zum Konstrukteur selbst. Wenn es auch für manche Ohren primitiv klingen mag, ist es gleichwohl logisch, mit unserem Herz, in das sich so viele Defekte eingeschlichen haben, zu Dem zu gehen, der es gemacht hat und genau kennt: zu unserem Schöpfer.

Siebenmal wird Er im Neuen Testament »Gott des Friedens« genannt[9]. Er ist in Seinem Wesen ganz und gar durch Frieden charakterisiert. Und Er hat in der größten Rettungsaktion der Weltgeschichte Seinen Sohn für nichtswürdige rebellische Kreaturen, wie wir es sind, sterben lassen[10]. Durch dieses Rettungswerk hat Er Frieden geschaffen, auch wenn es für Christus den schrecklichen Tod am Kreuz bedeutete[11], den eigentlich wir verdient hätten. Dieses Versöhnungs- und Friedensangebot gilt für jeden Menschen, egal wie feindselig er seinem Schöpfer gegenüber eingestellt war[12]. Jesus Christus, der Sich am Kreuz um unseres Friedens willen geopfert hat[13], ist dabei so sehr das unverzichtbare Fundament dieses Friedens, dass er nicht nur »kam und Frieden verkündigte«[14], sondern auch »Frieden stiftete«[15] und schuf, ja dass Er sogar »unser Friede ist«[16].

Wer die in Seinem Sohn ausgestreckte Versöhnungshand Gottes ergreift, indem er sich völlig Jesus Christus, dem personifizierten Frieden anvertraut, der erfährt die Befreiung von seinen Ängsten und Lüsten, Begierden und Aggressionen als praktischen persönlichen Frieden. Zusammenfassend sagt das Neue Testament von solchen Menschen: »Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus«[17].

Dass dies keine Einbildung ist, die man sich nach allen Regeln der Kunst täglich einreden oder einbläuen oder autosuggerieren muss, sondern eine beständig beglückende Erfahrung, die in allen Stürmen und Schwierigkeiten des Lebens standhält, haben der Verfasser dieses Flugblattes und Millionen von Christen immer wieder erfahren. Dieser Friede ist eben nicht auf bloße moralische Prinzipien oder gar nur auf subjektive emotionelle Selbsthypnose aufgebaut, sondern auf objektiv feststehende geschichtliche Tatsachen: Das Sterben und die Auferstehung Jesu Christi, des Sohnes Gottes.

Wie wirkt sich dieser persönliche Friede weiter aus?

Dieser Friede unterscheidet sich natürlich von unseren landläufigen Friedensvorstellungen[18]. Es ist ein Friede, der fest verankert ist in der Person Jesu Christi, und der dadurch nicht auf das Nichtvorhandensein äußerer Schwierigkeiten angewiesen ist, sondern der sich gerade in diesen Schwierigkeiten als göttlicher Friede erweist, der jedem weltlichen Friedenskonzept weit überlegen ist[19]. Jemand, der selbst Versöhnung empfangen hat, von einem Feind zu einem Freund Gottes geworden ist, der ist auch innerlich gedrängt, diese Versöhnung anderen mitzuteilen[20]. Jemand, der durch Christus Frieden empfangen hat, wird in seinem ganzen Wandel von dem Wunsch beseelt, auch anderen den Weg zu wahrem Frieden zu zeigen[21]. So bleibt dieser persönliche Friede nie ohne gesellschaftliche Resonanz, sondern er erweist sich als Quelle und Basis für Frieden auf breiterer Ebene, der in Ehe und Familie beginnt und sich am Arbeitsplatz und in der Schule fortsetzt.

Und was ist mit den internationalen Konflikten?

Jetzt taucht natürlich die völlig berechtigte Frage auf, wie sich ein solcher Friede im kleinen Bereich denn nun auf größerer Ebene verwirklichen lassen soll. Begeben wir uns da nicht in den Bereich der Utopie?

Nun, bei der Geburt Christi, dem Friedefürsten schlechthin, sangen die Engel »Friede auf Erden«[22] in Andeutung, dass Gott in Seinem Sohn der ganzen gegen Ihn rebellierenden Menschheit die Friedenshand entgegenstreckte. Aber was war die Reaktion? Einige wenige haben sich später auf die Seite des Friedefürsten gestellt, aber die überwältigende Mehrheit hat Ihn abgelehnt. So muss Er kurz vor Seinem Tod über Sein Volk sagen: »Wenn auch duerkannt hättest, und selbst an diesem Tag, was zu deinem Frieden dient«[23]. Und wir lesen nicht mehr von »Frieden auf Erden«. Jetzt kurz vor Seinem Tod, wo klar ist, dass die große Masse des jüdischen Volkes, so wie später die große Masse der Menschheit, Ihn verworfen und abgelehnt  hat, jetzt hören wir  nur noch von »Frieden im Himmel«[24]. Auf der Welt aber würde den Anhängern des Friedefürsten Drangsal, Hass und Verfolgung begegnen. Aber gerade in diesen Schwierigkeiten würde der Friede Gottes, der »Friede im Himmel«, ihre Herzen und Gedanken bewahren.[25]

Für diese Welt im Großen und Ganzen aber, die Den verworfen hat, der ihr Versöhnung und Frieden angeboten hat, gibt es wenig Hoffnung. Die Ratlosigkeit und die Angst werden trotz aller Konferenzen und Verhandlungen weiter zunehmen, bis das Chaos der kommenden Kriege und Katastrophen seinen Abschluss findet in dem Höhepunkt der Geschichte: der Wiederkunft Jesu Christi auf die Erde[26].

Dann endlich – und erst dann – wird weltweiter Friede da sein, wenn Jesus Christus als Friedefürst regiert[27]. Dann erst »wird der Kriegsbogen ausgerottet werden. Und Er wird Frieden reden zu den Nationen; und Seine Herrschaft wird sein von Meer zu Meer, und vom Strom bis an die Enden der Erde«[28]. Dann »wird Er richten zwischen den Nationen und Recht sprechen vielen Völkern. Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden, und ihre Speere zu Winzermessern; nicht wird Nation wider Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen«[29].

Was kann ich persönlich tun?

Die Konsequenzen für unser persönliches Leben sind – hoffen wir – hinreichend deutlich geworden. Es führt kein Weg daran vorbei, dass ich zuerst in eine persönliche Beziehung zu Gott trete, um dadurch echten und dauerhaften Frieden in meinem Herzen zu erfahren. Dies geschieht dadurch, dass ich im Bewusstsein meiner Schuldhaftigkeit und meines hoffnungslosen Verlorenseins vor Gott komme und Ihm meine Sünden rückhaltlos bekenne. Dadurch empfange ich Vergebung und Reinigung von aller Ungerechtigkeit[30]. Im Vertrauen auf das vollbrachte Werk der Versöhnung darf ich dann Jesus Christus als meinen Erretter und Versöhner, ja als »meinen Frieden« in mein Herz und mein Leben einlassen. Er wird mein ganzes Leben von Grund auf völlig umgestalten und erneuern und mich befähigen, auch für andere ein Friedensstifter zu werden.

Wir, die wir dieses Flugblatt geschrieben haben und verteilen, schreiben nicht vom grünen Tisch aus, sondern wir haben wirklich Jesus Christus als lebendige Realität in unserem Leben erfahren. Manches von dem, was wir hier sagen, mag Ihnen vielleicht unklar und sogar unglaubhaft erscheinen. Wenn Sie deshalb Fragen haben, würden wir uns freuen, wenn Sie uns schreiben oder auf andere Weise Kontakt aufnehmen würden. Sehr gerne schicken wir Ihnen – absolut kostenlos und unverbindlich – ein Buch, in dem junge Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen. Sie alle finden in Jesus Christus die Antwort auf ihre tiefsten Lebensfragen und erfahren, wie ER ihr Leben verändert.

A[lois] W[agner] (1983)


Anmerkungen

[1]      Großes Fischer-Lexikon, München 1976, Bd. 6, Art. »Friede«.

[2]  nach Frisco Meizer, Das Wort in den Wörtern. Ein theo-philologisches Wörterbuch, Tübingen 1965, Art. »Freiheit« und »Friede«.

[3]      Kittel, Friedrich (Hrsg.), Theological Dictionary of The New Testament, Grand Rapids 1978 , Bd. 2, S. 400.

[4]      ebda.

[5]      ebda., S. 401.

[6]      Give Peace a Chance (Flugblatt), Jugend mit einer Mission, Hurlach o. J.

[7]      Jakobus 4,1–2

[8]      Jesus Christus in Markus 7, 21–23.

[9]      Römer 15,33; 16,20; 1. Korinther 14,33; 2. Korinther 13,11; Philipper 4,9; 1. Thessalonicher 5,23; Hebräer 13,20.

[10]    Römer 5,6–9: »Denn Christus ist, als wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben. Denn kaum wird jemand für einen Gerechten sterben; denn für den Gütigen möchte vielleicht jemand zu sterben wagen. Gott aber erweist Seine Liebe gegen uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.«

[11]    Kolosser 1,19–20: »Denn es gefiel der ganzen Fülle Gottes, in Jesus Christus zu wohnen und durch Ihn alles mit Sich zu versöhnen – indem Er Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes –, durch Ihn, sei es, was auf der Erde oder was in den Himmeln ist.«

[12]    Kolosser 1,21–22: »Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat Er aber nun versöhnt in dem Leib Seines Fleisches durch den Tod«.

[13]    Jesaja 53,5: »Um unserer Übertretungen willen war Er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm.«

[14]    Epheser 2, 17

[15]    Epheser 2,15

[16]    Epheser 2,14

[17]    Römer 5,1

[18]    Johannes 14,27: »Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch.«

[19]    Johannes 16,33: »Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Drangsal; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.«

[20]    2. Korinther 5,18.20: »Alles aber von Gott, der uns mit Sich Selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. So sind wir nun Gesandte an Christi statt, indem Gott gleichsam durch uns ermahnt; wir bitten für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott!«

[21]    Römer 10, 15: »Wie lieblich sind die Füße derer, die das Evangelium des Friedens verkündigen, die das Evangelium des Guten verkündigen!«
Epheser 6,15: »Und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens.«

[22]    Lukas 2,14

[23]    Lukas 19,42

[24]    Lukas 19,38

[25]    Johannes 16,33: siehe FN (19). Philipper 4,7: »Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren in Christus Jesus.«

[26]    Lukas 21,10.11.25–27: »Dann sprach Er zu ihnen: Es wird sich Nation gegen Nation erheben und Königreich gegen Königreich; und es werden große Erdbeben sein, an verschiedenen Orten und Hungersnöte und Seuchen; auch Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel wird es geben. 
…Und es werden Zeichen sein an Sonne und Mond und Sternen und auf der Erde Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit bei brausendem Meer und Wasserwogen, während die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen, denn die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit Macht und großer Herrlichkeit.«

[27]    Jesaja 9,6

[28]    Sacharja 9,10

[29]    Jesaja 2,4

[30]    1. Johannes 1,9: »Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.«

Ein Leben ohne Liebe ist kein Leben (Fundsache)

Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos
Recht ohne Liebe macht hart
Wahrheit ohne Liebe macht kritisch
Erziehung ohne Liebe macht rebellisch
Klugheit ohne Liebe macht gerissen
Freundschaft ohne Liebe macht heuchlerisch
Ordnung ohne Liebe macht pedantisch
Bildung ohne Liebe macht eingebildet
Macht ohne Liebe macht gewalttätig
Ehre ohne Liebe macht arrogant
Besitz ohne Liebe macht geizig
Glaube ohne Liebe macht fanatisch

»GOTT IST LIEBE« (Die Bibel, 1. Johannes 4,8)

Lies 1. Korinther 13 und 1. Johannesbrief!

Machtmenschen in der Gemeinde

Dr. Volker und Martina Kessler haben recht gute Hilfestellungen für das Phänomen des Machtmenschen geliefert. Dieses Phänomen ist in fast allen Gruppen der Gesellschaft zu beobachten und wird entsprechend von der Soziologie erforscht. Besonders schädlich und widernatürlich ist es aber in Gruppen, die sich als christlich verstehen und darstellen (Gemeinden, Kirchen, Missionen, Bibelhauskreise u.ä.). Auch dieses wurde verschiedentlich beobachtet und erforscht, oft mit der Motivation, seelsorgerische Hilfen und Überlebenshilfen für Gemeinden und Einzelne zu bieten. Das Folgende ist eine gute Zusammenfassung des Problems und möglicher Lösungen aus der Hand des Autoren(ehe)paars Kessler.

»„Machtmenschen – Gibt es so etwas in der Gemeinde?“ Viele Gespräche und Reaktionen zu Vorträgen haben uns erschreckt, weil wir merkten, wie viele Christen unter Machtmenschen leiden. Bei aller Unterschiedlichkeit zeigen die Erfahrungsberichte auffallende Parallelen. 

Ankündigung von Machtmenschen 

Das Neue Testament kündigt Machtmenschen in der Gemeinde an. Jesus warnt in der Bergpredigt: „Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen! Inwendig sind sie aber reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen…“ (Mt 7,15f). Ebenso mahnt Paulus die Ältesten von Ephesus zur Vorsicht: „Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde … Ich weiß, dass nach meinem Abschied grausame Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen.“ (Apg 20,28.29) 

Wir interpretieren diese Verse häufig in Bezug auf Irrlehrer. Aber die Gemeinde ist nicht nur durch Irrlehrer bedroht. Ein Machtmensch kann vordergründig die „richtige Lehre vertreten“ und dennoch die Gemeinde missbrauchen. Mit der Bezeichnung „Wölfe“ wird ein bekanntes Bild aus Hesekiel aufgegriffen. Gott spricht über die Führer von Juda: „Seine Obersten sind in seiner Mitte wie Wölfe, die Beute reißen, um Blut zu vergießen, Seelen zugrunde richten, damit sie unrechten Gewinn erlangen.“ (Hes 22,27) Die Obersten sind Hirten, „die sich selbst weiden“ (Hes 34,2). Wölfe, die sich als Hirten tarnen, benutzen die Herde für ihre Bedürfnisse, anstatt sich um die Bedürfnisse der Anvertrauten zu kümmern. 

Diotrephes – ein typischer Machtmensch 

Ein Machtmensch wird sogar beim Namen genannt: Diotrephes (3Joh 9.10) ist in mancherlei Hinsicht sehr typisch für Machtmenschen in Gemeinden. (Um der besseren Lesbarkeit wegen benutzen wir im folgenden immer die männliche Form. Aber es gibt auch Machtfrauen.) 

1. Wo Machtmenschen auftreten, entsteht eine gewisse Unruhe. 
Manche Geschwister sind beunruhigt, sie fühlen, dass etwas nicht in Ordnung ist, und merken, dass dies mit einer bestimmten Person zusammenhängt. Es werden Gespräche geführt, Briefe geschrieben. 

2. Der Machtmensch hat ein Ziel: herrschen, möglichst alleine. 
Wo er mitarbeitet, bestimmt er die Richtung, unabhängig davon, ob er diesen Kreis offiziell leitet. Er will Aufmerksamkeit um jeden Preis. Negative Aufmerksamkeit ist ihm lieber als gar keine. Wenn die Leute sich über ihn ärgern –wunderbar– so steht er doch alleine im Mittelpunkt! 

3. Der Machtmensch nimmt Kritik nicht wirklich an. 
Er lebt nach dem Motto: „Ich kann gar nicht verstehen, dass es vielen Christen so schwer fällt, sich zu entschuldigen. Wenn ich Fehler machte, würde ich mich sofort entschuldigen.“ 

4. Der Machtmensch profitiert vom kurzen Gedächtnis der anderen. 
Viele vergessen, was schon alles gelaufen ist. So kann sich der Machtmensch auch über gemeinsame Beschlüsse hinwegsetzen. Die anderen erinnern sich ja nicht mehr an diese Entscheidungen. 

5. Der Machtmensch fühlt sich durch kritisches Nachfragen bedroht. 
Menschen, die er als Bedrohung empfindet, verleumdet er. Dies kann öffentlich geschehen (typisch für Machtmänner), es kann aber auch in vielen kleinen Gesprächen passieren (typisch für Machtfrauen). Wenn sie mal hier, mal dort im persönlichen Gespräch ein Wort gegen eine Person sagt, werden diese Worte weitergetragen und zeigen Wirkung. Auf einmal hat die so verleumdete Person keine Vertrauensbasis mehr in der Gemeinde und wundert sich, dass das Klima gegen sie gekippt ist. 

6. Wenn ein Machtmensch befürchtet zu verlieren, wird er alles tun, um wieder Oberhand zu bekommen. 
Er wird zu immer stärkeren Mitteln greifen. Er wird gegebenenfalls auch lügen – obwohl er Gemeindeglied ist. 

7. Der Machtmensch bildet Allianzen. 
Er sammelt einen Freundeskreis um sich, der ihn unterstützt. Er polarisiert: Wer ist für mich, wer gegen mich? 

8. Wer ihm zu gefährlich ist, den stößt er aus der Gemeinde. 
Vordergründig schützt er damit die Gemeinde. Denn er hat jene mit dem „kritischen Geist“ aus der Gemeinde verbannt. Bei manchen Machtmenschen lässt sich über die Jahre hinweg eine Reihe von „Leichen“ verfolgen. Leute kommen neu zum Hauskreis / Gemeinde, sie arbeiten mit, nach zwei Jahren werden sie geistlich selbstständig und damit dem Machtmenschen zu gefährlich. Er mobbt sie hinaus und holt sich neue Leute. Der Kreislauf beginnt von neuem. 

Machtmenschen sind machtsüchtig 

Die meisten Menschen haben gelegentlich Machtgelüste. Wer sich dem kontinuierlich hingibt, kann machtsüchtig werden. Es ist ein Unterschied, ob man gelegentlich seine Kompetenzen überschreitet, gelegentlich seine Macht missbraucht oder ob man machtsüchtig ist. Genauso wie es ein Unterschied ist, ob man gelegentlich zu viel Alkohol trinkt oder ob man alkoholsüchtig ist. Damit wird der gelegentliche Missbrauch nicht schön geredet. Es ist jedoch wichtig, den Unterschied zu sehen. Mancher, der in Leitungsverantwortung steht, überschreitet im Eifer des Gefechts seine Kompetenzen. Ich (Volker) habe Entscheidungen getroffen, von denen mir nachher bewusst wurde, dass ich sie mit anderen hätte absprechen müssen. Wurde ich daraufhin angesprochen, so tat mir dies leid und ich zügelte mich das nächste Mal. Persönlichkeit macht die Art und Weise aus, wie jemand die Dinge gewöhnlich sieht, wie er normalerweise zu anderen Menschen steht und mit ihnen umgeht. Es ist die Kontinuität der Sünde, die die Persönlichkeit krank macht. 

Dominanter Typ ist nicht gleich Machtmensch 

Häufig werden dominante Menschen mit Machtmenschen gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung ist in beide Richtungen falsch. Denn es können auch andere Persönlichkeitstypen zum Machtmenschen werden. Da ist z.B. der Gewissenhafte, der aus Angst davor, dass etwas falsch läuft, die Kontrolle über alles haben will und überall eingreift. Es kann sein, dass der Machtmensch in der Öffentlichkeit kaum auffällt, aber dennoch die Gemeinde völlig bestimmt. Außerdem ist nicht jeder, der dominant auftritt, ein Machtmensch. Kriterien zur Unterscheidung sind: Wie steht die Person zu gemachten Fehlern? Gibt sie gelegentlich auch Verantwortungsbereiche ganz ab oder vergrößert sie immer nur ihren Einflußbereich? Ist es möglich Dinge zu klären und auszuräumen oder verstärkt sich der Druck auf den, der Probleme anspricht? 

Literatur zu Kennzeichen von Machtmenschen 

In seinem Buch Wölfe im Schafspelz – Machtmenschen in der Gemeinde (Brendow-Verlag [Titel korrigiert zur Fassung 2013; vorher (1997): Wölfe in Schafspelzen…]) fasst der Norweger Edin Løvås seine Erfahrungen „Nach vierzig Jahren seelsorgerlicher Arbeit bin ich entsetzt darüber, welches Ausmaß von Leiden durch Machtmenschen einzelnen Christinnen und Christen und christlichen Gruppen und Gemeinden zugefügt wird.“ Er beobachtet, dass Machtmenschen häufig charmant und intelligent sind und sehr geistlich wirken. Außerdem sind sie erfolgreich, das Werk oder die Gemeinde wächst. So fällt es schwer, sie zu enttarnen. 

„Das Schuldgefühl anderer ist die Lieblingswaffe von Machtmenschen.“ Sie missbrauchen das feine Gewissen der anderen. Sie sind scharfe Beobachter und äußern selten unhaltbare Beschuldigungen. Wenn sie jemandem sagen: „Das hast du falsch gemacht!“, dann zuckt derjenige innerlich zusammen. Er weiß ja, dass nicht alles richtig war. Wer ständig diesen Anklagen ausgesetzt ist, wird dünnhäutig. Es entsteht folgende paradoxe Situation: Einerseits lehnt das Opfer den Machtmenschen ab, andererseits guckt es ihm nach den Augen, um nicht wieder Kritik zu ernten. Mit der Schuldwaffe untergräbt der Machtmensch das Selbstwertgefühl des anderen. Irgendwann ist der andere völlig verunsichert und weiß nicht mehr, was und wie er etwas tun soll. Hilflos wendet er sich an den Machtmenschen. Dieser tröstet ihn: „Vertraue mir, mach es so, wie ich es dir sage, dann machst du es richtig.“ 

Hilfreich sind die Beobachtungen des Amerikaners George K. Simon in dem (säkularen) Buch Wölfe im Schafspelz (mvg-Verlag). Machtmenschen sind häufig versteckt-aggressiv, d.h. sie erreichen ihr Ziel durch geschickte Manipulation statt durch offene Aggression. „Wenn sich Opfer versteckt-aggressiver Menschen zum ersten Mal an einen Therapeuten wenden, wissen sie meistens nicht, warum sie sich schlecht fühlen. Sie wissen nur, dass sie verwirrt, verängstigt oder deprimiert sind. Allmählich erkennen sie jedoch, dass es der Umgang mit einer bestimmten Person in ihrem Leben ist, der ihnen das Gefühl gibt, nicht normal zu sein. Sie vertrauen diesem Menschen nicht, wissen aber nicht warum. Sie ärgern sich über diesen Menschen, aber aus irgendeinem Grund, fühlen sie sich selbst schuldig.“ Dieses Phänomen hören wir häufig von Opfern von Machtmenschen. Bei den meisten gab es in der Auseinandersetzung einen Punkt, an dem sie das Gefühl hatten: „Ich bin nicht normal!“ Dies erzählen gestandene Leiter mit Personalverantwortung! Man führt Gespräche, will Dinge klären, meint auch zunächst, sie geklärt zu haben, aber irgendwie wird alles nur noch schlimmer. Das verwirrt. 

Die Verantwortung der „Mitspieler“ 

Der Gemeinde zu Korinth zeigt Paulus auf, wie sie sich durch die „übergroßen Apostel“ lähmen lässt: „Denn ihr ertragt es, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand euch einfängt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt.“ (2Kor 11,20). Erstaunlich: Christen ließen (und lassen) sich freiwillig knechten. Paulus verdeutlicht der Gemeinde ihre Mitverantwortung, denn sie lassen es zu, dass sie jemand ausbeutet! 

Machtmenschen haben nur deshalb eine Chance, weil die anderen so prima mitspielen. Jeder ärgert sich über den Dauerredner, der beim Grußwort in einer Festversammlung 25 Minuten statt der vorgegebenen fünf Minuten redet. Aber keiner bremst ihn! Ein Dauerredner kann nur deshalb die Gelegenheit missbrauchen, weil die anderen ihn reden lassen. 
Auch christliche Gemeinden bieten Machtmenschen ein gutes Umfeld, ihre Machtgelüste auszuleben. Erstens haben geistliche Leiter Macht über andere. Deshalb kann diese Macht auch missbraucht werden. Zweitens hegen manche Christen eine falsche Illusion: „Das gibt es in der Welt, aber nicht bei uns in der Gemeinde.“ Drittens darf es gemäß dem eigenen hohen moralischen Standard so etwas in der Gemeinde nicht geben. Was nicht existieren darf, wird dann auch nicht wahrgenommen. Viertens spielt die Demutshaltung der Christen dem Machtmenschen in die Hände. Wir sind –zu Recht– mit harten Urteilen über andere zurückhaltend. Wir haben gelernt, dass die anderen nicht wirklich die bösen Absichten haben, die uns unser Gefühl nahelegen will. Hier wäre es gut, seine Gefühle wahrzunehmen. Fünftens gibt es ein übertriebenes Harmoniebedürfnis unter Christen. Interne Probleme anzusprechen ist in unseren Gemeinden nicht beliebt. Wer auf ein mögliches Problem hinweist, steht als Nörgler und Kritiker da und muss sich anhören: „Du bist das Problem!“ Sechstens sind – gerade in „Brüder„-Gemeinden – die Leitungsstrukturen häufig unklar. Wenn nicht geklärt wird, wer was entscheiden darf, setzt sich immer der mit den stärksten Ellenbogen durch. Siebtens können sich Machtmenschen in christlichen Leitungspositionen auf die göttliche Autorität als Leiter berufen. Wer sie in Frage stellt, stellt scheinbar damit Gott in Frage. 

Typische Opfer von Machtmenschen 

Nicht jeder wird Opfer eines Machtmenschen. Es kann passieren, dass Person A jemanden als Machtmensch erlebt, während Person B völlig erstaunt darüber ist, dass A solche Anschuldigungen über diesen dritten erhebt. Wer keine Bedrohung für den Machtmenschen darstellt, wird häufig liebevoll umworben. 

Ob man Opfer wird, hängt auch von der eigenen Persönlichkeit ab. Manche Frauen leiden darunter, dass ihr Mann trinkt und sie schlägt. Nachdem sie es endlich geschafft haben, sich von diesem Mann zu lösen, wählen sie sich einen neuen Partner, der trinkt und sie schlägt. Genauso geraten manche immer wieder an Machtmenschen. Wer einmal Opfer war, tut gut daran, zu reflektieren, warum gerade er Opfer wurde. Folgende Persönlichkeitstypen sind besonders gefährdet: 

Menschen mit frühkindlich eintrainierter Ohnmacht haben sich einen Lebensstil angeeignet, der ausgezeichnet zur „beherrschenden“ Seite des Machtmenschen passt. Er ist gekennzeichnet von Unterordnung, Harmoniesucht, Gefühl der eigenen Schuldhaftigkeit und Minderwertigkeit. Warnsignale der eigenen Seele und manchmal auch des Körpers werden übergangen und zu Schuldgefühlen gegenüber dem Machtmenschen umfunktioniert. 

Ein gewissenhafter Mensch strebt danach, immer alles richtig zu machen. Ein Machtmensch kann ihn zu Wachs in seinen Händen machen, wenn es ihm gelingt, ein Gefühl von „nicht genug“ zu vermitteln. Er sei nicht sorgfältig genug, nicht aufmerksam genug, nicht geistlich genug etc. Gewissenhafte Menschen gehen gewissenhaft mit anderen Menschen um und erwarten dies auch von anderen. Sie setzen sich für Personen ein, denen Unrecht geschieht. Damit sind sie eine Gefahr für einen Machtmenschen, der es nur gut mit sich meint. 

Beziehungsorientierte Menschen sind bereit, viel in eine Beziehung zu investieren. Manche opfern sich selbst für eine Beziehung. Ferner können sie vom Machtmenschen als Schutzschild missbraucht werden. Sie verteidigen ihn bei Angriffen und werden so selbst missbraucht. 

Tipps für den Umgang mit Machtmenschen 

1. Beten und handeln Sie! Als David sich gegenüber seinem eigenen Sohn wehren musste, betete er darum, dass dieser die falsche Entscheidung träfe (2.Sam.15,31). Gott erhörte dieses Gebet (2Sam 17,14). 

2. Schätzen Sie den Charakter des anderen realistisch ein. Achten Sie mehr auf die Ergebnisse (seine „Früchte“ Mt 7,16) als auf seine Worte. Die Aussage „Ich habe es doch nur gut gemeint!“ zeigt Dominanz pur (er bestimmt was gut für Sie ist) und sollte Sie nicht beeindrucken. 

3. Machen Sie sich ihre eigene Achillesferse bewußt. Wo sind Sie verletzlich, wo angreifbar? Wieso geraten Sie gerade in solche Situationen? 

4. Beachten Sie die drei Phasen der Gesprächsführung gemäß Mt 18,15–17: erst alleine, dann mit einer dritten Person, dann öffentlich in der Gemeinde. Versuchen Sie dabei Vereinbarungen zu treffen, die angemessen, klar definiert, durchsetzbar, bis zu einem gesetzten Datum zu erledigen und überprüfbar sind. Eine solche Vereinbarung wäre z.B., dass derjenige bis zum Soundsovielten eines seiner sechs Leitungsämter in der Gemeinde niederlegt. 

5. Machen Sie die Taktiken von Machtmenschen transparent, so wie Johannes die Taten des Diotrephes in Erinnerung brachte und offenlegte (3Joh 10). Machen Sie die anderen in der Besprechung darauf aufmerksam, wenn Beschlüsse nicht eingehalten werden, der andere vom Thema ablenkt usw. Tun Sie dies an Ort und Stelle, damit die anderen merken, wovon Sie reden. 

6. Seien Sie auf die Konsequenzen gefasst! Es kann passieren, dass Sie verleumdet werden, dass Ihre Familie in Mitleidenschaft gezogen wird, dass Sie aus der Gemeinde ausgeschlossen werden (3Joh 10).

7. Vermeiden Sie aussichtslose Kämpfe. Manchmal ist Flucht die einzige Rettung (Mt 2,13; Apg 9,25; 17,10)! 

Gibt es Hoffnung für Machtmenschen? 

Løvås ist in seinem Buch sehr pessimistisch. Wir sind froh, dass wir inzwischen Zeugnisse von Menschen kennen, die sich als Machtmenschen erkannten und dann an sich arbeiteten. Eigenes Verhalten, welches sie früher als normal ansahen, erkennen sie jetzt als Sünde. Eine Frau hatte erfolgreich einen anderen Mitarbeiter aus der Gemeinde gemobbt und ihm Jahre später diese Schuld bekannt. Ein Gemeindeleiter, der früher seine Gemeinde beherrschte, kann ihr jetzt ein dienender Leiter sein. Gott kann Wunder tun! Hoffnung gibt es aber nur dann, wenn Machtmenschen erkennen, dass es nicht nur eine einzelne Situation ist, bei der sie sich ungeschickt verhalten haben, sondern dass ihr ganzes Streben auf falsche Ziele ausgerichtet ist. Ein Alkoholsüchtiger hat nur dann eine Chance auf Umkehr, wenn ihm seine Sucht deutlich wird und er nicht mehr versucht, sein „Bierchen“ zu verniedlichen. Langjährig antrainerte Verhaltensweisen abzulegen erfordert Zeit.

Nachwort

Es gibt zwei gegensätzliche Gefahren. Die erste ist, das Phänomen „Machtmenschen in der Gemeinde“ nicht wahrhaben zu wollen. Damit verharmlost man krankhafte Situationen. Die zweite Gefahr ist, dass z.B. ausgelöst durch Artikel wie diesen Hetzjagden entstehen. Leute überlegen, wer in ihrer Gemeinde wohl Machtmensch ist und fangen an, anderen Geschwistern dieses Etikett anzuheften. Das ist nicht in unserem Sinne. 

Wir ermutigen diejenigen, die in der Gemeinde Machtmissbrauch zu erkennen meinen, dies offen und gegebenenfalls auch öffentlich anzusprechen. Es ist einfacher mit Gefühlen und Eindrücken umzugehen, die „auf dem Tisch liegen“, als mit verdeckten Empfindungen. Die Gefühle beeinflussen sowieso unser Denken und unser Handeln. Wo Gefühle nicht gesagt werden (dürfen), werden Scheinargumente benutzt. Scheinargumente führen zu Scheingefechten, die Zeit und Kraft kosten, die Ursache des Konfliktes aber nicht beheben. Eine offene Subjektivität ist besser als eine Scheinobjektivität. Gefühle auszusprechen erfordert Disziplin. Damit dies in guter Weise geschehen kann, ist es manchmal hilfreich, einen externen, unbeteiligten Moderator einzubeziehen, der auf die Einhaltung gewisser Gesprächsregeln achtet. 

Einen Machtmenschen mit der geballten Macht einer Gemeinde fertigzumachen ist lieblos. Ganze Heiligung geschieht dort, wo Gemeinde und Machtmensch heil werden. Finden Machtmenschen ihren gesunden Weg vor Gott, sind sie ebenso wertvolle Mitarbeiter im Reich Gottes wie andere auch.«

Textquelle und Referenzen

Textvorlage im Web-Archiv: https://web.archive.org/web/20141224051143/http://www.irrglaube-und-wahrheit.ch/sutra5913.html (Administrator-Beitrag auf www.irrglaube-und-wahrheit.ch vom 11.03.2007)

Edin Løvås, Wölfe im Schafspelz. Machtmenschen in der Gemeinde. 5. Auflage (Moers: Brendow & Sohn, 2010), 96 Seiten, ISBN 978-3870678821. Kindle-Version seit 2013 erhältlich. Vorher: Wölfe in Schafspelzen: Machtmenschen in der Gemeinde (Edition C – M), übersetzt von Andreas Ebert (Brendow, 1997), 80 Seiten, ISBN 978-3870673925.

Martina und Volker Kessler, Die Machtfalle: Machtmenschen – wie man ihnen begegnet. 5. vollständig. überarb. Auflage (Gießen: Brunnen, 2017), 144 Seiten, ISBN  978-3765543241.

George K. Simon, Wölfe im Schafspelz. Wie Sie mit üblen Typen souverän umgehen. (MVG, 1998) 158 Seiten, ISBN 978-3478086035. Orig.: In Sheep’s Clothing. Understanding and Dealing with Manipulative People (Little Rock, AK: Parkhurst Brothers, 2010).

Fritz Weber, Gibt es ein „Recht auf Verletztsein“? Teil 1 in Bibel und Gemeinde 118, Band 1 (2018), Seiten 49–56; Teil 2 in Bibel und Gemeinde 118, Band 2 (2018), Seiten 57–70. »Empfindlichkeit ist auch unter Christen weit verbreitet. Und wem Böses angetan wurde, der nimmt sich oft für lange Zeit das Recht auf Verletzt- und Beleidigtsein.« (Fritz Weber). Ein ausgewogener Artikel über Kritik an Leitungspersonen. Er betrachtet sowohl aktive wie passive Kritikfähigkeit anhand biblischer Beispiele.

(Mit Vorbehalt:) Paul und Liz Griffin, Missbrauch hat viele Gesichter. Opfer finden Hoffnung und Heilung. (cap, 2008), 140 Seiten, ISBN 978-3867730648.

David Johnson und Jeff VanVonderen, Die zerstörende Kraft des geistlichen Missbrauchs. 1 Auflage (Hünfeld: CMD, 2016), 336 Seiten, ISBN 978-3945973004. (Orig.: The Subtle Power of Spiritual Abuse. Minneapolis, MN: Bethany House Publ., 1991.)

(Mit Vorbehalt:) Inge Tempelmann, Geistlicher Missbrauch. Auswege aus frommer Gewalt. Ein Handbuch für Betroffene und Berater. (Wuppertal: SCM R. Brockhaus, 2015), 358 Seiten, ISBN 978-3417262001 (auch als Kindle erhältlich). 

Titelbild: © Drittewahl (Frank, fotocommunity.de) [evtl. nicht verwendet].

HerzensGebet: Für das eigene Herz beten (Andacht)

Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist;
denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens. 

Sprüche Salomons 4,23

Wie soll das gehen: »Mehr als alles hüte dein Herz!« (NEÜ)? Bestimmt nicht ohne anhaltendes, gezieltes Gebet! Wir sollten daher regelmäßig für unser Herz, unsere Seele, beten, denn (nach biblischem Menschenbild) werden alle Lebensfunktionen (Denken, Fühlen, Wollen usw.) zentral von dort gesteuert und »fließen« von dort heraus.

Gott hat uns in der Neugeburt anstelle unseres angeborenen kalten, toten Herzens ein neues, »fleischernes«, lebendiges Herz geschenkt. Aber wir stecken noch in vielen alten, sündigen Gewohnheiten. Da muss Veränderung her! Und daran arbeitet Gott der Heilige Geist in uns mittels geistlicher Mittel. Das Gebet ist eines davon.

Wie wir für unser Herz –und das anderer!– beten, sollte in Übereinstimmung mit dem sein, was Gottes Wort dazu sagt. Beten wir regelmäßig für unser Herz und für das unserer Ehepartner, Kinder, Ältesten und Glaubensgeschwister! Was sollten wir beten? Hier einige Vorschläge:

  1. Neige mein Herz. Das erste, was meine Seele braucht, ist eine feste innere Neigung zu Gott und Seinem Wort. Ohne dies wird in meinem Leben nichts von echtem Wert passieren. Ich muss Gott kennen lernen, sein Wort lesen und mich Ihm nahen wollen. Woher kommt dieses Wollen? Von Gott! Daher lehrt uns Psalm 119,36 zu beten: »Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen und nicht zum Gewinn!«
  2. Öffne meine Herzensaugen. Als nächstes bedarf ich, dass die Augen meines Herzens geöffnet werden. Wenn ich durch meine neue Herzensneigung zum Wort Gottes gezogen werde, dann will ich dort sehen, was wirklich geschrieben steht – und nicht nur meine eigenen Ideen. Wer öffnet die Augen meines Herzens? Gott! So lehrt uns Psalm 119,18 zu beten: »Öffne meine Augen, damit ich schaue die Wunder aus deinem Gesetz.« 
  3. Erleuchte meine Herzensaugen. Meine Herzensaugen müssen erleuchtet werden, damit ich die »Wunder« im Wort Gottes erkennen kann. Ich will nicht nur bloß interessante Fakten lesen, sondern die Herrlichkeit darin wahrnehmen. Wer erleuchtet meine Herzensaugen? Gott! Epheser 1,18 lehrt uns zu beten, dass »Er erleuchte die Augen eures Herzens.«
  4. Einige mein Herz. Meine Erfahrung macht mir betroffen bewusst, dass mein Herz ziemlich geteilt und zertrennt ist: manche Bereiche werden erleuchtet, während andere im Dunkel bleiben. Deswegen sehne ich mich danach, dass mein Herz für Gott zusammengefasst und geeinigt wird. Woher kann solche Ganzheit und Einheit kommen? Von Gott! Daher lehrt uns Psalm 86,11 zu beten: »Lehre mich, Jahwe, deinen Weg: ich will wandeln in deiner Wahrheit! Einige mein Herz zur Furcht Deines Namens.«  
  5. Sättige mein Herz. Was ich mit all der Beschäftigung mit Gottes Wort und dem Werk des Geistes Gottes in Beantwortung meiner Gebete erreichen will ist, dass mein Herz in Gott –und nicht durch die Dinge der Welt– völlig befriedigt und gesättigt wird. Woher kommt solche Befriedigung? Von Gott! So lehrt uns Psalm 90,14 zu beten: »Sättige uns am Morgen mit deiner Gnade [o. Güte, anhaltenden Liebe], so werden wir jubeln und uns freuen in allen unseren Tagen.« 
  6. Stärke mein Herz. Ich möchte nicht, dass dieses mein Glücklichsein zerbrechlich oder schwach ist, sondern vielmehr stark, beständig und langlebig – auch angesichts größter Widrigkeiten. Ich will auch in den dunklen Zeiten stark in der Freude und ausdauernd sein. Woher kommt solche Stärke und Ausdauer? Von Gott! So lehrt uns Epheser 3,16 zu beten, »dass er [der Vater] euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen.« 
  7. Mache mich fruchtbarIch möchte nicht, dass meine Stärke in Christus nur für mich fruchtbar ist, sondern auch für andere. Ganz offenbar ist »Geben seliger als Nehmen« (Apg 20,35). Daher will ich gute Werke und »Bemühungen der Liebe« (1Thess 1,3) für andere tätigen, damit die Herrlichkeit Gottes in meinem Leben gesehen werde und auch andere schmecken und sehen mögen, dass der Herr gütig ist (Ps 34,9; 1Petr 2,3). Wer erzeugt solche guten Werke der Liebe (vgl. Eph 2,10)? Gott! So lehrt uns Kolosser 1,10 zu beten, »um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, fruchtbringend in jedem guten Werk.«  
  8. Geheiligt werde Dein Name. Damit bei all solchem Bitten und Anstreben das wichtigste Ziel nicht aus den Augen verloren werde, sollten wir Tag für Tag als fliegendes Banner über allen unseren Bitten beten (Mt 6,9): »Geheiligt werde Dein Name!« — Herr bewirke, dass aufgrund meines Lebens und Dienens Dein Name bekannt und gefürchtet und geliebt und in Ehren gehalten und bewundert und gepriesen wird und dass in diesem Namen Urvertrauen gegründet wird.

Wir wollen dies alles im Namen Jesu Christi erbitten, denn Gott gibt uns diese Dinge nur auf Grundlage des Sterbens Jesu und nur »in Ihm«. Christus starb für uns und beseitigte so den Zorn Gottes, damit der Vater uns freizügig alle geistlichen Segnungen schenken kann (vgl. Röm 8,32).

Herr, lehre uns von Anfang bis Ende auf biblische Art und Weise und mit einer biblischen Sicht, wie Du in dieser Welt handelst, zu beten. Zeige Dich uns und wie Du wirkst, damit wir beten, wie es sich gehört. Und lehre uns zu beten wie es sich gehört, damit wir Dich sehen und wie Du wirkst.

Denn die Augen Jahwes durchlaufen die ganze Erde, 
um denen treu beizustehen,
deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist.

2. Chronika 16,9a (ELB2003)

Was ihr auch tut,
arbeitet von Herzen als dem Herrn
und nicht den Menschen.

Kolosser 3,23 (ELB2003)

Referenzen

Diese Andacht entstand in eigener Adaptierung und Übersetzung aus der Vorlage von John Piper, Taste and See, S. 63–65 (Grace@logikos.club, 2009).

Bildquelle: Bild von rawpixel.com auf Freepik.

Danke, Glaubensschwester!

Immer wieder vergesse ich in dieser schnelllebigen Zeit »Danke!« zu sagen. Oft bin ich wirklich dankbar, aber manchmal vergesse ich einfach, dies die Leute auch wissen zu lassen. So nehme mir heute einmal die Zeit, Dir, meiner Schwester in der Familie Gottes, ein herzliches Dankeschön zu sagen.

Hebräer 10,25 sagt uns, dass wir die Zusammenkünfte nicht versäumen sollen, und Du hast Dir diesen Vers zu Herzen genommen. Woche für Woche sehe ich Dich in den Versammlungsstunden der Gemeinde. Das ist für mich eine echte Ermutigung. Ich weiß, dass einige von Euch ungläubige Ehemänner haben und dass Eure Umstände nicht immer die einfachsten sind. Ich schätze Deinen Einsatz und die Opfer, die Du bringst. Noch besser sieht und bewertet dies unser Herr und Heiland Jesus Christus.

In 1Thessalonicher 5,17 werden wir angehalten, ohne Unterlass zu beten. Ich weiß, dass einige von Euch für mich beten. So steht über meinem Leben die beständige Herausforderung, ein Leben zu leben, das sich Deines Einsatzes im Gebet für mich als würdig erweist. Ganz besonders möchte ich Dir dafür danken, dass Du für mich betest, wenn ich lehre oder predige. Die Verantwortung, das Wort Gottes klar und praktisch verpflichtend weiterzugeben, ist zu groß für mich, als dass ich sie ohne Dein Gebet tragen könnte.

In Römer 12,13 wird uns gesagt, dass wir Gastfreundschaft üben sollen. Ein Mahl mit Gläubigen zu teilen hat für mich immer etwas ganz Besonderes. Ich weiß noch, wie ich als Student und Junggeselle die Gastfreundschaft von Geschwistern im Herrn so positiv erfahren durfte. Das traf auch —oder gerade— auf die einfachsten Mahlzeiten zu, die wir teilen durften. Gastfreundschaft hat mir viel gegeben, teilweise lebenslange Freundschaften und Erinnerungen. Deswegen preise ich mich auch glücklich, dass der Herr Jesus mir eine gastfreundliche Ehefrau zur Seite gestellt hat, und dass ich mit ihr dem Herrn und den Seinen etwas davon zurückgeben darf. Danke, liebe Glaubensschwester, dass Du ebenfalls von Herzen mit der Pflege der Gastfreundschaft »gute Werke« tun willst (1Timotheus 5,10).

In Philemon 1,7 sagt der Apostel Paulus zu seinem Freund »ich hatte große Freude und großen Trost durch deine Liebe«. Das trifft auch auf mich zu. Deine christliche Liebe hat mir Freude und Trost gebracht — auch wenn ich einmal nicht gerade sehr liebenswert war. Auch nach Versagen und Rückschlägen versuche ich immer wieder, »mein Bestes« für Christus und Seine Gemeinde zu geben, und Du hast mir oft mit einem Wort der Ermutigung dabei geholfen.

1Korinther 14,34 sagt, dass die Frauen in den Gemeindeversammlungen schweigen sollen. Ich habe gelernt, Deine aktive, aber stille, Beteiligung an den Versammlungen wertzuschätzen. Ich vermute, dass es oft Dein stilles Gebet ist, das die Atmosphäre beim Brotbrechen bestimmt. Vielleicht bekomme ich nie die Chance, alle diese Gebete zu hören, aber ich weiß ganz sicher, dass sie alle gehört werden! Ich weiß, dass Deine Gebete einen wichtigen Beitrag zur Anbetung leisten und ich danke Dir dafür. Dein aktives Stillesein ist mir ein gutes Vorbild. Ich selbst erlebe nicht selten, dass mir die Worte fehlen, um zu sagen, was mich im Herzen bewegt. Du bist ein lebendiges Beispiel dafür, dass geistlich gesonnene Menschen ihr Herz auch schweigend im Gebet vor unserem himmlischen Vater ausschütten können.

1Korinther 11,3 spricht von Haupt-sein. Deine feine und sanfte Unterordnung unter Dein Haupt ist für mich eine beständige Erinnerung daran, dass auch ich mich meinem Haupt –Jesus Christus– unterwerfen muss. Dein Beispiel hat mir dabei geholfen. Früher, als Kind, gehorchte ich meinen Eltern. Heute ordne ich mich den Ältesten der Gemeinde unter. Selbst in meinem »weltlichen« Beruf muss ich mich meinem Vorgesetzten unterordnen. Du hast demonstriert, dass sich eine Person unterordnen kann, ohne in irgendeiner Weise deswegen geringwertiger zu sein. Du bist genauso im Bilde Gottes geschaffen, würdig und wertvoll, wie jedermann. Es tut mir leid, wenn irgendein Mann diese Lektion (immer) noch nicht verstanden hat.

Ich lese in Sprüche 31 von der tüchtigen Frau. In verschiedener Hinsicht habe ich ihre Qualitäten auch in Deinem Leben gesehen. Auch Du arbeitest hart und fleißig. Auch Du bist gütig und herzlich. In Sprüche 31,23 sehen wir, dass ihr Ehemann unter dem Volk und bei den Führern des Volkes geachtet war. Ein Gutteil des Respekts, den ich bezüglich mancher Männer in der Gemeinde empfinde, hat seine Ursache in den feinen, christlichen Qualitäten, die deren Ehefrauen offenbaren. Damit hat sich manche Ehe­frau als doppeltes »Schmuckstück« (Sprüche 12,4) erwiesen.

Wir leben in einer sexuell aufgeladenen Atmosphäre und von Zeit zu Zeit ist es für einen Mann nicht leicht, seine Gedanken von sündigen Dingen abzuhalten. Du folgst in der Wahl und Gestaltung Deines Äußeren 1Timotheus 2,9 und ich schätze Deine Schamhaftigkeit und Sittsamkeit. Es ist leicht, mit Unanständigkeit Aufsehen zu erregen, aber Du fällst auf wegen Deiner Schicklichkeit.

Zum Schluss möchte ich Dir, liebe gläubige Mutter, für die harte Arbeit danken, die Du im Aufziehen der nächsten Generation der Heiligen leistest. Wie bei einer Lois oder Eunice (2Timotheus 1,5) kann  sich Dein ungeheuchelter Glaube in Deinen Kindern wieder zeigen. Wir leben in einer Welt, die auf Mütter wie auf Aschenbrödel »mitleidig« herabschaut, aber ich sehe oft mit Bewunderung auf Dich.

Vielen Dank, Schwester! Gott segne Dich!

Dein Glaubensbruder 

Was ist das Zentralanliegen des „Calvinismus“?

Vorwort

Immer wieder wurde und wird versucht, das theologische Monumentalwerk von Johannes Calvin (auch: die Lehre Calvins, den „Calvinismus“, den reformierten Glauben) kurz zusammenzufassen und prägnant auf den Punkt zu bringen, weil der jeweiligen Leserschaft offenbar nicht zugemutet werden könne oder solle, das Werk Calvins selbst einmal in Ruhe zu studieren und anhand der Bibel zu prüfen (Apg 17,11). 

Dieser Versuch wird auch von anti-calvinistischer Seite aus immer wieder unternommen. Nicht selten muss man dabei beobachten, dass einfach von anderen abgeschrieben wird: das Richtige, das Gefälschte und das Falsche. Sekundär- und Tertiärzitate häufen sich. Ob dies auf Faulheit, Ignoranz oder Desinteresse an echter Auseinandersetzung anhand der Originalquellen beruht, sei hier dahingestellt, aber es führt nicht selten zu einem Zerrbild, das nur die eigenen Vorurteile bedient, mithin nur eine Widerspiegelung der eigenen theologischen Meinungen und Vorurteile ist. Dies ist vor allem in theologisch und biblisch weniger bewanderten Freikirchen, Gemeinschaften und religiösen Vereinen und deren Rednern und Autoren zu beobachten, die sich dem Anti-Calvinismus verschrieben haben. Zum Glück muss dies nicht die Endstation sein (Psalm 1,1–2; 119,67).

Es macht also viel Sinn, auch einmal einen „Calvinisten“ zu befragen, jemand, der nicht nur Ahnung und Vorurteile, sondern Fachkenntnis von der Materie und daher ein qualifiziertes Fachurteil besitzt. Zu diesen kann man sicher den reformierten Pastor und Theologen Joel R. Beeke (*1952) zählen, den Präsidenten des Puritan Reformed Theological Seminary in Grand Rapids, Michigan (USA).

In seinem Buch Living for God’s Glory: An Introduction to Calvinism (etwa: Leben zur Verherrlichung Gottes: Eine Einführung in den Calvinismus) geht er der Frage nach, was denn der Kern, das Mark (marrow), des Calvinismus sei. Hier ist sein Ergebnis [1] (eigene Übersetzung von Grace@logikos.club). Bibeltreue, gottesfürchtige Glaubende werden das meiste und entscheidende davon wahrscheinlich nicht als »calvinistisch«, sondern einfach als christlich und biblisch bezeichnen. Denn »Leben zur Verherrlichung Gottes« war, ist und bleibt das Urthema, der Sinn und die Bestimmung des Menschen, insbesondere des glaubenden Christen.

Erfreulich und entscheidend wichtig ist, dass Beeke nicht eine Eigenschaft (Vortrefflichkeit, Vollkommenheit) Gottes vor allen anderen auswählt, wie manche dies gerne verzerrend tun, sondern Gott Selbst in den Mittelpunkt stellt [„Theo-zentrismus“, „Gott im Mittelpunkt“, bedeutet: alles dreht sich um Gott]:

»Theozentrismus

Wenn wir den Calvinismus auf ein Begriff, ein Konzept reduzieren müssten, folgen wir am besten Warfield, der sagte, dass reformiert zu sein bedeutet, theozentrisch zu sein. Das Hauptinteresse der reformierten Theologie ist der dreieinige Gott, denn der transzendente-immanente, väterliche Gott in Jesus Christus ist Gott selbst. Calvinisten sind Menschen, deren Theologie von der Vorstellung von Gott beherrscht wird. Mason Pressly hat es so gesagt: »So wie der Methodist die Idee der Erlösung der Sünder in den Vordergrund stellt, der Baptist das Geheimnis der Wiedergeburt, der Lutheraner die Rechtfertigung durch den Glauben, die Böhmischen Brüder [auch: Brüder-Unität] die Wunden Christi, das Mitglied der Griechisch-orthodoxen Kirche die Mystik des Heiligen Geistes und der Romanist die Katholizität der Kirche, so stellt der Calvinist immer den Gedanken an Gott in den Vordergrund.«[2]

Reformiert zu sein bedeutet, die umfassende, souveräne, väterliche Herrschaft Gottes über alle Dinge und Bereiche zu betonen: jeden Bereich der Schöpfung, alle Unternehmungen der Geschöpfe und jeden Aspekt des Lebens des Gläubigen. Das vorherrschende Motiv im Calvinismus ist: „Am Anfang […] Gott“ (1Mo 1,1).

In seiner Beziehung zu uns hat Gott nur Rechte und Befugnisse. An Pflichten bindet Er sich souverän und gnädig nur durch Bundesschlüsse. Im Bund übernimmt Er die Pflichten und Verantwortungen, die er als unser Gott hat, aber das ändert nichts daran, dass Er selbst die erste Ursache und das letzte Ziel aller Dinge ist und bleibt. Das Universum wird nicht durch Zufall oder Schicksal bestimmt, sondern durch die vollständige, souveräne Herrschaft Gottes. Wir existieren nur zu einem Zweck: Ihm die Ehre zu geben. Wir haben gegenüber Gott nur Pflichten, keine Rechte. Jeder Versuch, diese Wahrheit in Frage zu stellen, ist zum Scheitern verurteilt. In Römer 9,20b heißt es: „Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht?“ Gott erlässt seine Gesetze für jeden Bereich unseres Lebens und verlangt unbedingten Gehorsam. Wir sind aufgerufen, ihm mit Leib und Seele zu dienen, im Gottesdienst und bei der täglichen Arbeit, jede Sekunde eines jeden Tages.

Reformiert zu sein, bedeutet also, sich mit dem vollständigen Charakter der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf zu befassen. Es bedeutet, das ganze Leben coram Deo zu betrachten, das heißt, vor dem Angesicht Gottes zu leben. Wie Warfield schrieb:

»Der Calvinist ist ein Mensch, der [überall] Gott erkennt: Gott in der Natur, Gott in der Geschichte, Gott in der Gnade. Überall sieht er Gott in seinem mächtigen Schreiten, überall spürt er das Wirken seines mächtigen Armes, das Pochen seines mächtigen Herzens. Der Calvinist ist ein Mensch, der Gott hinter allen Erscheinungen sieht und in allem, was geschieht, die Hand Gottes erkennt, die Seinen Willen ausführt. [Der Calvinist] macht die Haltung, die die Seele im Gebet zu Gott einnimmt, zu seiner ständigen Haltung in allen Lebensaktivitäten; [er] wirft sich völlig und ausschließlich auf die Gnade Gottes und schließt jeden Gedanken daran, dass das Werk der Erlösung auch nur im Geringsten von ihm selbst abhängig sei, aus.« [3]

Die Lehre von Gott – einem väterlichen, souveränen Gott in Jesus Christus – ist daher das Zentrum der reformierten Theologie. R. C. Sproul drückt es so aus: »Wie wir das Wesen und den Charakter Gottes selbst verstehen, beeinflusst, wie wir das Wesen des Menschen verstehen, der Gottes Ebenbild trägt; das Wesen Christi, der wirkt, um den Vater zu befriedigen; das Wesen der Erlösung, die von Gott bewirkt wird; das Wesen der Ethik, deren Normen auf Gottes Charakter beruhen; und eine Unzahl anderer theologischer Überlegungen, die alle auf unserem Verständnis von Gott beruhen.« [4] 

Calvinisten definieren also alle Lehren auf eine gottzentrierte Weise. Die Sünde ist schrecklich, weil sie eine Beleidigung für Gott ist. Die Erlösung ist wunderbar, weil sie Gott die Ehre gibt. Der Himmel ist herrlich, weil er der Ort ist, an dem Gott alles in allem ist. Die Hölle ist höllisch, weil sie der Ort ist, an dem Gott seinen gerechten Zorn offenbart. Gott ist der Mittelpunkt all dieser Wahrheiten.

Bedenken wir beispielsweise einmal, was der wahre Grund dafür ist, dass Sünde so überaus schrecklich ist. Ein Christ mag anführen, dass die Sünde den Sünder schädige und ihn ins Elend führe, aber ohne eine auf Gott ausgerichtete Perspektive wird er den wichtigsten Punkt von allen übersehen: Sünde ist ein Affront gegen Gott selbst, wie David in Psalm 51,6 bekennt: »Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen; damit du gerechtfertigt wirst, wenn du redest, für rein befunden, wenn du richtest.«

Das häufigste Wort im Römerbrief, dem größten Lehrtext der Bibel, ist nicht Gnade, Glaube, Glauben oder Gesetz, sondern Gott. Die meisten der großen theologischen Aussagen im Römerbrief beginnen mit Gott:

  • Gott hat sie hingegeben (Röm 1,24.26.28)
  • Gott wird jedem vergelten wird nach seinen Werken (Röm 2,6)
  • Gott wird das Verborgene der Menschen richten […] durch Jesus Christus (Röm 2,16)
  • Gott hat ihn dargestellt hat als ein Sühnemittel durch den Glauben an sein Blut (Röm 3,25)
  • Gott rechtfertigt die Gottlosen (Röm 4,5)
  • Gottes Liebe ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist (Röm 5,5)

Als Calvinisten sind wir in Gott verliebt. Wir sind überwältigt von seiner Majestät, seiner Schönheit, seiner Heiligkeit und seiner Gnade. Wir suchen seine Herrlichkeit, sehnen uns nach seiner Gegenwart und richten unser Leben nach ihm aus.

Andere Christen sagen, dass Evangelisation oder Erweckung ihr größtes Anliegen sei, und diese Dinge müssen uns natürlich sehr am Herzen liegen. Aber letztlich haben wir nur ein Anliegen: Gott zu kennen, ihm zu dienen und ihn verherrlicht zu sehen. Das ist unser Hauptziel. Die Rettung der Verlorenen ist deshalb wichtig, weil sie zur Verherrlichung des Namens Gottes und zum Kommen seines Reiches führt. Die Läuterung der Gesellschaft ist wichtig, weil sie uns hilft, Gottes Willen auf Erden so zu tun, wie er im Himmel getan wird. Bibelstudium und Gebet sind wichtig, weil sie uns in die Gemeinschaft mit Gott führen.«

Aus Hiob zum Letzten

[Elihu:] Siehe, Gott handelt erhaben in seiner Macht; wer ist ein Lehrer wie er?
Wer hat ihm seinen Weg vorgeschrieben, und wer dürfte sagen: Du hast unrecht getan? Erinnere dich daran, dass du sein Tun erhebst, das Menschen besingen. Alle Menschen schauen es an, der Sterbliche erblickt es aus der Ferne. Siehe, Gott ist zu erhaben für unsere Erkenntnis; die Zahl seiner Jahre, sie ist unerforschlich. […]

[Hiob:] Ich weiß, dass du alles vermagst und kein Vorhaben dir verwehrt werden kann.
Wer ist es, der den Rat verhüllt ohne Erkenntnis? So habe ich denn beurteilt, was ich nicht verstand, Dinge, zu wunderbar für mich, die ich nicht kannte. Höre doch, und ich will reden; ich will dich fragen, und du belehre mich!
Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum verabscheue ich [mich] und bereue in Staub und Asche.

Hiob 36,22-26; 42,2-6 (ELB2003)

Endenoten

[1] Joel R. Beeke, Living for God’s Glory: An Introduction to Calvinism. 1. Aufl. (Sanford, FL: Ligonier Ministries, 2008), Kapitel 3 The Marrow of Calvinism, Abschnitt Theocentrism, S. 40–42.

[2] Mason Pressly, „Calvinism and Science“ in: Evangelica Repertoire (1891), S. 662.

[3] B. B. Warfield, Calvin as a Theologian and Cavinism Today (London: Evangelical Press, 1969), S. 23–24.

[4] R. C. Sproul, Grace Unknown: The Heart of Reformed Theology (Grand Rapids: Baker, 1997), S. 25.

Göttliche Unveränderlichkeit und die Lehren der Gnade

John MacArthur,
Divine Immutability and the Doctrines of Grace.
Vorwort in: Steven J. Lawson
Foundations of Grace (A Long Line of Godly Men)
Lake Mary, FL: Ligonier Ministries, 2006.
Übersetzt von grace@logikos.club, 2023.

Die Bibel unterstreicht wiederholt und unmissverständlich die Tatsache, dass Gott sich nicht ändert. In der Tat kann er sich nicht ändern, weil er sich in seiner absoluten Vollkommenheit nicht verbessern und in seiner ewig festen Natur nicht verschlechtern kann. Seine Person ändert sich nicht: »Denn ich, der Herr, ich verändere mich nicht« (Mal 3,6a). Seine Pläne ändern sich nicht: »Der Ratschluss des Herrn besteht ewig, die Gedanken seines Herzens von Geschlecht zu Geschlecht« (Ps 33,11). Seine Absichten ändern sich nicht: »Darum hat Gott, als er den Erben der Verheißung in noch stärkerem Maße beweisen wollte, wie unabänderlich sein Ratschluss ist, sich mit einem Eid verbürgt « (Hebr 6,17 SCH2000). Gott ändert seine Meinung nicht: »Und auch lügt nicht das Vertrauen Israels, und er bereut nicht; denn nicht ein Mensch ist er, um zu bereuen.« (1Sam 15,29); oder seine Worte: Der »Heilige Israels … nimmt seine Worte nicht zurück« (Jes 31,1–2); oder seine Berufung: »Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar« (Röm 11,29; vgl. Hebr 13,8; Jak 1,17). Bei Gott gibt es keine Veränderungen, keine Abweichungen und keine Überraschungen (vgl. Ps 102,27).

Gott nimmt weder zu noch ab. Er wird nicht besser oder schlechter. Er ändert sich nicht aufgrund veränderter Umstände – es gibt keine unvorhergesehenen Notfälle für den Einen, der ewig allwissend ist. Seine ewigen Absichten bleiben für immer bestehen, weil er für immer besteht (Ps 33,11). Er re-agiert niemals, sondern er agiert (handelt) stets – und zwar so, wie es ihm gefällt (Ps 115,3).

Aus menschlicher Sicht hat es natürlich manchmal den Anschein, dass Gott seine Pläne oder sein Handeln aufgrund des Verhaltens der Menschen ändert. Aber aus Gottes Sicht ist das nicht der Fall. Weil er die Zukunft genau kennt und immer gekannt hat, weil er sie nach seinem unabänderlichen Willen geplant hat, handelt er immer so, wie er es von Ewigkeit her geplant hat. Während die Menschen nicht wissen, wie Gott handeln wird, und manchmal erstaunt sind, wenn sie sehen, wie sich seine souveränen Pläne entfalten, ist Gott nie überrascht. Er fährt fort, so zu handeln, wie er es immer getan hat, nach seinem ewigen Plan und Wohlgefallen (vgl. Ps 33,10–12; Jes 48,14; Dan 4,35; Kol 1,19–20).

Was die Menschheit betrifft, so hat Gott vorherbestimmt, ein Volk zu seiner eigenen Ehre zu erlösen. Nichts kann diesen Plan durchkreuzen (Joh 10,29; Röm 8,38–39). Vollkommenes Wissen, vollkommene unbeeinflusste Freiheit und vollkommene grenzenlose Macht, um alles zu vollenden, was er vollkommen gewollt hat – absolute Heiligkeit und moralische Vollkommenheit, die ihn dazu verpflichten, seinem Wort gegenüber wahrhaftig und treu zu sein – bedeuten, dass Gott das, was er vor Beginn der Zeit zu tun begonnen hat, auch tut und nach Ablauf der Zeit vollenden wird.

Diese weitreichenden, herrlichen Absichten Gottes sind in der Bibel offenbart und durch die Geschichte der Erlösten hindurch klar verstanden worden. Das Wort Gottes hat sie unmissverständlich offenbart, und seit der Vollendung des Kanons der Heiligen Schrift haben alle korrekten Ausleger der Bibel die gottverherrlichende Lehre vom souveränen, unveränderlichen göttlichen Vorsatz geglaubt und verkündet. Diese Wahrheit, die oft als Gnadenlehre (o. Lehren der Gnade) bezeichnet wird, hat ihren Ursprung in der souveränen Entscheidung Gottes in der Ewigkeit vor der Zeit.

Gott kann sich nicht ändern, sein Wort kann sich nicht ändern und sein Ziel kann sich nicht ändern. Seine Wahrheit ist dieselbe, weil Er die Wahrheit ist (vgl. Ps 119,160; Joh 17,17; Tit 1,2; Hebr 6,18). Im Gegensatz zur sogenannten Theologie der Offenheit Gottes (Open Theism), die behauptet, dass Gott die Zukunft nicht kenne und sich daher den Umständen laufend anpassen müsse, während diese sich entfalten, stellt die Bibel Gott als den allwissenden Herrscher über alle Ereignisse dar, seien sie vergangen, gegenwärtig oder zukünftig. Mit den Worten Jesajas (Jesaja 46,9–10):

Erinnert euch an das Frühere von der Urzeit her, 
dass ich Gott bin, und sonst ist keiner, 
dass ich Gott bin und gar keiner wie ich; 
der ich von Anfang an das Ende verkünde 
und von alters her, was noch nicht geschehen ist; 
der ich spreche: Mein Ratschluss soll zustande kommen, 
und all mein Wohlgefallen werde ich tun; […]
Ich habe geredet und werde es auch kommen lassen; 
ich habe entworfen und werde es auch ausführen.

Göttliche Gerechtigkeit und die Lehre von der Erwählung

Trotz der Klarheit, mit der die Heilige Schrift dieses Thema anspricht, tun sich viele bekennende Christen heute schwer damit, Gottes Souveränität anzuerkennen – vor allem, wenn es um sein Erwählungswerk in der Erlösung geht. Ihr häufigster Einwand ist natürlich, dass die Lehre von der Erwählung ungerecht sei. Doch ein solcher Einwand entspringt eher menschlichen Vorstellungen von Fairness als dem objektiven, göttlichen Verständnis von wahrer Gerechtigkeit. Um die Frage der Erwählung angemessen behandeln zu können, müssen wir alle menschlich-begrenzten Überlegungen beiseitelassen und uns direkt auf das Wesen Gottes und seinen gerechten Maßstab konzentrieren. Bei der göttlichen Gerechtigkeit muss die Diskussion beginnen.

Was ist göttliche Gerechtigkeit? Einfach ausgedrückt: Sie ist ein wesentliches Attribut Gottes, durch das er ohne Begrenzungen vollkommen und unabhängig genau das tut, was er tun will, und zwar wann und wie er es tun will. Da er der Maßstab der Gerechtigkeit ist, ist alles, was er tut, grundsätzlich (per definitionem) gerecht. Wie William Perkins vor vielen Jahren sagte: »Wir sollten niemals denken, dass Gott eine Sache tue, weil sie gut und richtig sei, sondern vielmehr, dass eine Sache gut und richtig ist, weil Gott sie will und bewirkt.«

Deshalb definiert Gott für uns, was Gerechtigkeit ist, denn er ist im Wesen gerecht und rechtschaffen. Was er tut, spiegelt dieses sein Wesen wider. Sein freier Wille – und nichts anderes – steht hinter seiner Gerechtigkeit. Das bedeutet, dass alles, was er will, gerecht ist, und zwar nicht aufgrund eines äußeren Gerechtigkeitsmaßstabes, sondern einfach, weil er es so will.

Weil die Gerechtigkeit Gottes ein Ausfluss seines Wesens ist, unterliegt sie nicht den gefallenen menschlichen Annahmen darüber, was Gerechtigkeit sein sollte. Der Schöpfer schuldet dem Geschöpf nichts, nicht einmal das, was er gnädiger Weise zu geben bereit ist. Gott handelt nicht aus Pflicht und Zwang, sondern aus seinem eigenen, unabhängigen Vorrecht heraus. Das ist es, was es bedeutet, Gott zu sein. Und weil er Gott ist, sind seine frei beschlossenen Handlungen in sich stets richtig und vollkommen.

Zu sagen, dass Erwählung ungerecht sei, ist nicht nur unzutreffend, sondern verkennt auch das eigentliche Wesen der wahren Gerechtigkeit. Was fair, richtig und gerecht ist, ist das, was Gott tun will. Wenn Gott also diejenigen auswählen will, die er retten will, dann ist es in sich gerecht (seinem Wesen entsprechend), dass er das tut. Wir können unserem Verständnis von Gottes Wirken nicht unsere eigenen Vorstellungen von Fairness aufzwingen. Stattdessen müssen wir die Heilige Schrift heranziehen, um zu sehen, wie Gott selbst in seiner vollkommenen Gerechtigkeit entscheidet, zu handeln.

Was ist die Lehre von der Erwählung?

Die Vorstellung, dass Gott tut, was er will, und dass das, was er tut, wahr und richtig ist, weil er es tut, ist grundlegend für unser Verständnis der gesamten Heiligen Schrift, einschließlich der Lehre von der Erwählung.

Im weitesten Sinne bezieht sich die Erwählung auf die Tatsache, dass Gott sich frei entscheidet (oder: erwählt), was er tut, und dieses so zu tun, wie er es für richtig hält. Wenn er handelt, tut er das nur, weil er sich willentlich und unabhängig dafür entscheidet. Gemäß Seines eigenen Wesens, seines vorherbestimmten Plans und seines Wohlgefallens entscheidet er sich, das zu tun, was er will, ohne irgendeinen Druck oder irgendwelche Schranken durch äußere Einflüsse.

Die Bibel weist immer wieder auf diesen Punkt hin. Beim Schöpfungsakt hat Gott genau das geschaffen, was er erschaffen wollte, und zwar so, wie er es erschaffen wollte (vgl. 1Mo 1,31). Und seit der Schöpfung hat er alles in der menschlichen Geschichte souverän vorgeschrieben oder zugelassen, um den Erlösungsplan zu verwirklichen, den er zuvor entworfen hatte (vgl. Jes 25,1; 46,10; 55,11; Röm 9,17; Eph 3,8–11).

Im Alten Testament wählte er aus allen Völkern der Welt ein Volk für sich aus, nämlich Israel (5Mo 7,6; 14,2; Ps 105,43; 135,4). Er wählte die Israeliten nicht deshalb aus, weil sie besser oder begehrenswerter waren als andere Völker, sondern einfach, weil er sich entschlossen hatte, sie zu erwählen. Mit den Worten von Richard Wolf: »Wie seltsam von Gott, die Juden zu erwählen!“ Das Gleiche hätte auch für jedes andere Volk gegolten, wenn Gott dieses ausgewählt hätte. Gott wählt, wen immer er wählt, aus Gründen, die ganz und gar seine sind.

Das Volk Israel war nicht der einzige Empfänger von Gottes Auserwählung in der Heiligen Schrift. Im Neuen Testament wird Jesus Christus als »mein Auserwählter« bezeichnet (Lk 9,35). Auch die heiligen Engel werden als »auserwählte Engel« bezeichnet (1Tim 5:21). Und die Gläubigen des Neuen Testaments werden »Gottes Auserwählte« genannt (Kol 3,12; vgl. 1Kor 1,27; 2 Thess. 2,13; 2Tim 2,10; Tit 1,1; 1Petr 1,1; 2,9; 5,13; Offb 17,14), was bedeutet, dass die Gemeinde Jesu eine Gemeinschaft der Erwählten oder »Auserwählten« ist (Eph 1,4).

Als Jesus zu seinen Jüngern sagte: »Ihr habt nicht mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt« (Joh 15,16a), hat er diese Wahrheit unterstrichen. Und das Neue Testament bekräftigt sie an vielen Stellen. Apostelgeschichte 13,48b beschreibt die Erlösung mit diesen Worten: »[E]s glaubten, so viele zum ewigen Leben bestimmt waren.« In Epheser 1,4–6 heißt es, dass Gott »uns auserwählt hat in ihm [Christus] vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten«. In seinen Briefen an die Thessalonicher erinnert Paulus seine Leser daran, dass er wusste, dass Gott sie auserwählt hatte (1Thess 1,4), und dass er für sie dankbar war, dass »Gott [sie] von Anfang erwählt hat zur Errettung in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit« (2Thess 2,13b). Das Wort Gottes ist eindeutig und klar: Die Gläubigen sind solche, die Gott vor aller Zeit zum Heil erwählt hat.

Die »Vorkenntnis« [SCH2000: »Vorsehung«], auf die sich Petrus bezieht (1Petr 1,2), sollte nicht mit einfachem Vorherwissen verwechselt werden. Einige lehren diese Ansicht und behaupten, dass Gott in der Ewigkeit vor der Zeit in die Geschichte hineingeschaut habe, um zu sehen, wer auf seinen Ruf zum Heil antworten würde, und dann die Erlösten auf der Grundlage ihrer Antwort ausgewählt habe. Eine solche Erklärung macht Gottes Entscheidung von der Entscheidung des Menschen abhängig und verleiht dem Menschen eine Souveränität, die nur Gott zusteht. Sie macht Gott zu jemand, der passiv erwählt wird, statt zu Dem, der selbst aktiv auswählt. Und diese Auffassung missversteht auch die Art und Weise, in der Petrus den Begriff »Vorkenntnis« verwendet. In 1. Petrus 1,20 verwendet der Apostel die Verbform dieses Wortes (griech. prognosis), um sich auf Christus zu beziehen (»der zwar zuvor erkannt ist«). In diesem Fall schließt das Konzept der »Vorkenntnis« sicherlich die Idee einer bewussten Entscheidung ein. Daraus ist zu schließen, dass dasselbe gilt, wenn Petrus an anderen Stellen prognosis auf die Gläubigen anwendet (vgl. 1Petr 1,2: »auserwählt nach Vorkenntnis Gottes«).

Auch im neunten Kapitel des Römerbriefs werden die Erwählungsabsichten Gottes aufgezählt. Dort wird Gottes auserwählendes Vorrecht in Bezug auf seine rettende Liebe zu Jakob (und Jakobs Nachkommenschaft) im Gegensatz zu Esau (und Esaus Nachkommenschaft) deutlich dargestellt. Gott erwählte Jakob und nicht Esau, aber diese nicht aufgrund von etwas, das Jakob oder Esau getan hatten, sondern nach seinen eigenen freien und unbeeinflussten souveränen Absichten. Jenen, die daraufhin mit: »Das ist ungerecht!« protestieren könnten, weist Paulus in die Schranken mit der Frage: »Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott? « (Röm 9, 20).

Diese Übersicht ließe sich um viele weitere Bibelstellen ergänzen. Doch so eindeutig das Wort Gottes auch ist, die Menschen haben immer wieder Schwierigkeiten, die Lehre von der Erwählung zu akzeptieren. Nochmals: Der Grund dafür ist, dass sie zulassen, dass ihre vorgefassten Meinungen darüber, wie Gott handeln sollte (basierend auf einer menschlichen Definition von Fairness), die Wahrheit seiner Souveränität, wie sie in der Heiligen Schrift dargelegt ist, außer Kraft setzen.

Offen gesagt, der einzige Grund, an die Erwählung zu glauben, ist, dass sie ausdrücklich in Gottes Wort steht. Kein Mensch und kein Gremium von Menschen hat diese Lehre erfunden. Wie die Lehre von der ewigen Bestrafung steht sie im Widerspruch zum Diktat des fleischlichen Verstandes. Sie widerstrebt den Empfindungen des nichtwiedergeborenen Herzens. Wie die Lehre von der Dreieinheit Gottes und der wunderbaren Geburt unseres Erlösers muss die Wahrheit der Erwählung, weil sie von Gott geoffenbart wurde, mit einfältigem und bedingungslosem (zweifelfreiem) Glauben angenommen werden. Wenn man eine Bibel hat und ihr glaubt, hat man keine andere Wahl, als zu akzeptieren, was sie lehrt.

Das Wort Gottes stellt Gott als den Leiter und Lenker aller Geschöpfe dar (Dan 4,35; Jes 45,7; Lam 3,38), als den Allerhöchsten (Ps 47,2; 83,18), als den Herrscher über Himmel und Erde (1Mo 14,19; Jes 37,16) und als den, gegen den niemand bestehen kann (2Chr 20,6; Hiob 41,10; Jes 43,13). Er ist der Allmächtige, der alles nach dem Ratschluss seines Willens wirkt (Eph 1,11; vgl. Jes 14,27; Offb 19,6) und der himmlische Töpfer, der die Menschen nach seinem Wohlgefallen formt (Röm 9,18–22). Kurz gesagt, er ist der Entscheider und Bestimmer des Schicksals eines jeden Menschen und der Lenker jeder Einzelheit im Leben eines jeden (Spr 16,9; 19,21; 21,1; vgl. 2Mo 3,21–22; 14,8: Esra 1,1; Dan 1,9; Jak 4,15) – was eigentlich nur eine andere Art ist, zu sagen: »Er ist Gott«.

Warum hat Gott beschlossen, die Erlösten zu erwählen?

Obwohl sich die Lehre von der Erwählung allgemein auf alles bezieht, was Gott tut, bezieht sie sich in einem spezifischen neutestamentlichen Sinn meist auf die Erwählung von Sündern, dass diese erlöste Heilige in seiner Gemeinde werden. Die göttliche Erwählung spricht in diesem speziellen Zusammenhang von Gottes unabhängiger und vorherbestimmter Wahl derer, die er retten und in die Körperschaft des Leibes Christi aufnehmen will. Gott hat jene Sünder nicht gerettet, weil sie ihn gewählt haben, sondern weil er sie erwählt hat.

Aber warum hat Gott dies getan? Warum hat er von Ewigkeit her souverän beschlossen, einen Teil der gefallenen Menschheit zu retten, die zu einer Gemeinschaft von Erlösten würde? Um diese Frage zu beantworten, ohne fälschlicherweise unsere eigenen vorgefassten Meinungen einzubringen, müssen wir uns an das Wort Gottes wenden, denn dort hat Gott uns seine Gedanken offenbart. Natürlich werden wir als gefallene Menschen niemals in der Lage sein, die unendliche Weisheit Gottes in dieser Hinsicht vollständig zu begreifen (vgl. Röm 11,33–36). Nichtsdestotrotz gibt uns die Heilige Schrift mehrere Einblicke in die göttliche Motivation hinter der Erwählung.

Warum also hat Gott beschlossen, Sünder zu retten?

Göttliche Erwählung und die Verheißung Gottes

Die Antwort beginnt mit der Verheißung Gottes. In Titus 1,1–2 lesen wir: »Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten.« In diesen Versen definiert der Apostel Paulus kurz und bündig die Fülle des Heils und knüpft sie direkt an die ewige Verheißung Gottes.

Das Heil besteht in seiner Fülle aus drei Hauptbestandteilen: Rechtfertigung (die Errettung des Sünders im Augenblick der Bekehrung von der Strafe der Sünde durch das stellvertretende Opfer Christi), Heiligung (die fortwährende Errettung des Sünders von der Macht der Sünde in diesem Leben) und Verherrlichung (die endgültige, vollständige Errettung des Sünders von der Gegenwart der Sünde im zukünftigen Leben). Als Prediger des Evangeliums betonte Paulus jeden dieser Aspekte in seinem Dienst.

Weil er die Rechtfertigung verstand, predigte er das Evangelium »nach [kata; engl.: »for the sake of« (ESV)] dem Glauben der Auserwählten Gottes«, weil er wusste, dass Gott durch die Verkündigung der Wahrheit diejenigen rechtfertigen würde, die er zur Rettung auserwählt hatte (vgl. Röm 10,14–15). Weil er die fortschreitende Heiligung verstand, suchte Paulus diejenigen zu stärken, die die Wahrheit bereits angenommen hatten, und erbaute sie »nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist«. Und weil er die Verherrlichung verstand, erinnerte Paulus die ihm anvertrauten Menschen leidenschaftlich an die »Hoffnung des ewigen Lebens« – den Höhepunkt und die letztliche Erfüllung ihrer Errettung in Christus.

Paulus predigte das Evangelium von Christus mit großer Klarheit, damit die Auserwählten es hören und glauben konnten. Wenn sie glaubten, lehrte er sie die Wahrheit, damit sie gottesfürchtig werden konnten; und er entfaltete für sie auch die Hoffnung auf das ewige Leben, was ihnen die Ermutigung und Motivation gab, die sie für ein treues Leben brauchten. 

Nachdem er das Heil in drei kurzen Sätzen zusammengefasst hat, beendet Paulus Vers 2 mit diesen Worten: »das [=ewige Leben] Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten«. Der Apostel will damit sagen, dass das ganze sich entfaltende Wunder der Erlösung, das im ewigen Leben gipfelt, auf dem unbedingten Versprechen unseres vertrauenswürdigen Gottes beruht. Die Tatsache, dass Gott nicht lügen kann, ist sowohl selbstverständlich als auch biblisch belegt (vgl. 4Mo 23,19; 1Sam 15,29; Joh 14,6.17; 15,26). Da Gott die Quelle und das Maß aller Wahrheit ist, ist es für Gott per definitionem »unmöglich zu lügen« (Hebr 6,18). Wenn der Teufel »die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und ihr Vater« (Joh 8,44), Lüge ist ihm wesenseigen. Entsprechend redet Gott, wann immer er spricht, die Wahrheit aus seinem eigenen Wesen heraus, denn er ist der Vater der Wahrheit.

Dieser Gott der Wahrheit, der der einzig wahre Gott ist, hat schon vor langer Zeit versprochen, dass diejenigen, die er dazu auserwählt hat, in diesem Leben gerechtfertigt und geheiligt zu werden, auch im zukünftigen Leben verherrlicht werden. Der Ausdruck »vor ewigen Zeiten« bezieht sich nicht einfach auf die bisherige menschliche Geschichte, er bedeutet vielmehr »bevor die Zeit begann«. Zwar wiederholte Gott seinen Plan des Heils und des ewigen Lebens gegenüber gottesfürchtigen Menschen wie Abraham, Mose, David und den Propheten, aber die ursprüngliche Verheißung wurde in der Ewigkeit vor der Zeit gegeben und ratifiziert (vgl. Eph 1,4–5; Hebr 13,20). Bevor die Zeit begann, erwählte er diejenigen, die den Glauben annehmen würden (Tit 1,1), und versprach, sie für alle Ewigkeit zu retten (1,2).

Aber wem gegenüber hat Gott dieses Versprechen gegeben? Wenn er es vor dem Beginn der Zeit gegeben hat, dann kann er es weder einem Menschen noch einem anderen geschaffenen Wesen gegeben haben. Vor der Erschaffung der Zeit gab es nichts außer Gott selbst. Wem also hat er dieses Versprechen gegeben?

Göttliche Erwählung und die Liebe des Vaters

In 2. Timotheus 1,9 werden wir zur Antwort geführt. Der Vers spricht von Gott und sagt, dass er »uns errettet hat und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben […] worden ist«. Der Ausdruck »vor ewigen Zeiten« ist die Wiedergabe desselben griechischen Ausdrucks, der mit denselben Worten in Titus 1,2 wiedergegeben wird. Auch hier bedeutet er wörtlich »bevor die Zeit begann«. In der Ewigkeit vor der Zeit, vor Anbruch der Geschichte, traf Gott die unwiderrufliche Entscheidung, den Erlösten das Heil zu gewähren. Dies ist die Verheißung in Titus 1,2 und es ist eine Verheißung, die Gott nach seiner eigenen, unabhängigen Absicht und Gnade gegeben hat. Einfach ausgedrückt: Es war ein Versprechen, das er sich selbst gegeben hat.

Genauer gesagt handelte es sich, wie wir sehen werden, um eine Verheißung des Vaters an den Sohn. Der Plan Gottes war von Ewigkeit her, einen Teil der gefallenen Menschheit durch das Werk des Sohnes und zur Ehre des Sohnes zu erlösen (vgl. 2Tim 4,18). Es gab einen Moment in der Ewigkeit vor der Zeit (wenn wir so in unvollkommen zeitlichen Begriffen von der Ewigkeit sprechen dürfen), als der Vater seine vollkommene und unbegreifliche Liebe zum Sohn zum Ausdruck bringen wollte. Um dies zu tun, beschloss er, dem Sohn eine erlöste Menschheit als Liebesgabe zu geben – eine Schar von Männern und Frauen, deren Aufgabe es sein sollte, den Sohn während aller Äonen der Ewigkeit zu preisen und zu verherrlichen und ihm vollkommen zu dienen. Engel allein würden in dieser Hinsicht nicht ausreichen, denn es gibt Eigenschaften des Sohnes, für die Engel ihn nicht richtig preisen können, da sie die Erlösung nie erfahren haben. Aber eine erlöste Menschheit, als direkte Empfänger seiner unverdienten Gunst, würde für immer als ein ewiges Zeugnis für die unendliche Größe seiner Barmherzigkeit und Gnade stehen.

Der Vater beschloss daher, dem Sohn eine erlöste Menschheit als sichtbaren Ausdruck seiner unendlichen Liebe zu geben. Dabei wählte er alle aus, die diese erlöste Menschheit bilden sollten, und schrieb, bevor die Welt begann, ihre Namen in das Buch des Lebens (Offb  13,8; 17,8). Sein Geschenk an den Sohn besteht aus denjenigen, deren Namen in diesem Buch stehen – eine freudige Gemeinde unverdienter Heiliger, die den Sohn für immer preisen und ihm dienen werden.

Das Johannesevangelium macht diese wunderbare Realität noch deutlicher. In Johannes 6 zum Beispiel sagt Jesus ganz klar, dass die Gläubigen ein Geschenk seines Vaters an ihn sind. Er sagt seinen Zuhörern: »Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen« (Joh 6,37). Und später: »Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht« (Joh 6,44). Mit anderen Worten: Der Vater zieht Sünder, um sie dem Sohn liebevoll zu präsentieren. Alle, die gezogen werden, kommen. Alle, die kommen, nimmt der Sohn auf und umarmt sie. Keiner davon wir je abgewiesen werden, denn der Sohn würde niemals diejenigen abweisen, die ein Geschenk des Vaters sind.

Das Heil kommt also nicht deswegen zu den Sündern, weil sie von Natur aus begehrenswert seien, sondern weil der Sohn in sich der Gabe des Vaters würdig ist. Der Zweck der Erlösung besteht ja darin, dass der Sohn durch die Erlösten auf ewig verherrlicht werde. Es geht dabei nicht um die Ehre des Sünders, sondern um die Ehre des Sohnes. Und als Antwort auf die Liebe des Vaters nimmt der Sohn die zum ihm Gezogenen gerne an, gänzlich deswegen, weil sie ein Geschenk des Vaters sind, den er liebt. Es ist seine vollkommene Dankbarkeit, die seine Arme öffnet, um die Verlorenen zu umarmen.

In Johannes 6,39 sagt Jesus, dass das, was vom Vater versprochen wurde, vom Sohn bewahrt wird: »Dies aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich von allem, was er mir gegeben hat, nichts verliere, sondern es auferwecke am letzten Tag.« Wenn der Sohn die vom Vater zu ihm Gezogenen aufnimmt, bewahrt er sie sicher und sorgt dafür, dass sie eines Tages zum ewigen Leben auferweckt werden (vgl. Joh 5,29). Wenn der Sohn diejenigen auferweckt, die ihn auf ewig anbeten werden, wird er den Plan erfüllen, den Gott in der vergangenen Ewigkeit gefasst hat. Wie Jesus in Johannes 6,38 sagt: »[I]ch bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun [irgend einen eigenen Plan auszuführen], sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.« Dieser Plan umfasst, wie der Herr in Johannes 6,39erklärt, die zukünftige Auferstehung aller, die der Vater ihm gegeben hat.

Ohne Frage ist die Lehre von der ewigen Sicherheit der Geretteten ein fester Bestandteil dieser Diskussion, weil sie in den Plan mit eingebaut ist. Christus beschützt diejenigen, die der Vater erwählt hat. Er wird nie einen von ihnen verlieren, denn sie sind Liebesgaben des Vaters an ihn. Sie sind wertvoll, nicht wegen ihrer angeborenen Lieblichkeit, sondern wegen der Lieblichkeit dessen, der sie dem Sohn gegeben hat. Deshalb bewahrt der Sohn sie in Sicherheit und deshalb wird uns »weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn« (Röm 8,38–39).

Diese tiefe Wahrheit wird in Johannes 17 wiederholt. Als das Kreuz nur noch wenige Stunden entfernt war, wusste Jesus, dass er eine Zeit der Trennung von Gott erleben würde (vgl. Mt 27,46), in der er den Zorn Gottes für die Sünde tragen würde (vgl. Jes 53,10; 2Kor 5,21). Im Bewusstsein dessen, dass er die Seinen in diesem Augenblick nicht werde beschützen können, vertraute er ihre Bewahrung demjenigen an, der sie ihm gegeben hatte. In Johannes 17,9–15 bittet Jesus seinen Vater mit diesen Worten:

Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein (und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, mein), und ich bin in ihnen verherrlicht. Und ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins seien wie wir.
Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast; und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren gegangen – als nur der Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde.
Jetzt aber komme ich zu dir; und dieses rede ich in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Bösen.

In diesem Zusammenhang betet Jesus für die Seinen, die in der Welt sind. Er weiß, dass die Erlösten diejenigen sind, die der Vater ihm gegeben hat, und er wiederholt, dass er sie treu beschützt und bewahrt hat. Aber jetzt, auf dem Weg zum Kreuz, bittet er den Vater, sie in dem Moment zu beschützen, in dem er dazu nicht mehr in der Lage sein wird. In dem einen Fall in der gesamten Erlösungsgeschichte, in dem der Böse in den Plan unterbrechend eingreifen könnte, vertraut der Sohn die Erlösten der wachsamen und liebevollen Fürsorge seines Vaters an. Wie Jesus zuvor gesagt hatte: »Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben« (Joh 10,29). Der Sohn war zuversichtlich, dass die Seinen in dem unlösbaren Griff seines Vaters sicher sein würden.

In Johannes 17,24 betet Jesus weiter: »Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.« Hier ist der glorreiche Sinn des Liebesgeschenks des Vaters an den Sohn unverkennbar: Die überragende Herrlichkeit des Sohnes soll von den Erlösten gepriesen und verherrlicht werden. Auch die Motivation des Vaters für diese Gabe ist klar: Er wollte die Liebe beweisen, die er zum Sohn hatte, bevor die Welt erschaffen wurde.

Es ist klar, dass die Lehre von der Erwählung weit über das hinausgeht, was wir mit unseren endlichen Fähigkeiten begreifen können. Wir stehen staunend vor diesen innertrinitarischen Liebesbekundungen, die so unergründlich und unaussprechlich sind. Und immer wieder werden wir durch kleine Einblicke in die göttliche Absicht hinter der Erwählung daran erinnert, dass es bei der Erlösung um etwas geht, das weit über unser eigenes Glück hinausgeht.

In Römer 8,29–30 erhalten wir einen weiteren inspirierten Einblick in diese unermessliche Realität. Paulus schreibt: »Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.« Obwohl man viel über diese Verse sagen könnte, sind zwei Punkte im Hinblick auf die Lehre der Erwählung von größter Bedeutung. Erstens: Als Gott uns durch seine Auserwählung vorherbestimmt hat, hat er uns nicht nur für den Anfang unseres Heils vorherbestimmt, sondern auch für dessen Ziel. Wir wurden nicht auserwählt, um nur gerechtfertigt zu werden. Wir wurden auserwählt, um verherrlicht zu werden. Wie Paulus das hier formuliert, könnte nicht deutlicher sein: Was Gott mit der Erwählung begonnen hat, setzt sich durch die Berufung und die Rechtfertigung fort und wird unweigerlich in der Verherrlichung enden. Der Prozess, der Gottes Prozess ist, ist ohne Fehler und Versagen, weil Er dahintersteht.

Zweitens rettet Gott nicht nur eine auserwählte, erlöste Menschheit, die den Sohn verherrlichen und ihm für immer dienen wird, sondern er macht sie auch dem Sohn gleich. Die Erlösten in Christus werden seinem Bild gleichgestaltet, was erst in der Verherrlichung vollständig und endgültig geschehen wird (1Joh 3,2; Phil 3,20–21). Es wurde zu Recht gesagt, dass Nachahmung die höchste Form des Lobes ist, denn dies wird die höchste Anerkennung für den Sohn sein – er wird der Erste unter vielen sein, die ihm ähnlich geworden sind. Sie werden seine Güte widerspiegeln, weil sie ihm gleich sein werden, und sie werden seine Größe verkünden, indem sie ihn ohne Unterlass in Ewigkeit anbeten.

Göttliche Erwählung und die Aufgabe des Sohnes

In 1. Korinther 15,25–28 finden wir eine bemerkenswerte Schlussfolgerung zu dieser ganzen Diskussion. Dort sagt Paulus: »Denn er [Christus] muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. Als letzter Feind wird der Tod weggetan. Denn ›alles hat er seinen Füßen unterworfen‹. Wenn er aber sagt, dass alles unterworfen sei, so ist es offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei.«

Dieser Abschnitt bezieht sich auf das Ende des Zeitalters und offenbart, dass der Tag kommen wird, an dem Christus, der König der Könige, seinen rechtmäßigen Thron besteigen und das Universum, das ihm gehört, zurückfordern wird. Zu diesem Zeitpunkt wird ihm alles unterworfen sein, auch der Tod, und alle Erlösten werden in der Herrlichkeit versammelt sein und in der Fülle der ewigen Anbetung jubeln. Wenn das alles geschehen ist, »dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der [gemeint ist der Vater] ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei«. Mit anderen Worten: Wenn das ganze Liebesgeschenk der erlösten Menschheit Jesus Christus übergeben worden ist, dann wird er diese erlöste Menschheit nehmen und alles, einschließlich seiner selbst, dem Vater zurückgeben als Ausdruck seiner Gegenliebe gegenüber der unendlichen Liebe des Vaters. In diesem Augenblick werden die Erlösungsabsichten Gottes vollständig verwirklicht sein.

Die Lehre von der Erwählung ist also das Herzstück der Erlösungsgeschichte. Sie ist keine unbedeutende, esoterische Lehre, die trivialisiert oder auf Debatten in den Seminarräumen verwiesen werden kann. Vielmehr steht sie im Mittelpunkt unseres Verständnisses von Erlösung und der Gemeinde Jesu. Sie prägt unsere Evangelisation, unsere Verkündigung und unsere Identität als Leib Christi.

Sie hilft uns auch zu verstehen, warum Christus seine Braut, die Gemeinde, so ernst nimmt – sie ist sein Liebesgeschenk vom Vater. Die Gemeinde ist für ihn so wertvoll, dass er bereit war, große Schwierigkeiten und schließlich den Tod zu ertragen, um das Geschenk zu empfangen. »Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet« (2Kor 8,9; vgl. Phil 2,5–11). Er ließ unendliche geistliche Reichtümer hinter sich, damit seine Auserwählten dieselben Reichtümer erben können (vgl. Röm 8,17). Er hat die tiefste Armut auf sich genommen, die überhaupt möglich ist, indem er auf seine himmlischen Annehmlichkeiten und auf den unabhängigen Gebrauch seiner göttlichen Vollkommenheiten verzichtete und sich entschied, die Strafe der Sünde durch sein Opfer am Kreuz auf sich zu nehmen. Paulus erklärt dies so: »Den, der Sünde nicht kannte [d. h. Christus], hat er [Gott, der Vater] für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm« (2Kor 5,21).

Jesus war völlig unschuldig. Doch am Kreuz behandelte der Vater Ihn so, als hätte Er persönlich jede Sünde begangen, die von all den Menschen, die jemals an Ihn glauben würden, begangen wurden oder begangen werden. Obwohl er selbst makellos war, erlebte Er die volle Wucht des Zornes Gottes und ertrug die Strafe der Sünde stellvertretend für alle, die zu retten Er gekommen war. Auf diese Weise wurde der sündlose Gottessohn zum perfekten Stellvertreter für die sündigen Menschensöhne.

Aufgrund des Opfers Christi werden die Auserwählten in Ihm zur Gerechtigkeit Gottes. So wie der Vater den Sohn als Sünder behandelte, obwohl der Sohn sündlos war, so behandelt der Vater jetzt die Gläubigen als Gerechte, obwohl sie ungerecht waren. Jesus hat sein Leben für die Sünder eingetauscht, um den Auserwählungsplan Gottes zu erfüllen. Und Er tat es, damit Er am Ende dem Vater das Liebesgeschenk zurückgeben konnte, das der Vater Ihm gegeben hatte.

Wenn wir über diese Wahrheiten nachdenken, werden wir in die unermesslichen Tiefen der Pläne und Absichten Gottes geworfen. Wie Paulus in Römer 11,33–36 ausrief:

»Oh, die Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! 
Wie unergründlich sind seine Gerichte und wie unerforschlich seine Wege!«
»Denn wer kennt die Gedanken des Herrn, und wer ist sein Ratgeber gewesen?«
»Oder wer hat ihm eine Gabe gegeben, damit er sie zurückbekommt?« 
Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. 
Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Diejenigen, die Gott lieben, sind erstaunt und erstaunt und können nur mit aufrichtiger Anbetung und demütiger Unterwerfung reagieren. Sie müssen Ihn preisen für seine Barmherzigkeit, seine Gnade und seine herrlichen Absichten, der dies alles vor aller Zeit geplant hat. Und sie müssen sich seiner Souveränität unterwerfen, die nicht nur im ganzen großen Universum regiert, sondern auch in den kleinsten Details ihres täglichen Lebens. Das ist ihre Rolle als Teil des Liebesgeschenks des Vaters an den Sohn. Anbeten und Dienen ist das, wozu sie von Ewigkeit her bestimmt waren. Und das werden sie auch in der unaussprechlichen Freude der ewigen Herrlichkeit weiterhin vollkommen tun.

Die Realität ist also, dass die Gläubigen nur ein kleiner Teil eines viel größeren göttlichen Plans sind. Der Vater hat aufgrund seiner Liebe zum Sohn vor Beginn der Zeit beschlossen, eine erlöste Gemeinschaft zu erwählen, die den Sohn in alle Ewigkeit preisen würde. Und der Sohn nahm aus Liebe zum Vater dieses Liebesgeschenk des Vaters an und hielt es für so kostbar, dass er sein Leben dafür gab. Der Sohn beschützt diejenigen, die der Vater erwählt hat, um sie ihm zu geben, und verspricht, sie nach dem vorherbestimmten Plan Gottes zur Herrlichkeit zu führen.

Die lange Reihe gottesfürchtiger Männer

Geschichte ist die Entfaltung dieses Plans Gottes: Dass diejenigen, die er erwählt hat, durch die Person und das Werk des Sohnes berufen, gerechtfertigt und verherrlicht werden. Geschichte begann, als Gott Zeit und Raum nach seinem ewigen Erlösungsplan erschuf. Und sie wird enden, wenn alle seine Absichten für seine Schöpfung nach demselben ewigen Plan vollendet sind.

Es überrascht nicht, dass Gottes Diener im Laufe der Geschichte dies als Realität verstanden und sich zu eigen gemacht haben. Von Mose bis zur Gegenwart gibt es eine lange Reihe gottesfürchtiger Menschen, die diese Gewissheit in ihren Worten und ihrem Leben zum Ausdruck gebracht haben. Diese Diener Gottes sind unsere menschlichen Glaubenshelden. Aber es ist nicht eine ihnen angeborene Größe, der wir Beifall spenden. Vielmehr ist es die Größe und Herrlichkeit ihres souveränen Gottes, die sich in ihrem Leben und in ihren Lehren widerspiegelt, die uns so sehr beeindruckt. Das Thema dieser Buchreihe (Foundations of Grace; verdeutscht: Grundlagen der Gnade) ist der unveränderliche Charakter und die Treue Gottes in den Lehren der Gnade.

In Band eins (A Long Line of Godly Men; verdeutscht: Eine lange Reihe gottesfürchtiger Männer) liefert Steven Lawson klar und umfassend die biblische Grundlage für die Lehren der Gnade. Dieser Band liefert die biblische Basis für alles Folgende. Die Bände zwei bis fünf stehen wie Säulen auf diesem festen Fundament und zeichnen das Echo der göttlichen Offenbarung durch die Kirchengeschichte hindurch auf. Im gesamten Werk wird schnell deutlich, dass die Verfasser der Heiligen Schrift und die ihnen folgenden Schriftausleger dieselben unveränderlichen Lehren hochhielten und lehrten, die das göttliche, souveräne Heil ausmachen. Wenn man die Berichte von diesen gottesfürchtigen Männern liest, staunt man nicht über deren Talent, Fähigkeiten oder einzigartige Umstände, sondern über ihre Beständigkeit, mit der sie dieselbe göttliche Wahrheit der Lehren der Gnade praktizierten und verkündeten.Daher geht es in A Long Line of Godly Men (Eine lange Reihe gottesfürchtiger Männer) nicht in erster Linie um diese Männer, sondern um den Gott, von dem das Leben dieser Männer zeugt. Obwohl gottesfürchtige Männer kommen und gehen, wie jeder Überblick über die Geschichte deutlich macht, ändert sich der Gott, der durch diese Männer sprach, nie, und seine Botschaft auch nicht. Und das ist es, was Lawsons Werk so reich und erbaulich macht. Der Gott des Mose, der Gott des Petrus, der Gott des Chrysostomus, der Gott Luthers, der Gott Edwards, der Gott Spurgeons und der Gott, dem wir heute dienen, befiehlt uns, die unveränderlichen Wahrheiten zu verkünden, die in der Vergangenheit als Basis gelegt wurden. Die Unveränderlichkeit Gottes und die Ewigkeit seiner Wahrheiten, insbesondere die Lehre von der souveränen Erwählung, bilden den Eckpfeiler dieser Geschichte.

Textquellen