Eine Predigt zum Reformationstag.
Buße und Glauben gehören im Heil zusammen
Als der Herr Jesus Christus seinen Predigtdienst begann, lag ihm eine Botschaft besonders am Herzen. Markus fasst sie kurz zusammen:
Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen.
Tut Buße und glaubt an das Evangelium. (Markus 1,15)
Später bekundete Jesus Christus das Ziel seines Dienstes so: »Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße.« (Lukas 5,32)
Er sagte unumwunden, klar und nachdrücklich, was auf dem Spiel stand: »Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.« (Lukas 13,3.5)
Auch die Apostel riefen nach dem Vorbild Jesu zur Umkehr und zum Glauben auf. In der frühen Gemeinde Jesu lesen wir am Anfang viel von Petrus, später dann vor allem von Paulus. Paulus charakterisierte seinen Dienst in seinen Abschiedsworten an die Ältesten der Ephesischen Gemeinde in Milet so:
Wie ich nichts zurückgehalten habe von dem, was nützlich ist, dass ich es euch nicht verkündigt und euch gelehrt hätte, öffentlich und in [den] Häusern, indem ich sowohl Juden als auch Griechen die Buße zu Gott und [den] Glauben an unseren Herrn Jesus [Christus] bezeugte. (Apostelgeschichte 20,20–21)
Umkehr (Buße) und Glaube gehören auch heute noch zur Zentralbotschaft der Christen, der »Guten Nachricht«, dem Evangelium. Sie stehen manchmal zusammen, meist Buße zuerst und dann der Glaube (Markusk 1,15; Apostelgeschichte 19,4; 20,21; Hebräer 6,1).
Buße und Glauben sind Geschenk Gottes und Verantwortung jedes Menschen
Beim Blick auf das Heil fangen wir am besten zuerst bei den großen Taten Gottes an. Warum? Nun, weil die Idee und Initiative zu unserem Heil bei Gott liegt: Er hat vor aller Zeit souverän beschlossen, von Ihm erwählten Menschen das Heil zuzueignen. Als dies geschah, gab es noch keinen einzigen Menschen, weder Raum, Zeit noch Materie. Und zweitens rückt diese Sichtweise –die biblische!– stets den Heiland-Gott in den Mittelpunkt, und so werden wir als Priester Gottes erstens mit Opfern des Lobes für unseren Retter versorgt für unsere Anbetung und zweitens wird unser Verständnis der Heilsgeschichte richtig zentriert: bei Gott nämlich – und nicht bei uns.
Wir wissen bis heute nicht, wer alles zu diesen Erwählten gehört. Aber wir wissen: Es sind alle, die glauben. Und zwar mit rettendem Glauben glauben (davon später mehr). Und dies führt uns zur Seite unserer Verantwortung im Heilswerk Gottes, der sog. Heilsaneignung.
Wir wollen uns daher überblicksartig den genannten beiden Rettungsmitteln zuwenden: der Buße und dem Glauben. Das kann man gut zusammenfassen mit dem Schriftwort aus Markus 1,15 –in gutem Lutherdeutsch–: Kehrt um, glaubt dem Evangelium!
Das Ziel dieser kurzen Ausführungen ist, dass wir die wichtigsten Kennzeichen rettender (=biblischer) Buße und Glauben kennen, damit wir die Gute Botschaft richtig verstehen, an uns prüfen und richtig den noch heillos Verlorenen weitergeben können.
Und obwohl diese zwei Dinge nun nacheinander vorzustellen sind, muss uns von Anbeginn klar sein: Buße & Glaube sind zwar unterscheidbare Vorgänge, aber sie sind nicht voneinander trennbar. Das ist wichtig! Warum? Weil man (auch) hier von beiden Seiten vom Pferd fallen kann:
- Es gibt Prediger, die behaupten, man sei ewig gerettet, wenn man glaube. Buße sei schön, aber nicht gefordert. Als Beweis zitieren Sie z.B. Stellen aus dem Johannes Evangelium, wo praktisch nie von Buße, sondern meist von Glauben die Rede sei. Man behauptet: »Nirgendwo in der Bibel steht, dass man Buße über seine Sünden tun solle. Jesus hat nur gesagt, man solle sich ihm im Glauben zuwenden und Ihm vertrauen, was die Vergebung der Sünden angehe (Johannes 3,16).« – Mit einem Wort: Man brauche nur Glauben, keine Buße. Die Gnade Gottes fordere keine Buße, Umkehr, Nachfolge, Entschiedenheit, Heiligung oder Sündenverzicht. [1]
- Prediger aus anderem Hintergrund reden hingegen am liebsten nur über Umkehr, Reue und Buße. Am besten erfolge sie täglich, stündlich, um auch bei der überraschenden Wiederkunft Jesu »bereit« und »würdig rein« zu sein. – Bei ihnen kann man sich nie sicher sein, ob man ausreichend Buße getan hat, um von Jesus in den Himmel mitgenommen zu werden. – Das beobachtet man bei Predigern aus Heiligungsbewegungen, die häufig auch insgeheim Wert auf Werksgerechtigkeit legen.
Wir müssen aber –der Predigt Jesu und der Apostel folgend– stets beides beachten, lehren und fordern im Evangelium. Jesus Christus hat befehlsmäßig beides gefordert: Kehrt um, glaubt dem Evangelium! Das verbindet Buße und Glauben wie die beiden Seiten derselben Münze.
Betrachten wir also zuerst die Buße. Sie hat unser Herr zuerst genannt:
Die rettende Buße
Vor 500 Jahren sah es in der christlichen Kirche übel aus. Die Traditionen und Machtspielchen sowie offene und verdeckte Unmoral hatten die Kirche von innen her verdorben und ausgehöhlt.
Den Augustinermönch Dr. Martin Luther ließ dies nicht kalt. Er wollte darüber ins Gespräch kommen. Am 31. Oktober 1517 schlug er daher 95 Thesen zur Diskussion an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Das erregte Aufsehen, Interesse und Widerstand. Jemand, der Dinge der Tradition hinterfragt, hat sofort Gegner am Hals. Der Buchdruck sorgte aber dafür, dass Luthers 95 Thesen blitzschnell (für damalige Zeiten!) überall bekannt und diskutiert wurden.
Wer weiß heute schon noch, mit welcher These Luthers seinen Katalog begann? Wie lautet die erste These?
- »DA vnser Meister vnd HERR Jhesus Christus spricht/ Thut Busse/ etc. wil er/ das/ das gantze leben seiner Gleubigen auff Erden/ ein stete vnd vnauffhörliche Busse sol sein.« (s. Bildabschnitt oben)
Was wollte er damit sagen? Ist Buße etwas Einmaliges? Oder etwas Beständiges? Lesen wir ein Beispiel aus der Bibel: 1. Thessalonicher 1,2–10
2 Wir danken Gott allezeit für euch alle, indem wir [euch] erwähnen in unseren Gebeten, unablässig 3 gedenkend eures Werkes des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, 4 wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung.
5 Denn unser Evangelium war nicht bei euch im Wort allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Gewissheit, wie ihr wisst, was wir unter euch waren um euretwillen.
6 Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und [die] des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freude [des] Heiligen Geistes, 7 so dass ihr allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden seid.
8 Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaja, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen.
9 Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um [dem] lebendigen und wahren Gott zu dienen 10 und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn.
Wir beobachten bei dieser jungen Gemeinde fasst neidisch, wie sich Gottes Geist und Wort in ihrer Mitte mächtig erwiesen hatten. Gehen wir es nochmals als Illustration durch:
- V 3: Das Markenzeichen echten Christentums war sichtbar: Glaube–Liebe–Hoffnung, nämlich: Werkes des Glaubens, Bemühung der Liebe und Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus.
- V 4: Sie waren »geliebte Brüder« (übrigens männliche und weibliche Brüder!), also Glaubensgeschwister
- V 4: An diesen lebendigen Marken- und Echtheitszeichen wurde ihre Auserwählung durch Gott sichtbar
- V 6: Sie waren Nachahmer geworden, sowohl des Apostels als auch des Herrn Jesus Christus
- V 7: Sie hatten das Wort Gottes aufgenommen in Zeiten der Drangsal, aber mit Freude des Heiligen Geistes, so dass sie zu Vorbildern für andere Christen geworden waren
- V 8: Sie evangelisierten, trugen das Wort Gottes weiter, es erklang »an jedem Ort«
- Rückblick V9–10: Sie hatten sich abgekehrt von den Götzenbildern (falschen Gottesvorstellungen und Riten), Abkehr ist der erste Teil der Umkehr/Buße– und haben sich zu Gott hin bekehrt, das ist der zweite Teil der Umkehr, sie hatten ihr Leben Gott geweiht, dienten Gott und erwarteten den Herrn Jesus als Retter.
Versuchen wir also eine erste Definition: Buße (oder: Umkehr) ist eine Abkehr von den falschen Göttern und eine Hinkehr zu dem wahren Gott.
Weil das griechische Wort für Buße mit »Sinneswandel« übersetzt werden kann, kamen einige auf die falsche Idee, dass es bei der Buße nur um das Denken ginge. Aber bereits das Beispiel der Thessalonicher zeigt überdeutlich, dass ihre Buße, ihre Umkehr, ganz entscheidende Auswirkungen hatte auf ihr Reden/Verkündigen (V 8) und auf ihr Wertesystem oder Lebensziel sowie auf ihre ganze Lebensausrichtung und ihren Dienst (V 9–10).
Die Lehrer der Gemeinde haben daher Wert darauf gelegt, dass Buße keinesfalls nur eine Sache des Denkens sei. Sie erfasse und durchdringe vielmehr den geretteten Menschen ganzheitlich. Sie sagten, dass zum (1.) Denken, Sinnen und Verstehen auch (2.) die Seele und der Wille, und (3.) die Tat, das Leben, der Lebensstil gehören.
Deshalb wird der Mensch nach Annahme des Heils aufgefordert, »der Buße würdige Früchte zu bringen« (Lukas 3,8; vgl. 3,10–14) und »der Buße würdige Werke zu vollbringen« (Apostelgeschichte 26,20).
Rettende Buße ist also etwas, das unser Denken, unsere Gefühle und unser Tun umfasst. Buße ergreift ganzheitlich Geist, Seele und Körper.– Wir könnten es uns als »3H-Formel« merken: Hirn und Herz und Hand.
Zwei biblische Beispiele noch zu den beiden letzten H‘s, eines bzgl. des Herzens, und eines bzgl. der Hand:
[Herz/Seele] Und ihr werdet euch an eure bösen Wege erinnern und an eure Handlungen, die nicht gut waren, und werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen eurer Ungerechtigkeiten und wegen eurer Gräuel. … schämt euch und werdet beschämt vor euren Wegen, Haus Israel! (Hesekiel 36,31.32b)
[Hand/Taten] Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde bewirken, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahrt und tut. (Hesekiel 36,27)
Ein Mensch, der wahrhaft Buße getan hat, erkennt man also daran,
- Was und wie er denkt, sinnt, argumentiert
- Wofür er sich einsetzt, einsteht, was ihm wichtig ist, an seinem veränderten Wertesystem
- Was er tut, wie er lebt.
Wenn diese Bereiche durch Willensentschluss und Hingabe auf Christus und sein Wort ausgerichtet werden, dann erkennt man, dass die betreffende Person Buße getan hat. Oder besser: dass sie einen Weg der Buße betreten hat und ihn weitergeht (Luther, 1. These).
Die Erkenntnis Luthers, dass Buße kein einmaliger Akt am Anfang des neuen Lebens bleibt, sondern eine andauernde Lebenspraxis ist, haben Bibellehrer so formuliert: »Buße ist eine Gabe, die beständig gibt.«.
Warum ist das biblisch?, mag man fragen. – Weil die Bibel lehrt, dass mit der Gabe des neuen Lebens nicht nur die Gabe der Buße mitgeschenkt wird, sondern auch ein neuer Sinn, ein neues, lebendiges Herz und der Heilige Geist. Daher ist Hirn, Herz und Hand eines Neugeborenen nun so, dass es ihn weg von den Götzen – und hin zu Gott und seinem Sohn führt.
Als die christliche Gemeinde in Ephesus ihre »ersten Liebe verlassen« hatte, musste sie (1.) »Gedenken«, dann (2.) »Buße tun« und schließlich (3.) »die ersten Werke tun«. Buße führt Abgeirrte auf den richtigen Liebes-Weg.
Wie überall, gibt es neben der echten, rettenden Buße auch die Nachahmerprodukte, die nicht retten können. Paulus schriebt den Korinthern von beiden Arten von Buße, und wir sollten uns prüfen, ob wir das verstanden und befolgt haben!
Jetzt freue ich mich, nicht, dass ihr betrübt worden seid, sondern dass ihr zur Buße betrübtworden seid; denn ihr seid Gott gemäß betrübt worden, damit ihr in nichts von uns Schaden erlittet.
Denn die Betrübnis Gott gemäß bewirkt eine nie zu bereuende Buße zum Heil; die Betrübnis der Welt aber bewirkt [den] Tod. (2. Korinther 7,9–10)
Nur »Reue« über die Folgen der eigenen Sünden zu empfinden, reicht nicht aus. Ein Pharao, ein Saul, ein Judas Iskariot hatten solche Reue. Sie gingen mit ihr in den ewigen Tod. – Echte Buße führt uns dahin, dass es uns vor unserer eigenen Sünde ekelt, dass wir dringend Reinigung suchen, dass wir vor allem darüber betrübt sind, was unsere Sünden Gott angetan haben! Theatertränen nutzen hier nichts. In Rom auf den Knien eine Treppe hinaufzurutschen oder sein Erbe auf dem Sterbebett der Kirche zu vermachen auch nicht.
Wenn man darüber nachdenkt, wie sehr sich ein bußfertiger Mensch ändert, dann wird deutlich, dass eine echte, anhaltende Buße gar nicht ohne Glauben „funktionieren“ kann. Ohne Glauben tausche ich doch niemals mein altes Leben, meine Lieblingssünden, meine Götter ein gegen etwas, das unsichtbar ist, wie alle Dinge des Glaubens. Wenn mit dem Tod alles aus ist, wenn es keinen Gott gibt, wenn es kein Gericht über alle meine Worte und Taten gibt (usw.): Warum sollte ich das alles aufgeben und mich auf Gott, Jesus und die Gemeinde ausrichten?
Kurz gesagt: Ohne Glauben gibt es keine rettende Buße – und ohne Buße gibt es keinen rettenden Glauben! Buße und Glauben gehören im Heil zusammen wie Kopf und Zahl einer Münze. – So fragen wir nun nach der »anderen Seite« des Heils, dem rettenden Glauben.
Der rettende Glaube
Lesen wir nochmals die Zusammenfassung und das wunderbare Ergebnis des Evangeliums bei der christlichen Gemeinde in Thessaloniki:
2 Wir danken Gott allezeit für euch alle, … von Gott geliebte Brüder,
9 Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um [dem] lebendigen und wahren Gott zu dienen 10 und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn. (1. Thessalonicher 1,2.9–10)
Warum reden wir hier ausdrücklich vom „rettenden Glauben“? Gibt es auch nicht-rettenden Glauben? Ja, den gibt es:
- Man kann »vergeblich glauben«, aufgrund falscher Vorstellungen (1. Korinther 15,13–14). Die Inhalte, die wir glauben, müssen stimmen, das Glaubensgut.
Daher muss man lehren, auch in der Evangelisation. Es ist erstaunlich, wie viele, die gerne das Evangelium weitergeben wollen, ins Stocken geraten, wenn sie die Frage beantworten sollen: „Was ist das Evangelium?“
Wenn es aber keine Auferstehung [der] Toten gibt, [so] ist auch Christus nicht auferweckt; wenn aber Christus nicht auferweckt ist, [so] ist also auch unsere Predigt vergeblich, vergeblich auch euer Glaube. (1. Korinther 15,13–14)
- Und selbst wenn die Fakten stimmen, der Glaubensinhalt also korrekt biblisch ist, kann der Glaube nicht-rettend sein! Wirklich? Ja, siehe Jakobus 2,19. Zu glauben, dass Gott einer ist, ist Zentralwahrheit über Gott. Wenn Du das glaubst, qualifiziert es zum Dämon, rettet aber ohne weiteres nicht! Dämonen glauben das, aber gehen ewig in den Feuersee.
Du glaubst, dass Gott einer ist, du tust recht; auch die Dämonen glauben und zittern. (Jakobus 2,19)
Es muss etwas Zweites hinzukommen: (#2) Unsere innere Zustimmung, unser Herz, unsere willentliche Hingabe an das, was wir im Glauben im Hirn (#1) erfasst haben.
Reicht das dann endlich: (#1) Hirn und (#2) Herz? – Reichen richtige Information/Glaubensgut und innerliche Zustimmung?
Die Schrift lehrt uns, dass der rettende Glaube (der echte, der biblische) mehr ist. Jakobus lehrt uns, dass ein Glaube ohne Werke tot ist. Jakobus lehrt dabei, genauso wie auch Paulus, das wir alleine mittels des Glaubens gerechtfertigt werden – ohne Werke, sola fide.
Aber der der echte, der biblische, der rettende Glaube bringt immer Früchte, weil er ein lebendiger Glaube ist.
Wenn also jemand sagt: »Ich glaube!«, »Ich bin auch ein Gläubiger!«, dann sollten wir an seinen Früchten, also seinem Reden und seinen Taten und seinem Leben sehen, ob das ein lebendiger Glaube ist, oder nur tote Worte.
Im Epheserbrief können wir lernen, dass wir nicht aufgrund unserer Werke gerettet werden, sondern von Gott zu Guten Werken gerettet werden, die Er vorher für uns bereitet hat. – Werke sind nicht Vorbedingung des Heils, sondern Folgedes Heils. An den Früchten erkennen wir den lebendigen Baum. Die Bibellehrer haben das ungefähr so gesagt:
»Wir sind gerettet aus Glauben allein – aber dieser Glaube bleibt nicht allein.« Zum rettenden (=echten) Glauben gehört also auch die praktische Lebenshingabe, ein Leben im Vertrauen auf Jesus Christus, das entsprechende eindeutige Früchte wachsen lassen wird.
Rettender Glaube ist also weder bloßes Kopfwissen, noch bloße warme Emotion, sondern auch neuer Lebenswandel. Rettender Glaube ist aktiv, zeigt sich ganz praktisch. Die alten Bibellehrer haben diese wichtige Erkenntnis anhand von drei Stichworten zusammengefasst:
- Rettender Glaube braucht Inhalte (notitia) – Kenntnis. Was glaube ich? Glaubensgut.
R. C. Sproul hat zu recht gesagt: »Nichts geht ins Herz, wenn es nicht erst durch den Verstand gegangen ist.« Wir glauben keinen Unsinn, keine Unwahrheit. Wir sagen nicht: »Ich weiss es nicht, aber ich glaube es!» Wir glauben dem, was Gott in der Bibel geoffenbart hat. Sonst glauben wir vergeblich. – Konsequenz: Studiere das Wort Gottes. Wir brauchen Glaubenslehre in der Verkündigung. - Rettender Glaube braucht innere Zustimmung (assensus) – Kopfwissen alleine reicht nicht, es muss die innere Zustimmung hinzutreten, die Überzeugung, dass das, was ich glaube, das Glaubensgut (notitia), die verbindliche Wahrheit ist, die gilt, die mir gilt.
Man muss auf den Knieen anerkennen, dass man am Ende seines Lateins ist und von nun an Gottes Wahrheit im Wort Gottes zur ureignen Überzeugung macht. – Konsequenz: Lies die Bibel unter Gebet, sozusagen mit gebeugten Knien. - Rettender Glaube braucht auch Vertrauen und Hingabe (fiducia) – Der inneren Überzeugung und Zustimmung muss ein entsprechendes Leben folgen. Man trifft dann Entscheidungen, die Gott gefallen und ewige Früchte tragen. Es ist wahre Klugheit, wenn man ganz praktisch sein Lebenshaus nicht auf Sand baut, sondern auf den Felsen, der ewig steht, nämlich auf das Wort Gottes. – Konsequenz: Trage Sorge, Gute Werke zu tun.
Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen [Dingen] fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen. (Titus 3,8)
Fassen wir diesen Punkt zusammen. Auch hier gilt, dass der rettende Glaube uns ganz in Anspruch nimmt, in alle Zimmer unseres Lebenshauses einzieht, vor nichts Halt macht. Die »3H-Formel« gilt auch hier: Hirn+Herz+Hand. Oder für die, die in der Schule Latein hatten: notitia & assensus & fiducia.
Am Ende unserer kurzen Betrachtung der rettenden Buße und des rettenden Glaubens stellen wir noch die Frage: Woher stammen solche Buße und solcher Glaube? – Wenn ich mich schon nicht selbst retten kann, kann ich wenigstens aus mir selbst umkehren und glauben und dann als Belohnung sozusagen das Heil bekommen?
Einige Bemerkungen also noch zur Quelle der Buße und des Glaubens. Die biblische Aussage lautet:
Buße und Glauben sind unsere Verantwortung und Gottes Gnadengabe
Tatsächlich hört man manchmal: Gott bereitet den Heilsweg in Christus. Dann wartet Er, bis jemand von sich umkehrt und glaubt, und dann schenkt er diesem Menschen als Belohnung das ewige Leben. Steht doch so in Johannes 3,16, oder?!
Beim Bibelstudium zu dieser Frage stößt man auf ein Geheimnis, denn zwei Dinge werden klar gelehrt –und zwar ohne Spannung und ohne jeden Widerspruch–, die wir aber leider noch nicht zusammenbringen, wo wir nicht genau wissen, wie sie zusammenhängen:
1. Aussage: Buße und Glauben sind Pflicht jedes Menschen
Gott befiehlt beides. Daher geben wir es auch als Befehl weiter. Es ist die Verantwortung des Menschen, dass er gemäß des Evangeliums Gottes umkehrt und glaubt. Der Apostel präsentierte den Philosophen auf dem Areopag das Evangelium so:
Nachdem nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen, weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er [dazu] bestimmt hat, und er hat allen [den] Beweis [davon] gegeben, indem er ihn aus [den] Toten auferweckt hat. (Apostelgeschichte 17,30–31)
Wer nun im Gehorsam (Glaubensgehorsam!) zum Heiland-Gott kommt und seine Knie in Buße und Glaubenbeugt, weil er eine gottgemäße Betrübnis über seine Sünden hat, wird im selben Augenblick gerechtfertigt und für die Ewigkeit gerettet!
Aber langsam – Woher kam denn diese rettende Buße und dieser rettende Glaube? – Da sagt die Schrift: von Gott, und zwar: Von Gott allein! – Das führt zur zweiten Beobachtung aus der Schrift:
2. Aussage: Buße und Glauben sind freie Gnadengaben Gottes.
Gott schenkt in Gnaden beides, die rettende Buße und den rettenden Glauben.
[Buße] Petrus sagte dem Hohen Rat, dass Gott Christi Tod und Auferstehung bewirkte, um »Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben« (Apostelgeschichte 5,31). Als der Geist Gottes auf die Nationen gefallen war, schlossen sie daraus: »Also hat Gott auch den Nationen die Buße gegeben zum Leben« (Apostelgeschichte 11,18). In ähnlicher Weise wies Paulus Timotheus an, seine Widersacher sanftmütig zurechtzuweisen, in der Hoffnung, dass »ihnen Gott […] Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit« (2. Timotheus 2,25).
[Glauben] In Epheser 2,8–9 erklärt Paulus: »Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.« Hier bezieht sich Paulus auf die Gesamtheit der Errettung als Gabe Gottes, die notwendigerweise den Glauben einschließt, durch den der Sünder gerechtfertigt wird. – Lukas charakterisiert die Christen als »die, welche durch die Gnade gläubig geworden waren« (Apostelgeschichte 18,27). Paulus lehrt diesen Gedanken in seinem Brief an die Philipper: »Denn euch ist es im Blick auf Christus geschenkt worden, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden« (Philipper 1,29). Zusammen mit dem Leiden um des Evangeliums willen wird auch der Glaube als Gabe Gottes geschenkt.
So gilt auch hier das Gnadenprinzip: Gott schenkt frei und souverän das, was Er von uns zu Recht fordert, was wir aber nicht erbringen können und wollen. Gäbe es dieses Wirkprinzip Gottes nicht, wäre nie jemand errettet worden.
Zusammenfassung
- Das Evangelium Gottes fordert von allen Menschen: »Kehrt um (=Tut Buße), glaubt dem Evangelium!
Daher sind Buße und Glauben Pflicht und Verantwortung jedes Menschen!
Gott hat geredet im Sohn und in Seinem Wort – Alle haben es zu glauben und es gehorsam zu tun! - Die rettende Buße und der rettende Glauben sind keine Früchte des Sünders, der tot in Sünden liegt, sondern Gaben Gottes, die Er in Gnaden frei verschenkt.
Wie das zusammenhängt, ist geheimnisvoll. Buße und Glauben bleiben jedenfalls Pflicht des Menschen. - Buße und Glauben sind die zwei Seiten derselben Medaille.
Trennt man sie, hat man nur zwei wertlose Schrottteile. - Buße und Glauben, die als Anfangsschritte uns ewiges Heil vermitteln, bleiben uns als christlicher Lebensstil(modus vivendi, Lebensweise) zeitlebens erhalten. JMA/RM: »Das Leben des Christen muss sich auszeichnen durch tägliches Bekennen der Sünde, Trauern über die Sünde und Abkehr von der Sünde, ebenso wie durch einen dauerhaften Glauben an die Person Christi und die Verheißungen Gottes.«
- Der Heilige Geist sorgt in uns, dass wir –so zubereitet –auch aktiv werden,…
…um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn. (1. Thessalonicher 1,9b–10)
Man darf hoffen, dass die Ausführungen nicht zu theoretisch waren. Es geht ja um Leben und Tod: Ewiges Leben, ewigen Tod. Und es geht um unseren Dienst als Priester Gottes in Anbetung (Hebräer 13,15; Philipper 2,5) und Evangelisation (Römer 15,16; Philipper 2,9)[2].
Es lohnt sich daher, ja ist überlebenswichtig, dass Gläubige diese Dinge im Wort Gottes studieren und miteinander lernen. Das wäre, im biblischen Sinne »Theologie« zu betreiben. Nicht die akademische Übung ungläubiger Schriftgelehrter, sondern im biblischen Sinne unter Lernenden, Nachfolgern, Jüngern Jesu. Ein Bibellehrer hat solche biblische Theologie mit folgendem bezaubernden Dreiklang beschrieben:
- »Das Ziel der Theologie ist die Anbetung Gottes.
Die Körperhaltung der Theologie ist auf den Knien.
Die Praxis der Theologie ist Buße.«[3]
Diese wichtige Glaubenslehre von rettender Buße und rettendem Glauben darf man nie zum Streitthema machen. Sie ist vielmehr wichtiges Studienprojekt und wertvoller Schatz für den priesterlichen Dienst als Anbeter Gottes und als in alle Welt ausgesandte Boten des Evangeliums (vgl. 1. Petrus 2,5.9). Als ausrichtendes Schlusswort muss daher die »summa« des Römerbriefs dienen:
Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften, nach Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist, dem allein weisen Gott, durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen. (Römer 16,25–27)
Endenoten
[1] Eine besonders perfide – wenn auch gut gemeinte– Form davon ist die Prozedur der »Vier geistlichen Gesetze«, die Bill Bright, Gründer des Campus Crusade for Christ International, 1952 formulierte und als evangelistisches Traktat veröffentlichte. In dem Traktat stellt Bright die christliche Botschaft der Erlösung anhand von vier geistlichen Gesetzen dar, die nach seinem Verständnis die Beziehung des Menschen zu Gott ähnlich regeln, wie die Naturgesetze das Universum. Die vier Gesetze lauten:
- 1. Gott liebt Sie und hat einen wundervollen Plan für Ihr Leben. (Joh 3,16 EU, Joh 10,10 EU)
- 2. Der Mensch ist sündig und von Gott getrennt. Deshalb kann er die Liebe und den Plan Gottes für sein Leben nicht erkennen und erfahren. (Röm 3,23 EU)
- 3. Jesus Christus ist Gottes einziger Ausweg des Menschen aus der Sünde. Durch ihn können Sie die Liebe Gottes und seinen Plan für Ihr Leben kennenlernen und erfahren. (Röm 5,8 EU, 1 Kor 15,3–6 EU, Joh 14,6 EU)
- 4. Wir müssen Jesus Christus persönlich als Erlöser und Herrn aufnehmen, dann können wir die Liebe Gottes und seinen Plan für unser Leben erfahren. (Joh 1,12 EU, Eph 2,8–9 EU, Joh 3,1–8 EU, Offb 3,20 EU)
[2] Römer 15,15–16 Ich habe euch aber teilweise freimütiger geschrieben, [Brüder,] um euch zu erinnern, wegen der Gnade, die mir von Gott gegeben ist, um ein Diener Christi Jesu zu sein für die Nationen, priesterlich dienend an dem Evangelium Gottes, damit das Opfer der Nationen wohlangenehm werde, geheiligt durch [den] Heiligen Geist.
[3] Sinclair B. Ferguson, zitiert in: James Montgomery Boice und Philip Graham Ryken, The Doctrines of Grace, Wheaton, IL (Crossway) 2002, S. 179; Deutsch: Die Lehren der Gnade, Oerlinghausen (Betanien) 2009, S. 201. – Vgl.: »Christliche Theologie ist das Studium der göttlichen Offenbarung in der Bibel. Sie hat Gott als ihren immerwährenden Mittelpunkt, Gottes Wort als ihre Quelle und ein gottesfürchtiges Leben als ihr Ziel.« (vgl. Röm11,36), aus: Biblische Lehre, S. 50.
Bildquelle: Martin Luther: 95 Thesen. Hans Lufft, Wittenberg 1557, Seite 9v. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:95_Thesen.pdf/1&oldid=- (Version vom 15.8.2018). Textauszug (Originalschreibweise): 1. »DA vnser Meister vnd HERR Jhesus Christus spricht / Thut Busse / etc. wil er / das / das gantze leben seiner Gleubigen auff Erden / ein stete vnd vnauffhörliche Busse sol sein. // 2. Vnd kan noch mag solch wort nicht vom Sacrament der Busse / das ist / von der Beicht vnd Gnugthuung / so durch der Priesterampt geübet wird / verstanden werden.«








